10.) Christus ist auferstanden!

 

Eine Osterikone.

 

Sonntag, 19.04.2009 - Ostern (orth.)

 

Gott ersteht auf und seine Feinde werden sich zerstreun, und die ihn hassen fliehen vor seinem Angesicht.

Wie der Rauch verweht, so mögen sie verwehen, wie das Wachs, das da schmilzt vor dem Angesicht der Flamme.

Vor Gottes Angesicht mögen vergehen die Frevler, doch die Gerechten sollen fröhlich sein.

Dies ist der Tag, den der Herr gemacht, lasset uns an ihm frohlocken und fröhlich sein.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Christus ist erstanden von den Toten, im Tode bezwang er den Tod und schenkte den Entschlafenen das Leben.

(aus der Osterliturgie)

 

Und um genau 0:00 öffneten sich die Königstüren der Ikonostase und die Prozession begann. Die Priester trugen noch alle ihre weiße liturgische Kleidung. Sie trugen Ikonen und auch wieder das Grabtuch. Während die meisten zum Hauptausgang strebten, sind wir schnell durch Nebeneingang gehuscht, so dass ich noch ein paar Fotos von der Prozession machen konnte. Das Fotografieren war sowohl draußen als auch in der Kirche schwierig, da ich nicht mit dem Zoom arbeiten konnte. Die Bilder wären sonst allesamt verschwommen gewesen.

Die Prozession stoppte vor dem Haupteingang der Kirche, der verschlossen war. Nach einigen Gebeten Gesängen und letztlich dem dreimaligen Ruf des Erzpriesters Vater Vladimir

"Christus ist auferstanden!"

und der Antwort der Gläubigen:

"Er ist wahrhaftig auferstanden!"

wurden die Türen geöffnet und alles strömte zurück in die Kirche - mit sehr viel Gedrängel und Gequetsche. Masha und ich habe einen recht guten Platz bekommen - etwa in der Mitte der Kirche, so dass zumindest ich gut sehen konnte. Während dem Osterkanonikon traten alle Priester zu zweit oder zu dritt vor die Königstüren und segneten die Gläubigen mit einem Kreuz mit drei Kerzen und jedes Mal wurde drei Male der Osterruf gerufen und lautstark von der Gemeinde beantwortet - so dass ich mich beim ersten Mal erschrocken habe. In der Kirche hat sich einiges verändert: In den Kerzenständern waren jetzt rote Kerzen zu finden, über den Königstüren der Ikonostase waren die Leucht-Insignien "XB" angebracht - für "Christus Voßkreße", was übersetzt "Christus ist auferstanden!" heißt und es hing noch ein beleuchtetes Spruchband unter dem Bogen mit dem gleichen Spruch. Die Priester haben sich alle umgezogen - einige mehrfach: Während dem Osterkanonikon hatten alle bunte Gewänder an und anschließend haben sich alle in rot umgezogen. Die ganze Liturgie war durch große Freude und Freude geprägt. Viele aus der Gemeinde hatten die passende farbige Kleidung angezogen, die Frauen vor allem Kopftücher und Kleider in roter und weißer Farbe. Und auch die Gesänge der Göttlichen Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomus waren auf auf Ostern abgestimmt - immer wieder wurden Osterlieder gesungen. Die große Besonderheit war, dass das Evangelium (Joh. 1,1-17) in Griechisch, Latein und Kirchenslawisch gelesen wurde. Nach der Kommunion haben sich schon alle zum Osterfest gratuliert und kleine Geschenke ausgetauscht - in der Hauptsache bunte Ostereier und Kulitschi - also kleine Osterkuchen. Alles in allem war es die wohl feierlichste Liturgie, die ich hier miterlebt habe. Ich habe mich die ganze Zeit auf das Osterfest gefreut - zu Recht. Kurz vor vier Uhr sind wir dann nach Hause gegangen - es hatte etwas geschneit - und haben das Osterfest gebührend mit einem guten Essen begangen und die Fastenzeit ebenso feierlich beendet: Es gab viele Salate, Eier, Quark und natürlich Fleisch. Gegen fünf Uhr habe ich dann völlig müde im Bett gelegen und geschlafen.

Um halb elf bin ich dann wieder aufgestanden, habe mich etwas frisch gemacht und bin dann mit Masha zur Prozession in die Dreifaltigkeitkirche gegangen um Fotos von der Prozession zu machen. Auch in hier sind wir in eine sehr feierliche Liturgie gekommen, in der sehr viele Eltern mit ihren Kindern waren. Die Prozession war auch wunderbar - an diesem Morgen wurden die Leute wieder mit reichlich viel Wasser gesegnet. Anschließend sind wir wieder zurück gegangen, haben angefangen die Rest des Abends zu essen und haben uns dann noch ein bisschen ausgeruht. Den Nachmittag habe ich mit Masha und ihrer Oma verbracht, um die Pizza für das Abendessen vorzubereiten. Zwischenzeitlich waren wir noch im Abendgottesdienst - wieder ein an Feierlichkeit kaum zu übertreffender Gottesdienst - und anschließend in der in Nähe liegenden Christus-Verklärungs-Kirche auf dem Holzglockenturm und haben dort geläutet. Es ist "normalen Menschen" nur in der Hellen Woche (die Woche des Lichts) möglich, in der orthodoxen Kirche zu läuten, was viele auch wahrnehmen.  

Um 22 Uhr bin ich dann wie üblich ins Wohnheim zurück gefahren, das wegen der Ferien momentan fast wie ausgestorben ist, habe noch mit meiner Mutter telefoniert und von den Feierlichkeiten berichtet und bin dann hundemüde ins Bett gefallen.

 

Der Engel hat der Gesegneten laut zugerufen:

"Reine Jungfrau, freue Dich! -

und ich sage Dir wieder 'freue Dich'!

Dein Sohn ist nach drei Tagen vom Grabe auferstanden

und hat die Gestorbenen auferstehen lassen!

Volk, freue Dich!"

 

Werde Licht, werde Licht, neues Jerusalem,

denn die Herrlichkeit des Herrn ist aufgegangen über Dir.

Jauchze jetzt und frohlocke, o Zion!

Du aber, reine Gottesgebärerin, freue Dich über die Auferstehung Deines Kindes!

(9. Lied vom Osterkanon)

 

Christus ist auferstanden!

 

Priester in vielen bunten Gewändern.

 

Segnung des Brotes mit dem Namen Arthos durch Vater Vladimir und Vater Michael.

 

Segen zum Schluss der Osternacht.

 

Prozession am Ostersonntag.

 

Vater Alexej Emeljanov segnet die Gemeinde mit dem Kreuz und drei Kerzen...

 

... und Erzrpriester Vater Vladimir ebenfalls.

 

Rote Osterkerzen in der Dreifaltigkeitskirche.

 

 

Montag, 20.04.2009 - Ostermontag (orth.)

Heute wollte ich mit Mashas Familie zu einem ihr bekannten Priester fahren und so stand ich bei ihnen schon um 8:45 Uhr auf der Matte. In dem kleinen Dorf Jam angekommen wollten wir in die Göttliche Liturgie gehen, haben diese aber um etwa zwei Stunden verpasst und die Helfer waren gerade dabei, die Kirche aufzuräumen. Ein anderer Priester hat uns dann zum Haus des Priesters geleitet, wo wir ein wenig gefrühstückt und uns mit ihm unterhalten haben. Da ich sehr müde war, habe ich leider kaum den Gesprächen folgen können. Irgendwann sind wir zu der Kirche gegangen und haben die Gelegenheit genutzt, die Glocken der Kirche zu läuten, was wirklich viel Spaß gemacht hat (VIDEO). Allerdings war es auf dem hohen Glockenturm sehr kalt, da ein scharfer Wind wehte und die Temperaturen etwas über Null waren. Als wir zurück in Moskau waren, haben Masha und ich uns an einer Wurstbude ein paar Leckereien gekauft und dann den ganzen Nachtmittag am Tagebuch gearbeitet. 

Gegen acht Uhr bin ich dann wieder zurück ins Wohnheim gefahren, da heute Tauschtag der Bettwäsche ist. Den Rest des Abends habe ich wieder mit dem Tagebuch verbracht.

Aus der Kirche in Jam gibt es zwei sehr interessante Begebenheiten zu erzählen, die beide mit Ikonen zusammenhängen. Da gibt es zum einen die Ikone des Heiligen Serafim von Sarov, dessen Gold schon sehr verblasst ist. Rundum den aufgemalten Heiligen verändert sich jedoch seit einiger die Goldfarbe und wird hell und klar. Und dann hat es in dieser Kirche und einer weiteren in einem anderen Dorf jeweils eine Ikone gegeben, die hinter einer Glasscheibe an der Wand hangen. Eines Tages hatten die Scheiben auch das Abbild der Ikone. Leider wurde die Ikone in Jam aus der Kirche gestohlen.

Der dort ansässige Priester, Vater Valeri, ist ebenso ein interessanter Mensch als auch Priester. Er hat lange Zeit mit Alkoholabhängigen zusammen gelebt und versucht, sie von ihrer Krankheit zu befreien. Leider haben es nur wenige geschafft. Aber es ist an für sich der erste orthodoxe Priester von dem ich höre, der in einem solchen Arbeitsfeld tätig ist.

 

Ein herrlich quietschender Brunnen.

 

Die Kirche von Jam.

 

Heimlich in der Kirche fotografiert.

 

Beim Glockenspielen im Glockenturm.

 

 

Dienstag, 21.04.2009 - Osterdienstag (orth.)

Heute Morgen musste ich schon um kurz nach sechs Uhr aus den Federn  - was mir ordentlich schwer gefallen ist, da ich heute mit Masha in die Gemeinde von Vater Alexej Emeljanov wollte. Wir haben uns an der Metro-Station Poljanka getroffen - zeitgleich mit Janka und Djadja Slawa (Onkel Slawa - einer der Hausmeister der theologischen Fakultät und bekannt wie ein bunter Hund). Die kleine Kirche hat heute ihr Patronatsfest und es ist Tradition, dass die meisten Priester der Fakultätskirche dann bei ihm zelebrieren. Die Kirche ist recht alt - 105 Jahre - und war nach der Zeit des Kommunismus beinahe abrissreif. Sie ist im Laufe der Zeit wiedererrichtet worden und hat von innen jetzt sehr schöne Fresken in verschiedenen Stilrichtungen. Von außen sieht die Kirche aber noch stark renovierungsbedürftig aus. Nach der fröhlichen österlichen Liturgie gab es dann noch zwei Glückwünsche: den einen von Vater Vladimir an Vater Alexej Emeljanov, der heute sein 18-jähriges Weihejubiläum hat, den anderen von Vater Alexej an Vater Vladimir, der eine neue Auszeichnung für sein Lebenswerk erhalten hat: Er darf fortan mit geöffneten Zarentüren dienen. Dies ist für ihn eine Umstellung, da er, wie er sagte, eigentlich seine Ruhe dort braucht. Und für ihn ist es vielmehr ein Geschenk an die Gemeinde, die ihm nun zuschauen darf. Ganz im Anschluss werden ja immer das Kreuz und die Hand des Priesters geküsst. Masha und ich sind hintereinander hingegangen. Zu Masha hat Vater Alexej mit einem Lächeln im Gesicht in etwa gesagt: "Ah, die deutschen Gäste sind angekommen!" und zu mir darauf das Gleiche. Da hat uns wohl jemand durchschaut und uns das durch die Blume gesagt - allerdings mit einer großen Wolke Blütenstaub. Ich habe ihm auch gratuliert mit dem Hinweis, dass mein Geschenk für ihn noch nicht fertig ist. Ich schreibe bei ihm ja meine Hausarbeit.

Anschließend waren wir noch bei Sofrino, einem orthodoxen Geschäft und anschließend habe ich bei meinem Internetplatz die Homepage erneuert und habe mich dann bei Masha zu Hause an meine Hausarbeit gesetzt. In der letzten halben Stunde vor dem Abendessen habe ich es geschafft, zwölf Mails zu beantworten, die auf meinen Osterbrief reagiert haben. Das ist schon fast rekordverdächtig für mich! Nach dem Essen sind wir dann zur Moskauer Philharmonie aufgebrochen, wo ich durch Kusma an Karten für ein kleines Konzert gekommen bin. Es wurden durch ein Quartett Lieder von Richard Strauß und von Kusma selbst gespielt. Im letzten Teil trat dann noch eine Sängerin auf, die mir nicht so gefallen hat - nicht, weil sie nicht singen konnte, sondern eher weil mir weiblicher Operngesang nicht so zusagt. Alles waren Studenten des Moskauer Konservatoriums. Wer einen Abschluss dieser Universität hat, vor dem hat man in Russland Achtung und zollt ihm Anerkennung. Nach dem Konzert hatten wir noch etwas Zeit und sind Eis essen gegangen. Heute war ich dann wieder etwas früher im Wohnheim, da ich morgen früh aus den Federn muss. Morgen fahre ich ja für zwei Tage nach Optina in ein Kloster - es ist eine Art Ausflug, der von der theologischen Fakultät angeboten wird. Ich denke, dass es eine schöne Fahrt werden wird.

 

Schnee am 21. April 2009.

 

Segen zum Abschluss der Göttlichen Liturgie von Vater Alexej.

 

Vor den Tagesikonen.

 

Die Krankenhauskirche von Vater Alexej.

 

 

Mittwoch, 22.04.2009 - Ostermittwoch (orth.)

Und wieder musste ich früh aufstehen - schon um halb sechs. Um 6:27 Uhr ist der Zug gefahren - ich bin mit einem Mädchen aus dem ersten Kurs zusammen gefahren. An der Metrostation Zarizino hat Masha mich angesimst, dass sie mich noch kurz treffen wolle. Und nun wollte das Handy nicht so richtig funktionieren, so dass ich ihr erst kurz vor knapp antworten konnte. Ich konnte schnell durch die Eingangstüre schlüpfen von dem Haus, das Mädchen ist mir dann hinterhergelaufen, obwohl ich ihr gesagt hatte, dass sie weitergehen sollte. Das hat sie dann anschließend auch getan. Um zehn nach sieben war ich dann in der Taufkirche, wo Vater Nicolai, Vater Konstantin und Vater Alexeij die Göttliche Liturgie schon feierten. Es sang auch mein Chor, da ich aber nicht mit geübt hatte, habe ich erst gar nicht mitgesungen. Mir schien es, als hätten die anderen auch nicht geübt. Angeblich war eine Chorprobe am Mittwoch - da wusste ich aber überhaupt nichts von - wie auch? Anschließend haben wir kurz gefrühstückt - es gab für jeden in der Stalowaja eine Tasse Tee und einen Teller mit Kartoffelpüree und Fleischsstückchen. Zum Glück hatte ich morgens schon gefrühstückt. Dennoch habe ich mir für die Fahrt ins Kloster nach Optina Pustin noch zwei Äpfel und ein paar Kekse gekauft - man weiß ja nie. Gegen neun Uhr sind wir dann losgefahren - in einem in Deutschland ausrangierten Neoplan-Bus, dessen Zustand äußerlich noch ganz in Ordnung war. Auf den Reifen war auch noch genug Profil drauf, so dass ich mir keine Sorgen machen musste. Doch bei genauerem Hinsehen zeigte der Bus im Inneren doch so ein paar Macken: Die Stühle funktionierten nicht richtig und waren teilweise recht ausgeleiert - und die Abstände dazwischen für meine Größe viel zu gering. Ich bin froh, dass der Bus nicht den Zustand von einem anderen Bus russischer Bauart hatte, der in völliger Schräglage (bei gerader Straße) durch die Gegend kurvte und fast aussah, als würde er jeden Moment umkippen. Am Stadtrand von Kaluga haben wir eine kleine Pause gemacht und einen kleinen Lebensmittelladen belagert, geplündert und geräumt. Die Frau wird an dem Tag wohl einen guten Umsatz gehabt haben. Ich selbst habe mir ein kleines Eis gegönnt - für acht Rubel. Nach einer weiteren Fahrt - nun nicht mehr auf einer autobahnähnlichen Straße - kam wir in Optina Pustin an. Auf dem Weg dorthin habe ich mehrfach gedacht, dass mir gleich fürchterlich schlecht wird, weil die Sitzplätze im Bus recht hoch unter dem Fahrer lagen. Von außen sieht der Bus wie ein Doppeldecker aus. Die Straßen waren etwas schlechter und deshalb schaukelte es gewaltig. Dennoch - es war schön durch die kleinen Dörfer zu fahren und zu schauen. Und wie auch schon in Saratov an der Wolga wurden an jeder Ecke und Kante die Felder gebrannt. Am Nachmittag kamen wir an, haben unsere Zimmer bezogen - ich hatte eins mit Onkel Slawa, Andrej und einem Studenten aus dem vierten Kurs. Im Eingang vom Hotel fragte Vater Nicolai mich, ob ich auch baden gehen würde. Meine Antwort war "Ja - selbstverständlich, aber nur, wenn Sie auch gehen!" Seine Antwort: "Ich gehe!" Damit hatte ich nun nicht gerechnet und hatte gedacht, dass er wieder einen seiner Scherze macht. Anschließend stand ein kleiner Waldspaziergang an - also ein wenig ziellos im Wald herum streunern und sich unterhalten - hier konnte man genau sehen, wer nur selten nach außerhalb kommt von den Stadt-Moskauern: Sie benahmen sich im Wald ganz anders und es wurde beispielsweise das zuhauf fotografiert, was für mich im Wald normal ist: Bäume... Ich dagegen habe auf den Baumstämmen herumgeturnt. Um fünf Uhr sind wir ins Kloster spaziert - ebenfalls auf einem alten Weg quer durch den Wald - und sind dort in die Vetschernaja gegangen. Eine Besonderheit war, dass alle Priester dort zu zweit mit den Dreier-Leuchtern mit Kreuz zuerst den Altar, dann das Volk und dann die Ikonen der Kirche beweihräuchert haben. Das hat allerdings sehr lange gedauert, weil 24 Priester anwesend waren. Nach Vetschernaja sind wir dann zur Quelle gegangen, die in der Nähe vom Kloster liegt - etwa 500m entfernt. Dort waren schon die ersten im Quellwasser, das in ein Becken mit Überlauf lief und sich ein einer Holzhütte befand, wo man sich ausziehen konnte - natürlich aufgeteilt in Männlein und Weiblein. Als dann die erste Gruppe raus war, bin ich dort ebenfalls mit hineingegangen, habe ich mich ausgezogen, bin wie alle anderen nackt (ich habe den Anfang meiner Gruppe gemacht) ins Wasser gegangen, dreimal untergetaucht und dann wie eine Rakete aus dem eiskalten Wasser wieder herausgeschossen. Letztendlich war es sehr lustig und mir war anschließend kaum kalt. Der Tag ging in dem Hotel nach dem Abendessen recht lustig zu Ende: Gerade als wir den Osterkanon angefangen hatten zu beten, viel das Licht für etwa 10-15 Minuten aus, es wurde im Licht von Handys jedoch fleißig weiter gesungen und gebetet. Das passierte dann noch mehrere Male. Gegen halb zwölf habe ich mit Bett gelegen, konnte aber nicht sofort einschlafen, auch wenn ich sehr müde war: Einerseits war es sehr kalt im ganzen Haus und ich habe mich klein gemacht, um irgendwie warm zu bleiben und andererseits hatte einer meiner Bettnachbarn einen lauten Schlaf - er hat zeitweise wie ein Weltmeister geschnarcht.

 

Das Hotel.

 

Blick auf das Kloster.

 

Dörfliche Idylle - direkt beim Kloster.

 

Die Türme der Einführungskathedrale im Kloster.

 

Sonnenuntergang im westlichen Russland.

 

Vor der Quelle mit dem Heiligen Wasser.

 

 

Donnerstag, 23.04.2009 - Osterdonnerstag (orth.)

Direkt nach dem Aufstehen um kurz vor sieben sind wir Jungs alle gemeinsam durch den Wald zum Kloster gelaufen. Und wieder konnte man leicht herausfinden, wer aus der Stadt kommt und kaum etwas anderes gesehen hat. Ich habe am Baum einen Specht klopfen hören, habe ihn leider aber nicht gesehen. Als ich die Kommilitonen darauf ansprach, widersprachen sie mir sofort und sagten, dass das Geräusch von keinem Vogel komme, sondern das Aneinanderreiben der Bäume sei. Irgendwann in der Diskussion traf noch ein weiterer Student ein, der sich auskannte und sagte dann, dass das wirklich ein Specht sei. Soviel zu den Kenntnissen einiger Städtler in der Natur. Zu ihrem Schutz muss man aber vielleicht auch sagen, dass ich mich nie so in einer Stadt einfinden kann, wie sie es können. Die Göttliche Liturgie war eigentlich völlig normal - nur ohne die Prozession. In dieser Klosterkirche ging es recht streng zu: Ein Helfer hat mir untersagt, dort zu fotografieren, obwohl am Abend zuvor dort sehr viele fotografiert haben. Später hat er darauf aufgepasst, dass die Leute auch ja keinen anderen Weg von der Kommunion zum Tisch mit dem Zucker-Wein-Getränk und dem Brot nehmen. Und eine alte Frau wollte mich in eine andere Ecke der Kirche verweisen - ich stand unter vielen Frauen, aber mit direktem Blick auf den Altar - und habe ihr dann freundlich gesagt, dass das wichtig für mich wäre wegen meinem Studium. So ganz unrecht hatte ich ja auch nicht, sind doch während der Ostertage die Zarentüren durchgängig geöffnet und auch während der Göttlichen Liturgie, wenn beispielsweise die Priester kommunizieren. Und zudem stehen wir in der Fakultätskirche auch recht durcheinander. Nach der Kirche haben wir gemeinsam in der Gäste-Stalowaja gegessen und haben dann eine Exkursion durch das Kloster gemacht, die aber recht kurz war. Der Mönch hat sehr leise gesprochen, so dass ich kaum etwas verstanden habe. Das Kloster "Maria Einführung in den Tempel" ist recht schön - aber auch genauso ungewöhnlich: Alles sieht so europäisch-italienisch aus. Ich habe von Baustilen nun ja nur sehr wenig Ahnung, aber auf mich macht es halt einen solchen Eindruck, denn die Kirchen machen einen solchen Eindruck und die Häuser nicht minder. In der Sowjetzeit wurde das Kloster zu einem Krankenhaus umfunktioniert, einige Kirchen verloren ihre Türme und in den 70er Jahren wurde es wieder zurückgegeben und wieder hergerichtet. Heute leben in dem Kloster sehr viele Mönche und es ist für seine Starzen, das sind weise, alte Mönche, sehr bekannt. Anschließend nach der Verehrung der zahlreichen Heiligen dort hatten wir noch etwas Zeit, um in den Klosterläden zu stöbern - der große hatte jedoch gerade Mittagspause. Anschließend sind wir mit den Bussen ins Hotel gefahren, haben dort zu Mittag gegessen und sind dann wieder nach Moskau aufgebrochen.

Das Hotel sah von außen sehr gut und schon fast nobel aus. In der Empfangshalle sah es dann schon anders aus - vieles war recht behelfsmäßig errichtet: An das Treppengeländer war fast unbearbeitetes Baumarktholz geschlagen, es war eisig kalt und je weiter man ins Hotel vordrang, umso unordentlicher wurde es. Und während unserem Aufenthalt verließen immer mehr Funktionen das Haus: Zunächst das Licht während dem Kanon am vorigen Abend und nun am Morgen kam aus den Wasserhähnen kein Wasser mehr und es standen an jeder Ecke und Kante Kanister mit Wasser herum. Und diejenigen, die in der dritten Etage geschlafen haben, haben in der Nacht besonders gefroren - zumal es auch noch gefroren hatte: Die dritte Etage wird einst das Flachdach des Hauses gewesen sein, dass nun lediglich ohne Isolierung mit Plastikplatten überdeckt waren, mit denen man normalerweise ein Gewächshaus baut. Dass es in den Zimmern kalt war, kann man sich gut denken und ich möchte nicht wissen, wie heiß es dort im Sommer wird. Ich denke, dass man dort oben eher Tomaten und Paprika anpflanzen kann als schlafen. Ich will mich nicht über das Hotel beschweren, aber es ist halt eine schöne, ländliche Einrichtung. Das also in aller Kürze zum Hotel...

Nach kurzer Fahrt sind wir dann in Schamordino angekommen beim Kloster "Ikone der Gottesmutter von Kasan und Hl. Ambrosius". Wir hatten dort etwa eine halbe Stunde Zeit und konnten die große Backsteinkirche von Innen entdecken. Besonders interessant war die Ikonostase dort, da sie sehr interessante Darstellungen hatte: Zum einen war das Gewand des Engel Gabriel in einem sehr dunklen Rot gehalten und nicht wie üblich in Rosa und die Gottesgebärerin (bzw. Gottesmutter) Maria hatte ein sehr dunkel gemaltes Gewand, das eigentlich in blau und rot gehalten ist. Die Engel waren über den Diakontüren und auf den Diakontüren befand sich auf der rechten Seite der Hl. Stephanus und auf der linken Seite der Hl. Laurentius - die ersten Märtyrer. Auffällig war das Kirchengebäude selbst auch, weil aus rotem Backstein gebaut wurde. Kurz nach der Abfahrt vom Kloster haben wir an einem kleinen Lebensmittelladen angehalten und unsere Reiseleitung Sasha hat dort für jeden ein Eis gekauft. Ich glaube nicht, dass die jetzt noch viele Vorräte haben. Um etwa halb acht waren wir wieder in Moskau am Paveljetsker Bahnhof. Und dann gab es noch eine schöne Begebenheit: Vater Nicolai und ich hatten fast den gleichen Weg nach Hause und ich habe ihn extra vorgehen lassen, da das Versteckspiel weiter seinen Gang nehmen sollte: Ich wollte nach Masha gehen. Ich habe ihr vorher immer einige Nachrichten auf das Handy geschrieben, damit sie Bescheid wusste. Masha hat schon durch die Türe geschaut - auch als Vater Nicolai vorbeilief. Vorbeilief? Masha öffnete die Türe und wollte mir zuwinken, da sie mich in der Ferne schon kommen sah. Die Türe ging langsam immer weiter auf - sie wusste jedoch nicht, dass Vater Nicolai stehen geblieben war um jemanden zu verabschieden. Als sie die Türe langsam weiter öffnete, schaute er dann neugierig um die Ecke. Nun wusste er Bescheid - 1:0 für Vater Nicolai. Wir haben den ganzen Abend über diese Anekdote herzlich gelacht. Wir wissen nun nur nicht, wie er das aufgefasst hat, da er nicht gelächelt hat...

 

Die Kirche Verklärung des Herrn.

 

Im Kloster.

 

Die Maria-von-Ägypten-Kirche.

 

Klosterensemble.

 

Das Skit.

 

Kloster "Ikone der Gottesmutter von Kasan und Hl. Ambrosius".

 

Hier wird die Größe der Kirche sichtbar.

 

 

Freitag, 24.04.2009 - Osterfreitag (orth.)

Heute will ich folgendes schaffen: Im Tagebuch schreiben, heute ins Internet gehen und die Homepage erneuern und E-Mails abfragen, Kolja und Sergej unterrichten, in die Göttliche Liturgie und die Vetschernaja gehen, an der Hausarbeit drei Kapitel schreiben und mich mit Kusma treffen. Ein großes Programm.

Nach der Göttlichen Liturgie und der Prozession hatte ich dank Onkel Slawa die Gelegenheit, auf dem Glockenturm der Nicolai-Kirche zu läuten. Dort oben sind auch einige schöne Fotos entstanden. Heute in der Kirche ging es mit diesen kleinen Sticheleien seitens der Priester weiter: Als Masha und ich nach der Liturgie gemeinsam zum Kreuz küssen gegangen sind, hat Vater Vladimir uns ein kleines Herz in die Hand gedrückt, in dem drei kleine Schokoladeneier sind. Anschließend bin ich zu Masha gegangen, wir haben dort gegessen und ich habe als Ostergeschenk eine Ikone der neuen Märtyrer Russlands bekommen - also die Menschen, die während der Sowjetzeit aufgrund ihres Bekenntnisses zum Herrn Jesus Christus ums Leben gekommen sind. Die Fakultät hat einen großen Teil dazu beigetragen, dass diese Menschen, die für ihren Glauben gestorben sind, heilig gesprochen werden und sie hat auch die Ikone dazu angefertigt. Sie wurde im Jahr 2000 bei der Heiligsprechung in der Christus-Erlöser-Kathedrale geweiht und kanonisiert.

Anschließend habe ich versucht, die Homepage fertig zu machen, was mir gelungen ist. Allerdings habe ich viel länger dafür gebraucht, als ich gedacht hatte. Dann hatte ich noch etwas Zeit, an der Hausarbeit zu schreiben - um kurz nach fünf war ich dann an einem Punkt, wo ich mir gesagt habe, dass eine Pause jetzt sinnvoll und bin dann mit Masha in den Abendgottesdienst gegangen. Anschließend war ich noch im Internet und habe die Homepage aktualisiert und E-Mails abgefragt. Dann hatte ich noch etwa eine Stunde Zeit, den synoptischen Teil der Hausarbeit fertig zu stellen. Das habe ich nicht ganz geschafft und so habe ich den Rest im Wohnheim gemacht.

Nun, am Ende des Tages, kann jeder schauen, ob ich fleißig gewesen bin. Meiner Meinung hätte es noch ein bisschen mehr sein können. Dennoch will ich letztendlich zufrieden. Nun riefen meine Eltern heute um punkt 22 Uhr an, dass mein Artikel über das Russisch-orthodoxe Osterfest in dieser Woche im Kirchenboten erschienen ist. (Download hier als pdf-Datei)

Nun möchte ich kurz auf die Ikone eingehen, die ich zu Ostern geschenkt bekommen habe. Ich will sie ein wenig beschreiben und will dies im Uhrzeigersinn tun. Ganz oben finden sich folgende Heilige Russlands: Johann, Sergej von Radonesch, Boris, Iov, Iona, Pjotr, Andrej Rublow, Pjotr, Erzengel Gabriel, Gottesmutter Maria, Der Herr Jesus Christus (auf dem Thron), Johann der Täufer, Erzengel Michael, Pawel, Fürst Vladimir, Alexij, Philip, Jermogen, Gleb, Serafim von Sarov, Amvrosij von Optina. Rechts darunter ist das Gefängnis im Winterdorf Chje in Sibirien und Erschießung des geistlichen Märtyrers Pjotr dargestellt. Dieser Heilige, der evtl. der Nachfolger vom Patriarchen Tichon werden sollte, ist auf der Ikone auch vor der Christus-Erlöser-Kathedrale und rechts neben dem Altar zu sehen, also in der ersten Reihe der höhergestellten Heiligen. Darunter wird die Ermordung der geistlichen Märtyrer Andronik und Jermogen gezeigt und eine Szene weiter die der gerechten Märtyrerin Elisabeth und die anderen, die mit ihr waren. Wiederum darunter ist die Abbildung der Zarenfamilie des Hl. Zaren Nicolai, seiner Frau Hl. Alexandra, des Zarjewitsch Hl. Alexej und ihren Hll. Töchtern Olga, Tatjana, Maria, Maria und Anastasia. Sie sind auch noch einmal unten in der Mitte der Hauptikone zu finden. Wenn die Ikone weiter von oben links betrachtet wird, dann zeigt sich dort das Leiden der Heiligen Neuen Märtyrer auf der Insel Solovki. Auf dieser Insel im Weißen Meer etwa 530km nördlich von St. Petersburg entstand das erste große sowjetische Häftlingslager in einem Kloster. Dort befand sich auch eine große Treppe, wo viele Inhaftierte gefesselt hinuntergestoßen wurden und so den Tod fanden. Darunter wird gezeigt, wie die Gottlosen (Richter) den den Heiligen Veniamin und diejenigen, die mit ihm waren, zum Tode verurteilen. Viele Gerichtsurteile wurden in dieser Zeit ohne ein ordentliches Verfahren gefällt. Wiederum darunter wird ein Teil der Geschichte des Klosters von Sergijew Possad gezeigt, als die Gottlosen - so werden die Sowjets hier bezeichnet - das Kloster plündern, verwüsten und entweihen und die Heiligen Gebeine wohl des Hl. Sergej von Radenosch entführen. Die letzte Abbildung in dieser Spalte zeigt den unter Arrest stehenden Hl. Patriarchen Tichon, der erst in der Lubjanka inhaftiert war und dann im Donskoj-Kloster unter Hausarrest stand. Zuletzt die untere Reihe von links nach rechts: Dort findet sich zuerst die Ermordung der Hl. Gerechten von Butovo, das im Süden Moskaus liegt. Dieser Ort ist heute eine Gedenkstätte der Russisch-orthodoxen Kirche und wird auch das russische Golgotha genannt. Hier sind am Tag bis zu 500 Menschen durch Genickschuss ermordet und dann verscharrt worden - von August 1937 bis November 1938 waren es fast 21.000 Menschen. Vor und nach dieser Zeit gab es unzählige weitere Ermordungen. Dieser Platz war bis 1991 weiträumiges Sperrgebiet. Neben den Geschehnissen von Butovo wird auf der Ikone die Erschmordung der Prozessionsteilnehmer von Astrachan gezeigt. Es folgt ein Doppelbild in der Mitte: Der Märtyrer Vladimir von Kiew wird zu seiner Hinrichtung geführt und später aufgefunden. Eine Ikone weiter wird ein Priester vom Altar während der Göttlichen Liturgie entführt. Es folgt die Schließung des Klosters von Sarov und die Entführung der Gebeine des Hl. Serafim Sarovskij und letztlich die Ermordung des Märtyrers Kyrill von Kasan und denjenigen, die bei ihm waren.

In diesem Zusammenhang der Neuen Märtyrer Russland fällt mir gerade ein, dass in einer der Kirchen in Optina Pustin drei Mönche aufgebahrt sind, die von den Menschen sehr verehrt werden. Sie wurden bei Läuten von einem Satanisten ermordet und werden wahrscheinlich irgendwann heilig gesprochen. An die Kreuze sind sehr viele Gebetsanliegen der Gläubigen geheftet.

 

Ihr Blumen auf der geistlichen Wiese Russlands,
zu Zeiten grausamer Verfolgung wunderbar erblüht,
ihr unzähligen neuen Märtyrer und Bekenner,
Hierarchen, Priester und Dulder aus dem Herrscherhaus,
Mönche und Laien, Männer, Frauen und Kinder -
gute Frucht habt ihr erbracht
weil ihr eure Gebete dargebracht habt
in geduldigem Leiden für Christus.
Betet zu Ihm, Der euch gepflanzt hat,
dass Er Sein Volk behüte vor den Gottlosen und Bösen,
dass in Russland gefestigt werde Seine Kirche
durch euer Blut und durch eure Leiden
zur Errettung unserer Seelen.

   Troparion ,4. Ton

 

Ihr neuen Märtyrer Russlands,
dir ihr als Bekenner den irdischen
Abgrund durchschritten habt
und tapfer Leiden auf euch nahmt,
betet zu Christus,
Der euch angeschaut hat,
weil ihr eure Gebete dargebracht habt
als Erprobung des Glaubens
durch die empfangene Gabe
der Tapferkeit.
Seid uns ein Vorbild,
die wir euren Weg verehren,
denn keine Trübsal, keine Bedrängnis,
kein Tod können uns trennen
von der Liebe Gottes.

Kondak, 2. Ton

 

Die Ikone der neuen Märtyrer.

 

Vater Alexej versteckt sich hinter der Ikone vor dem Weihwasser.

 

Das Schneiden des Arthos (griech. Brot).

 

Blick in die Richtung des Paveljetzker Bahnhofs - mit dem "Monster" (dem hohen Turm).

 

Das "Haus der Väter".

 

Wirrwarr im Glockenturm - aber es funktioniert.

 

Blick auf die Novokusnetskaja Uliza.

 

 

Samstag, 25.04.2009 - Ostersamstag (orth.)

Dieser Tag begann gleich mit einer riesengroßen Überraschung. Ich hatte in Pererwa schon wegen dem schönen Wetter ein wenig Züge fotografiert, aber was mir im Kursker Bahnhof vor die Linse kommen sollte, war einfach mehr als eine gewaltige Überraschung: Da standen zwei Dampflokomotiven herum - vor einem Personenwaggon. Ich wusste nicht, wie viel Zeit ich hatte und so bin ich auf den Bahnsteig gehechtet, von dem man den Zug aus gut fotografieren konnte und habe dies dann auch gemacht. Nach fünf Minuten ist der Zug dann unter lauten Stampfen, Schnaufen und Pfeifen in Richtung Süden gerollt. Ich habe in Deutschland noch nie eine Doppeltraktion fotografieren können und nun hier in Russland, wo Dampflokomotiven noch wesentlich rarer sind als in Deutschland. Welche eine Freude an diesem Ostersamstag! Und dann das Wetter dabei - einfach nur klasse!!!

Anschließend bin ich in die Göttliche Liturgie gefahren, in der am Ende Teil des Arthos verteilt worden, das ja gestern geschnitten worden war. Und natürlich gab es wieder eine Prozession um die Kirche. Es ist mir aber noch eine andere Kleinigkeit aufgefallen: Beim großen Einzug haben in der Regel ja alle ein Kreuz in der Hand. In dieser Woche habe ich mehrfach gesehen, dass der letzte Priester auch die kleine Lanze und einen anderen Gegenstand - vielleicht einen Löffel - in beiden Händen über Kreuz hielt. Ich dachte erst an eine Notlösung, weil nicht so viele Priesterkreuze vorhanden sind, aber das war heute nicht der Fall, da heute nur fünf Priester zelebriert haben.

Nach der Göttlichen Liturgie habe ich mich weiter an meiner Hausarbeit versucht und ein wenig im Tagebuch geschrieben, habe aber, weil ich etwas müde war, viel weniger geschafft als am Tag zuvor. Am Abend hatte Masha eine Überraschung für mich: Wir sind in die Moskauer Philharmonie gegangen zu einem klassischen Konzert. Das erste Stück von Bela Bartok hat mir nicht so gut gefallen, die letzten beiden und die Zugabe jedoch umso mehr. Nun muss man dazu zusagen, dass das Konzert noch andere interessante Aspekte aufwies: Just in dem Moment, als die Musiker die Bühne betraten, viel der Blumenschmuck von den Wänden und später, während des Konzertes noch fast welche in die Zuschauer der ersten Reihe, hätten diese sie nicht festgehalten! Letztlich waren wir noch in einem Schnellrestaurant und sind dann nach Hause gefahren, wo ich todmüde ins Bett gefallen bin.

 

Dampflokomotiven in Aktion!

 

 

Sonntag, 26.04.2009

Noch vor der Göttlichen Liturgie war ich schon sehr fleißig: Ich habe im Tagebuch geschrieben, ein paar Mails und etwas an der Hausarbeit - ein Kapitel. Nun konnte die Gemeinde heute die Ehrung von Vater erstmals sehen - der Dienst mit geöffneten Zarentüren. Sie waren bis zur Liturgie der Gläubigen geöffnet. Dies ist also die erste Stufe der Ehrungen. Für mich ist dies recht uninteressant, da es ja eigentlich erst in der Liturgie der Gläubigen interessant wird - das konnte ich ja ein wenig in der hellen Woche beobachten.

Nach der Liturgie habe ich wieder ein wenig an der Hausarbeit gebastelt, aber auch ein paar Mails verschickt. Gegen Nachmittag war ich auf einer großen Hochzeit in der Fakultätskirche. Es hat ein Paar geheiratet, deren beider Väter Priester sind. Da die natürlich viele Bekannte haben, waren auch noch viele andere Priester gekommen. Insgesamt waren es 21 Priester und 4 Diakone, die zelebriert haben. Soviel waren weder Weihnachten noch zum Osterfest anwesend. Und auch von der Gemeinde waren sehr viele anwesend, so dass die Kirche halbvoll war.

Danach bin ich mit Masha spazieren gegangen - ein wenig an der Moskau bis zur Akademie der Wissenschaften. Von dort sind wir zu ihr nach Hause zurückgefahren. Der Spaziergang war sehr schön, weil wir einerseits erst am Fluss unterwegs waren und dann nachher am hügeligen Ufer durch den Wald gegangen sind. An der Station Leninsij Prospekt haben wir noch ein kleines Eis gegessen und ein paar Fotos geschossen. Das Wetter zu all diesen Unternehmungen war heute klasse: Um 20 Uhr zeigte das Thermometer 19°C an - der erste Frühlings- oder fast schon Sommertag. Nun hoffe ich, dass wir auch so schönes Wetter haben, wenn mein Besuch da ist.

 

Sowjetische Baukunst.

 

Kraftwerk und Wohngebiet direkt  beieinander.

 

Blick auf das "Neue" Moskau.

 

 

Montag, 27.04.2009

Der heutige Tag war ein wenig durcheinander und ungewöhnlich, weil Manches anders gelaufen ist als geplant. Die größte Überraschung war, dass  meine Freunde aus Deutschland nun schon einen Tag eher anreisen, also schon am Mittwoch. Nachdem ich alles mit der Unterkunft abgeklärt hatte, war das auch alles kein Problem mehr und ich freue mich sehr, dass sie schon einen Tag eher kommen. Die "Überraschung" ist sozusagen gelungen.

Den Rest des Tages habe ich damit verbracht, Bücher zu kaufen und sie im gleichen Atemzug zu versenden, mit einem Geschenk für andere Freunde. Ich sammle ja immer so lange, bis ich mehrere Päckchen beisammen habe, weil das Auslandspostamt so weit entfernt ist. Zudem war ich einkaufen, habe über eine Stunde mit meinen Eltern telefoniert, habe kurz an der Hausarbeit herumgedoktert, Wäsche gewaschen (die sehr schnell getrocknet ist), habe ein Geschenk gekauft, dass ich gestern gesehen habe und bei Masha zu Hause etwas zu Essen gekocht. Es war so lecker, dass noch ein Gast dazugekommen ist. Und so geht ein ausgefüllter sommerlicher Tag zu Ende, mit dem ich ganz zufrieden bin!

 

 

Dienstag, 28.04.2009

Der Tag begann heute etwas eigenartig - ich hatte wieder einmal meine lieben Probleme mit der Waschmaschine im Wohnheim. Musste ich doch Wäsche waschen, da sich Besuch ankündigt und dann fast keine Zeit mehr dafür ist. So habe ich die Waschmaschine bis an die Ohren mit meinen Sachen vollgestopft, die Türe zugemacht und die Maschine angestellt. Sie lief aber nicht. Nach einigem probieren hat sich herausgestellt, dass der Wasseranschluss zugedreht war. Als ich ihn aufgedreht habe, kam aus dem Wasserhahn im Spülbecken ebenfalls eine Menge Wasser herausgeströmt. So habe ich dann versucht, den Wasserhahn zuzudrehen und habe festgestellt, das irgendein Kraftprotz ihn wohl überdreht haben muss. Ich habe aber eine Stelle gefunden, wo nur ein kleines Rinnsal heraus floss und wenn ich ganz fest draufgedrückt habe auf den Drehknauf, dann floss auch kein Wasser heraus. Ich habe aber aufgepasst, dass keiner den Kaltwasserhahn angefasst hat, brauchte aber nicht viel machen, weil morgens nur wenige im Wohnheim sind und noch weniger ihre Sachen waschen. Anschließend bin ich zur Universität gefahren und habe festgestellt, dass ich mit meiner Hausarbeit tatsächlich ein kleines Stück weiter bin, als ich dachte. Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass ich es nun doch nicht mehr bis zur Ankunft meines Besuches schaffen werde. Nach der Liturgie-Vorlesung habe ich in der Stalowaja gegessen und dann wurde mir gesagt, dass der erste Kurs heute eine Kontrollarbeit schreibt, so dass ich frei habe. Die freie Zeit bis zum Treffen mit Kusma habe ich dann dazu genutzt, draußen an der Hausarbeit zu arbeiten, was wegen dem Wind nicht immer sonderlich einfach war. Anschließend ging es mit dem Deutschunterricht gleich weiter - jetzt mit Kolja und Sergej.

Und dann war der Tag eigentlich auch schon wieder zu Ende. Es war wieder sommerlich warm heute - es waren über 20°C. Zudem gibt es zu berichten, dass wieder einmal eine Joghurt- und Milchladung die Fakultät erreicht hat, so dass ich wieder etwas mit nach Hause nehmen kann. Und heute habe ich mir in einem der niedrigen Eingänge in einem der Gebäude derartig den Kopf gestoßen, dass ich mich um die Bausubstanz fürchtete.

 

 

Mittwoch, 29.04.2009

Heute ist endlich meine Besuch gekommen und gleich der erste Tag war wunderschön, wenn auch ein wenig anstrengend. Aber das ist eigentlich recht normal... Zunächst bin ich mit Masha zu halb zwölf zum Flughafen Vnukovo gefahren, wo wir dann Nathalie und Mark getroffen haben und sind dann mit dem Marschroute-Taxi in die Innenstadt gefahren, wo wir bei Masha zu Hause deren Gepäck deponiert haben. Sie konnten sich etwas frisch machen, umziehen und essen. Dann sind wir gemeinsam gestärkt zum Chor gegangen. Nathalie konnte die Katastrophe dort gar nicht fassen und gar nicht glauben, dass da morgen etwas Vernünftiges bei herumkommen soll. Ich habe aber selbst auch meine Zweifel. Wir sollen morgen - sogar im Anzug - singen, weil Vater Vladimir ein rundes Priesterjubiläum hat. Und dann müssen wir auch noch nächste Woche singen. Man kann nur hoffen, dass alles gut wird. Anschließend haben wir Geld gewechselt und sind dann zum Roten Platz gefahren, der zunächst noch gesperrt war. Wir waren erst in der kleinen Kirche dort und haben uns dann das Kaufhaus GUM angeschaut, was die beiden wohl schwer beeindruckt hat. Anschließend sind wir durch den Alexandrovsker Garten gelaufen und wollten uns dann mit Masha bei der Manege getroffen. Das Problem war nur, dass ich nicht genau wusste, wo dort. Nach vielen SMS haben wir uns dann getroffen. Ich wollte eigentlich mit den Dreien schnell nach Hause fahren, da aber der Rote Platz nun öffentlich frei war, bin ich überredet worden und wir haben ihn noch überquert und sind zur Station Novokusnjetskaja gelaufen, um von dort mit der Metro zum Gepäck bei Mashas Eltern zu fahren. Nun habe ich ein wenig gedrängelt, da die Zeit sehr knapp war und ich in jedem Fall im Wohnheim schlafen wollte - allein um morgen nicht den Anzug holen zu müssen. Das hat auch haarscharf geklappt. In der Metro gab es ein Problem, das mir schon zu gut bekannt war: Wir hatten wieder einen Zug erwischt, die ins Depot fuhr und anderswo endete. So mussten wir eine Station zurück fahren und hatten großes Glück, dass wir sofort eine Metro zurück bekommen haben und keine Wartezeit beim Umsteigen hatten. Letztendlich hatte der Zug aber dann doch wieder eine Verspätung von zehn Minuten, so dass wir uns hätten gar nicht so beeilen müssen. Am Bahnhof in Silikatnaja habe ich Nathalie und Mark dann ihrer Gastmutter übergeben und bin dann ins Wohnheim gefahren, wo ich nach dem Tagebuch schreiben hundemüde ins Bett gefallen bin. Den Wetterumschwung merke ich doch zu gut - heute war es wieder sehr warm.

 

 

Donnerstag, 30.04.2009

Hatte ich gestern noch von dem großen Wetterumschwung gesprochen, so kam heute gleich der nächste. Schien heute Morgen noch die Sonne und konnte ich ohne weiteres im Hemd über die Straße spazieren, so wurde es gegen Mittag wirklich kalt - die Temperaturen sind im Gegensatz zu gestern um vielleicht sogar mehr als 10°C gefallen, so dass ich glücklich war, dass ich meine Jacke mitgenommen habe und noch glücklicher gewesen wäre, wenn es die Winterjacke gewesen wäre. Erst bin ich heute nach Silikatnaja gefahren, um Nathalie und Mark dort abzuholen. Auf dem Bahnsteig standen schon jede Menge Leute und es ging nur mit rücksichtslosem Quetschen in den Zug hinein, so überfüllt war die Elektritschka. Sie hat zwischendurch nur einmal in Schtscherbinka gehalten und ist dann bis Zarizino durchgefahren. Und dort konnten wir die Menschenmengen beobachten, die aus dem Zug hinausgeströmt kamen und waren schwer beeindruckt. Im Zug wurde mir schnell klar, warum viele Moskauer íhrer eigenen Stadt so satt sind. Nachdem wir etwas zum Frühstück gekauft haben, sind wir zuerst in den Park nach Kolomenskoe gefahren, haben uns dort kurz die Kirche angeschaut und dann den Blick auf Pererwa, Moskvoretsche und Marino genossen. Während ich danach im Chor für Vater Vladimir ein Ständchen gesungen habe, sind Nathalie und Mark auf den Roten Platz gefahren, um dort die Wachablösung mitzubekommen. Dort habe ich sie nachher auch abgeholt und wir sind dann in die Basiliuskathedrale gegangen um sie zu besichtigen. Ich habe Glück gehabt, dass wir alle zum Studentenpreis hineingekommen sind. Anschließend sind wir in die Universität essen gegangen: Es gab Kohlsuppe, Nudeln mit Hackfleisch und Rote-Beete-Salat. Heute war es nicht sonderlich gewürzt und ich habe fast schon das Gefühl, dass die beiden keinen richtigen Appetit entwickeln konnten. Dann ist Masha zu uns gestoßen und wir sind zur Moskauer Staatliche Universität gefahren (MGU) und wollten dort eigentlich einen Blick hinein werfen - und sind gleich an der Kontrolle gescheitert. Beeindruckt hat jedenfalls das Uni-Gebäude, das zur Baugruppe der sieben Schwestern Stalins gehört. So sind wir dann direkt zu dem Aussichtspunkt gegangen, der dort in unmittelbarer Nähe liegt.  Von dort aus hat man einen Blick auf einen großen Teil der Stadt Moskau und man kann erahnen, wie groß die Stadt wirklich ist. Man kann kein Ende entdecken. Anschließend sind wir zum Neujungfrauenkloster gefahren, das jedoch geschlossen hatte. Wir haben einen Spaziergang um die Klosteranlage gemacht und dann war ich überrascht, dass es schon so spät war: halb acht. Wir sind schnell noch etwas essen gegangen und dann habe ich die beiden zurück nach Silikatnaja gebracht. Von Rodions Schwester habe ich das Angebot bekommen, dort zu übernachten, was ich dankbar ausgeschlagen habe. Ich wollte doch in meinem eigenen Bett schlafen, auch wenn die Hin- und Herfahrerei etwas anstrengend ist.

In der zweiten Tageshälfte habe ich dann doch etwas gefroren und nun hoffe ich, dass ich nicht krank werde. Und müde bin ich heute Abend auch ungemein. Der erneute Wetterumschwung hat mir doch wieder einmal ganz schön zu schaffen gemacht und ich werde heute Abend sicherlich nicht mehr sonderlich alt werden und gleich im Bett verschwinden. Doch vorher noch ein paar Gedanken zum Land und zu Moskau. Gerade heute bei den Vorbereitungen für die große Siegesparade auf dem Roten Platz habe ich mir nicht alleine die Frage gestellt, wie kommunistisch Russland eigentlich noch ist: Am Kaufhaus GUM standen schon jede Menge Flaggen, die einen in den Farben der heutigen Staatsflagge mit einem roten Unterteil mit Stern, die anderen in Rot. Und genau in der Mitte dann der große Stern mit Hammer und Sichel. Und auch an den Verkaufsständen gibt es kommunistische Souvenirs zu kaufen: Von der Flagge, Abzeichen, Mützen bis zu Matrijoschkas mit Stalin oder Lenin drauf ist alles dabei. Die Frage stellt sich mir immer wieder, wie Russland sich positioniert.

 

Im Park Kolomenskoe.

 

Vorbereitungen für den Siegestag über den Faschismus: Rotes Russland?

 

Nathalie und Masha in der Metro.

 

Die MGU.

 

Blick auf einen Teil Moskaus.

 

 

Freitag, 01.05.2009

Wie am gestrigen Morgen auch, habe ich Mark und Nathalie zunächst am Bahnhof in Silikatnaja abgeholt. Wir sind dann direkt zur Universität ins Seminar von Vater Alexej gefahren. Während ich der Vorlesung gefolgt bin, haben Nathalie und Mark eine Menge Postkarten geschrieben. Anschließend waren wir noch in der Stalowaja essen und haben darauf unseren ersten gemeinsamen Ausflug nach Außerhalb gemacht: Das Reiseziel war Sergijew Possad, wo ich nun selbst schon das fünfte Mal gewesen bin. Doch das Kloster verliert immer noch nicht an Faszination. Auch heute war wieder ein Traumwetter, um ins dort hin zu fahren. Es war weder zu kalt noch zu warm. Und wie üblich haben wir bei der Ankunft in Sergijew Possad zunächst ein Eis gegessen und sind auf den Markt gegangen, um Souvenirs zu kaufen, die ich versucht habe herunter zu handeln, was mir weitestgehend auch gelungen ist. Anschließend sind wir ins Kloster gegangen und haben es sogar geschafft, in die große Kathedrale zu kommen. Das ist mir ja nur mit Stephan bei meiner ersten Tour gelungen. Nachdem wir uns alles angeschaut und die obligatorischen Fotos gemacht haben, haben wir noch eine Menge Kuchen gekauft und gegessen und sind dann wieder nach Moskau zu Masha gefahren, um kurz in unsere Mailboxen hineinzuschauen. Dort gab es dann wieder etwas zu Essen, so dass wir dann letztendlich gegen zehn Uhr wieder aufgebrochen sind. Mark und Nathalie sind alleine nach Hause gefahren und auch gut angekommen. 

 

So kann man fast alle Kirchen auf einmal fotografieren.

 

Brunnen.

 

Das Eingangstor.

 

Mit Nathalie und Mark.

 

Kirchenensemble in Sergijew Possad.

 

 

Samstag, 02.05.2009

Nachdem ich Nathalie und Mark heute Morgen in Zarizino abgeholt habe und wir Masha in der U-Bahn getroffen haben, sind wir gemeinsam gen Kreml gefahren. Die erste Überraschung erwartete uns schon beim Kauf der Eintrittskarten: Was bei meinem letzten Besuch im Winter nicht möglich war, klappte nun auf einmal reibungslos: Bei der Ticketverkäuferin galten die Münsteraner Semestertickets wie ein russischer Studentenausweis, mit dem ich das letzte Mal ja auch nur als europäischer (und vermeintlich zahlungskräftiger) Student in den Kreml gekommen bin. Und noch überwältigender war, was wir für 100 Rubel alles zu sehen bekommen haben. Da ist zunächst samstags um 12 Uhr immer eine Parade, von der ich selbst auch noch nichts gehört hatte - die aber von den Zuschauern sehr gut besucht war. Zunächst zog eine Einheit auf, die die Wege freihielt und dann kam die Hauptparade: Eine Einheit, eine Flaggenabordnung und ein paar Reiter. Es war keine Parade im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr eine Vorführung von dem, was man mit Gewehren noch alles machen kann außer schießen. Alles in allem war es eine sehr schöne Vorstellung, die von Marschmusik einer gut spielenden Militärkapelle untermalt wurde. Dann war es möglich, in den Kremlpark zu gehen: Der war im Winter auch gesperrt. Bis auf eine Kirche konnten wir in alle Museen und Kirchen hinein, die sonst auch für Besucher geöffnet sind. Leider sind ja alle Kirchen noch Museen und nur ganz selten wird einmal eine Göttliche Liturgie gefeiert. Das schöne Wetter und das Wochenende haben sehr viele Besucher in den Kreml gelockt, so dass die Museen völlig überfüllt waren, so dass es mir recht wenig Spaß gemacht hat. Anschließend wollten wir noch in die Rüstkammer, dort standen aber ebenfalls sehr viele Menschen und zudem gab es keine Tickets mehr für Führungen dort. Das soll nun am Montag nachgeholt werden.

Als wir aus dem Kreml wieder heraus waren, sind wir zunächst auf den alten Arbat gegangen - hier war ich auch das erste Mal. Ich habe ihn als nichts Besonderes empfunden - es ist eine Fußgängerzone, wo man fast nur Souvenirs zu völlig überhöhten Preisen kaufen kann. Zudem gibt es dort einige Kleinkünstler, die musizieren oder auf andere Weise die Leute unterhalten. Ganz in der Nähe vom Arbat haben wir dann etwas bei Mu-Mu gegessen - günstiger und viel besser als ich erwartet habe. Als ich das letzte Mal bei Mu-Mu war, habe ich wesentlich mehr bezahlt, um satt zu werden. Anschließend - es ging schon auf fünf Uhr zu - sind wir zur Christus-Erlöser-Kathedrale gegangen, wo wir ein wenig von dem Abendgottesdienst mitbekommen haben. Masha hat mir dort auch die Ikone der Neuen Märtyrer gezeigt, also das Original, das die Fakultät für Kirchenmalerei erstellt hat. Nach einem Eis haben wir uns von Masha getrennt und sind dann zum Sretenskij-Kloster gefahren und waren dort in dem Abendgottesdienst. Ich wollte mit den beiden dort hin, um ihnen den tollen kirchlichen Gesang zu zeigen. Doch von dem Resultat war ich etwas enttäuscht, habe es aber akzeptiert. Vieles war für die beiden doch zu anders im Vergleich zur gewohnten katholischen Kirche. Dann sind wir noch von den Gasteltern der beiden in ein Café eingeladen worden, wo ich unter großen Schwierigkeiten dann letztendlich doch hingefunden habe. Das Problem war, dass ich deren Gastmutter kaum am Handy verstanden habe, weil wir immer an einer lauten Ecke waren und sie sehr schnell gesprochen hat. Nun hatte ich eigentlich den ganzen Tag über geplant, ins Wohnheim zu fahren. Ich habe mich dort aber abgemeldet und aufgrund der fortgeschrittenen Zeit bei Masha übernachtet, wo ich wesentlich länger schlafen konnte, was ich auch dringend nötig hatte. Dort habe ich dann auch erfahren, dass in der Fakultätskirche ein Metropolit und zwei Bischöfe aus Amerika zelebriert haben. Aber das wusste so gut wie keiner... 

 

Die Parade.

 

Im Kreml.

 

Moskau, Christus-Erlöser-Kathedrale und Kremltürme.

 

Kirchenensemble im Kreml: Die Zwölf-Apostel-Kirche, dahinter die Erzengel-Kathedrale, der Glockenturm "Iwan der Große, die Maria-Entschlafungs-Kathedrale und die Kirche zur Gewandlegung der Gottesmutter.

 

Die Erzengel-Kathedrale.

 

 

 

Sonntag, 03.05.2009

Nun bin ich am heutigen Morgen erst um 8:26 Uhr aufgestanden und dabei ist mir siedend heiß eingefallen, dass ich im Wohnheim Küchendienst gehabt hätte am vorigen Abend. Ivan hatte es mir gesagt und ich habe es abends in der ganzen Aufregung vergessen. Das war mir recht unangenehm, will ich doch zuverlässig sein und im Wohnheim keine Sonderrechte genießen. Nach einem kurzen Weg bin ich zur Fakultätskirche gegangen und habe dort eine Bischofsliturgie miterleben können. Heute war der Bischof von Perm und Jakutien da - Bischof Soßima. Anschließend haben wir uns alle vier wieder bei Masha getroffen und haben dort den weiteren Tag geplant: keine Kirchen! Die Idee war, eine Vorstellung im Bolschoj-Theater zu sehen. So sind wir dorthin gefahren und haben an der Kasse nach Tickets gefragt - es hätte sie aber erst ab 4.000 Rubel aufwärts gegeben. Auf der Straße sprach uns dann aber ein Mann an, der für den Schwanensee am heutigen Abend Karten hatte - für 1.500 Rubel. Nach kurzem Beratschlagen haben wir dann angenommen und konnten nicht glauben, dass es wirklich klappen sollte. Da bis 19 Uhr noch Zeit war, haben wir ein paar Metro-Stationen besichtigt: Zunächst die Majakovskaja, die interessante "Flüsterbögen" hat: Die Bögen sind dort mit Stahl verziert und wenn man an den Bogen flüstert oder spricht, dann kommt der Ton am anderen Ende an. Anschließend sind wir zur Belorusskaja gefahren bis zur Kievskaja, sind dann zur Station Slavanskij Boulevard gefahren, um in den Park Pobedij, also den Siegespark zu fahren. Dort waren sehr viele Moskauer, die das schöne Wetter genossen haben. Danach habe ich Mark und Nathalie den Kiewer Bahnhof gezeigt, wir haben dort eine sehr leckere Pizza gegessen und sind nach einem Eis wieder zur Station Majakovskaja gefahren, wo wir Masha den Flüsterbögen gezeigt haben. Und dann ging es ins Bolschoj-Theater, wo wir ohne Weiteres durch die Kontrollen gekommen sind. Nun konnte ich es glauben, dass es wirklich geklappt hat. Die Plätze waren zwar nicht sonderlich gut, aber ich konnte, wenn ich auf dem Boden gekniet habe und mich auf dem weichen Polster des Geländers abgestützt habe, recht viel und auch recht bequem sehen. Der Schwanensee von Peter Tschaikovskij wurde grandios vom Theater dargestellt - sowohl musikalisch als auch auf der Bühne. Es war ein wirklich einmaliges und schönes Erlebnis - dieses Theater hat nicht umsonst einen ausgezeichneten Ruf. Und anschließend ging es nach Hause, wo ich noch mit meinen Eltern telefoniert und dann etwas im Tagebuch geschrieben habe.

 

Das Bolschoj-Theater.

 

Vorbereitungen für den 9. Mai - den Tag über den Sieg des Faschismus.

 

 

Montag, 04.05.2009

Der Tag fing heute eigentlich schon mitten in der Nacht an: Um Punkt ein Uhr klopfte es laut an der Türe und nachdem ich geöffnet habe, hat Ivan mir gesagt, dass ich nun doch Küchendienst habe, obwohl er mir vorher was anderes gesagt hat. So habe ich noch bis kurz vor zwei die Küche sauber gemacht und konnte dann endlich schlafen gehen. Um acht Uhr bin ich dann aus den Federn gefallen, habe geduscht, gefrühstückt und dann noch ein paar Bilder ins Tagebuch eingefügt. Dann wurde es auch schon Zeit, zur Bahnstation zu gehen, um Mark und Nathalie abzuholen. Wir sind dann nach Aschan gegangen, dem großen Supermarkt. Ich wollte den beiden eigentlich nur die Größe zeigen und dann hat sich ein größerer Einkauf daraus ergeben. Ich war mir vier Litern Soja-Milch, einer Flasche Kräuterlimonade, einem Brot und Batterien dabei. Die anderen beiden haben sich auch mit Getränken gut eingedeckt, so dass wir die Rucksäcke schwer und voll hatten. Anschließend sind wir zum Postamt gegangen, um dort Briefmarken für Postkarten zu kaufen. Dann habe ich die beiden zum Kreml gebracht und wir haben gemeinsam die Tickets für die sehenswerte Rüstkammer gekauft und danach noch eine Kleinigkeit gegessen. Nachdem ich bei Masha meine Sachen abgestellt und noch etwas Kuchen aus Sergijew Possad gegessen habe, wollte ich zur Chorprobe gehen, die dann ausgefallen ist. Einen Teil der Zeit habe ich mich noch mit Rodion und anderen Studenten unterhalten und bin dann in das kirchliche Geschäft der Universität gegangen und habe dort ein kleines Geschenk für Mark gekauft, der am Freitag seinen Namenstag feiert - nach dem orthodoxen Kalender. Bislang weiß er nichts davon und ich hoffe, dass es eine Überraschung für ihn wird. Um 17 Uhr haben wir uns dann getroffen, um in den Gorkij-Park zu gehen. Und dort habe ich festgestellt, dass die Karussells überwiegend alte Jahrmarktattraktionen waren - teilweise aus Deutschland. So gab es dort ein altes Kettenkarussell und eine Geisterbahn - beide mit deutscher Beschriftung. In letzterer war ich mit Masha. Vorher haben wir noch ein Fußbad in einem Springbrunnen in dem Park gemacht. Alles in allem ist der Gorkij-Park in schöner Vergnügungspark, in den es sich hereinzugehen lohnt. Der Eintritt von 80 Rubel ist mit Sicherheit gerechtfertigt, die Eintrittspreise in die Fahrgeschäfte allerdings in keinem Fall: Für die Achterbahn sollte man 200 Rubel bezahlen, für das Kettenkarussell 100 und für die Geisterbahn haben wir jeweils 150 Rubel bezahlt. Lustig waren auch die gebogenen Spiegel, die ganz tolle Spiegeleffekte hervorbrachten. Gegen 22 Uhr bin ich dann (wieder einmal) todmüde nach Hause gefahren.

 

Abkühlung.

 

Geisterbahn aus Deutschland.

 

 

Dienstag, 05.05.2009

Da Nathalie und Mark heute erst registriert werden mussten, konnte ich heute Morgen noch so allerhand erledigen. Zuerst habe ich bis etwa halb neun geschlafen und bin nach dem Frühstück für meine Eltern Wasser einkaufen gegangen in dem nahegelegenen Supermarkt. Bis dahin hatten die beiden sich noch nicht gemeldet und so habe ich angefangen, ein paar Sachen zusammenzustellen, die die beiden hoffentlich alle mit nach Deutschland nehmen können. Anschließend habe ich angefangen, in meinem Zimmer Staub zu wischen und ein wenig sauber zu machen. Dabei hat sich herausgestellt, dass es schon wieder nötig war - das letzte Mal kam mir noch gar nicht so lange vor. Aber ich glaube auch, dass viel Dreck durchs Fenster offene Fenster fliegt, vor allem, wo jetzt im gegenüberliegenden Gebäude viel gebaut und viel Dreck auf dem Platz liegt. Kaum als ich fertig war, riefen Mark und Nathalie auch schon an, dass sie um kurz vor zwölf in Zarizino wären. Ich bin sofort zum Bahnhof gelaufen und habe festgestellt, dass der nächste Zug erst in eineinhalb Stunden fahren würde. Nach einigem hin und her haben wir uns dann mit Masha in der Metro-Station Paveljetskaja getroffen und sind dann zur Anlegestelle der "Schiff-Metro" am Kiewer Bahnhof gefahren, von wo wir zu einer Flussfahrt aus gestartet sind. Es ist schon etwas anderes, Moskau vom Wasser aus zu sehen und hat viel Spaß gemacht. Es waren nicht übermäßig viele Leute auf dem Boot und das Wetter war einfach genau richtig dafür und so sind wir bis zur Metro-Station Proletarskaja gefahren. Die Schiffe heißen übrigens so, weil sich die Moskauer Stadtherren ausgedacht haben, dass man den Öffentlichen Personennahverkehr in der Innenstadt durch einen 20-minütigen Pendel auf dem Fluss entlasten könnte. Doch die geringe Geschwindigkeit und der hohe Fahrpreis von 400 Rubel spricht gegen ein solches Verkehrsmittel außerhalb touristischer Nutzung. Anschließend musste ich schnell zur Chorprobe und habe dann mit dem Chor den Abendgottesdienst gesungen: Es war wieder einmal eine Katastrophe! Dieses Mal lag es nicht nur am Chor, sondern vielmehr an den Liedermappen, in denen längst nicht alle Lieder zu finden waren. So gab es teils nur zwei Bücher für mehr als zwanzig Sänger. Anschließend habe ich mit Nathalie und Mark noch den morgigen Tag besprochen, der sich nun aber schon wieder geändert hat. Das will ich den beiden dann morgen erzählen...

 

Eine der sieben Schwestern Stalins - hier das Wohngebäude.

 

Das Peter I.-Denkmal...

 

Die Akademie der Wissenschaften.

 

Die höchste Metro-Station der Welt über der Moskau.

 

Blick auf die Hochhäuser von Moskau und die Sperlingsberge.

 

Vor der Chorprobe.

 

 

Mittwoch, 06.05.2009 - Fest des Hl. Georgij

Um acht Uhr durfte ich wieder im Chor die Göttliche Liturgie singen - an einem Wochentag, weil heute das Fest des Heiligen Georgij ist, dem Schutzpatron der Stadt Moskau. Mark und Nathalie waren auch schon direkt zum Anfang da, was mich sehr gefreut hat. Wir haben dieses Mal besser gesungen als sonst, wenn es aber auch noch lange nicht gut war. Dennoch hat es Spaß gemacht, weil heute mehr Disziplin im Chor herrschte als sonst - alle waren besser bei der Sache. Leider hatten wir nur kaum Noten und Texte, so dass oft nur der vordere Teil des Chores singen konnte. Anschließend haben wir bei Masha noch ein wenig gefrühstückt und sind dann zum Neujungfrauenkloster aufgebrochen und haben uns dies angeschaut - auch das kleine Museum mit Ikonen, einigen liturgischen Gewändern und einigen liturgischen Gewändern. Als wir aus dem Museum herauskamen, war es ein wenig am regnen und es sollte dann bis zum Ende des Tages immer mal wieder ein wenig regnen. Anschließend waren wir noch auf dem Friedhof hinter dem Kloster, auf dem sehr berühmte Menschen liegen, wie beispielsweise Tupolew, Nikita Chruschtschow, Raißa Gorbatschowa, die erste Frau von Stalin, Tschechov und noch viele, viele andere Persönlichkeiten. Der Friedhof ist allerdings kein typisch russischer Friedhof: Er ist schön aufgeräumt, recht übersichtlich und sehr gepflegt - die normalen dagegen sind ja oft eher rumpelig und durcheinander. Interessant sind dort auch die Grabsteine, da viele wie Denkmäler für die Verstorbenen aussehen.

Anschließend haben wir noch schnell bei Mc Donalds etwas gegessen und sind dann zu den Gasteltern von Mark und Nathalie gefahren. Die "Gastmutter" hat uns dann quer durch Podolsk gefahren zu einer interessanten Kirche, die an dem Zusammenfluss von zwei Flüssen zu finden ist. Interessant ist ihr für Russland völlig untypischer Baustil: Von außen sind viele Skulpturen zu finden und innen drin sieht sie aus wie eine barocke Kirche in Bayern. Wäre keine Ikonostase dort, dann würde sie glatt als katholische Kirche durchgehen, zumal dort auch katholische Kreuze zu finden sind. Die Kirche wurde von einem italienischen Baumeister erbaut - für Peter den Großen. Dort findet sich auch eine große und prächtige Empore für den Zaren. Ich habe dort die Genehmigung für ein Foto bekommen, für den Rest musste ich Fotos kaufen - für einen gepfefferten Preis. Anschließend waren wir in Podolsk noch in einem Park, der zu einer Residenz gehört und eine angenehme Ruhe ausstrahlt - es ist ein schöner Erholungsort von der Stadt. Anschließend haben wir noch in der Unterkunft meiner beiden Gäste gegessen und haben uns ein wenig unterhalten und uns mit der kleinen Katze Fidel beschäftigt. Gegen 22:30 Uhr war ich dann wieder im Wohnheim zurück.

 

Im Neujungfrauenkloster wird es Frühling.

 

Das Grab von Pawel Semenowitsch Rybalko.

 

Das Grab von Nikita Sergejewitsch Chruschtschow.

 

Andrej Nikolajewitsch Tupolew.

 

Das Grab von Raißa Gorbatschowa.

 

Die Kirche in Podolsk.

 

Das Innere der Kirche.

 

 

Donnerstag, 07.05.2009

Den Wecker hatte ich auf acht Uhr gestellt, doch ich bin schon ein paar Minuten vorher wach geworden, obwohl ich am Vorabend so müde war, dass ich mir nicht vorstellen konnte, so zeitig aufzustehen. Es hat aber dennoch geklappt und ich habe die Zeit genutzt, um eine große Maschine mit Wäsche zu waschen, das Tagebuch weiter zu schreiben und ein wenig vor mich hin zu trödeln. Zudem habe ich meine Sachen gepackt - eine ganze Menge sogar: Ich habe Gepäck für Nathalie und Mark für Münster mitgegeben, dann sieben Liter Wasser für meine Eltern eingepackt, ein paar Sachen zum Übernachten bei Masha und letztendlich auch noch meinen Laptop, mit dem ich ins Internet wollte, um E-Mails abzufragen. Gegen zwölf Uhr war ich dann bei Masha und bin dort auch bis etwa 15 Uhr geblieben, bis ich dann meine beiden Gäste in der Nähe getroffen habe, die sich den Morgen in der Tretjakovskaja-Galerie (wird Tretikovskaja ausgesprochen) vertrieben haben. Dann sind wir zur "Kuss-Brücke" gefahren, wo einige Metall-Bäume stehen, an denen Schlösser festgemacht sind - ähnlich wie Blätter. Auf ihnen stehen Namen - die von frisch verheirateten Ehepaaren. Danach sind wir beim nahegelegenen Denkmal für Kinder, die unter den Erwachsenen leiden, gewesen und wollten von dort zur Schokoladenfabrik "Rotfront" gehen, die nicht weit entfernt ist. Auf dem Weg dorthin haben wir noch Blinis gegessen, wollten in einer Konditorei Bonbons kaufen, waren noch in einem Supermarkt um nach Cola und Birnen zu schauen und haben uns letztendlich noch das "orthodoxe Kuhlmann" (Geschäft in Münster für alles, was der Katholik so braucht) und die Studentenkirche angeschaut, bis wir dann letztendlich beim Ziel ankamen. Dort wollten wir eine Menge Schokolade aus dem Katalog kaufen, die meiste war jedoch nicht da.

Nach der Schokoladenfabrik sind wir noch nach VDNH in den Vergnügungspark gefahren, wo wir uns den Springbrunnen der Völkerfreundschaft und ein paar Gebäude auf dem Ausstellungsgelände angeschaut haben. In dem Park stehen auch einige Karussels und andere Vergnügungsattraktionen - wie z. B. ein altes, bekanntes Fahrgeschäft, das Nathalie vom Bremer Freimarkt kennt und ich vom Leeraner Gallimarkt: Die Wilde Maus - eine Achterbahn, die ein paar Jahre in Deutschland auf den Jahrmärkten unterwegs war. Gegen neun Uhr war ich dann wieder zurück bei Masha, habe mich dort noch etwas nützlich gemacht. Gegen Mitternacht habe ich dann endlich im Bett gelegen.

 

Die "Wilde Maus".

 

Sowjetischer Bau auf dem Ausstellungsgelände VDNH.

 

Springbrunnen der Völkerfreundschaft.

 

Raumfahrt-Denkmal an der Metro-Station VDNH.

 

 

Freitag, 08.05.2009 - Fest des Hl. Apostel und Evangelisten Markus

Um kurz nach Mitternacht war es Masha, die mir als erste zum Geburtstag gratuliert hat - bevor ich dann völlig übermüdet eingeschlafen bin. Am nächsten Morgen wurde ich dann um Viertel vor neun von Masha geweckt und etwa eineinhalb Stunden später kamen dann auch schon Nathalie und Mark. Mit beiden bin ich dann nach einer gemütlichen Tasse Tee und viel Unterhaltung einkaufen gegangen und dann haben wir das Abendessen angefangen vorzubereiten, wo alle sehr bei geholfen haben. Jedoch mussten wir noch auf den Markt, denn in dem Supermarkt, wo ich immer einkaufen gehe, gab es viele Sachen nicht: Bananen, roten Paprika und Kiwis.

Vor der Fahrt zum Flughafen Domodedovo bin ich noch schnell unter die Dusche gesprungen und dann ging es so im Eiltempo zum Bahnhof, dass ich schon wieder geschwitzt war. Kaum war ich mit Masha am Flughafen aus dem Flugzeug ausgestiegen, da klingelte auch schon das Telefon: Matthias war dran und sagte, dass sie schon in der Ankunftshalle stehen würden - da war die Überraschung bei uns beiden sehr groß, da das Flugzeug doch eigentlich in diesen Minuten landen sollte. Und als ich Papa und Matthias am Flughafen sah, war die Gewissheit wirklich da: Mama ist wegen ihrer Krankheit nicht mitgekommen - sie hatte es mir am Morgen zwar schon gesagt, als sie mir zum Geburtstag gratuliert hat. Das hat am Morgen schon für einige Tränen bei mir gesorgt - hatte ich mich doch schon so auf meine ganze Familie gefreut. Dann sind wir von einem Verwandten von Mashas Familie abgeholt worden und zu ihren Eltern gefahren. Als die letzten Vorbereitungen getroffen waren, wurde erst zu Tisch gebetet und in einem fließenden Übergang mir zum Geburtstag mit dem Segenslied "Auf viele Jahre!" gratuliert - anschließend noch Mark, der heute Namenstag hat. Und dann kamen zwei große Überraschungen zum Geburtstag: Von Mashas Eltern habe ich eine große Ikone bekommen - genau die Ikone, die ich in Jam so bewundert hatte. Und von Masha ein Bild, dass mir auf einer Ausstellung sehr gut gefallen hat, auf der ich mit ihr in der Fastenzeit gewesen bin. Ich habe mich so darüber gefreut, dass ich die Freude gar nicht angemessen zum Ausdruck bringen konnte. Und anschließend haben wir gegessen und gegessen und gegessen... Die meisten waren schon zum Platzen satt, bevor der Nachtisch - mein Obstsalat - kam. Und dann gab es noch einen Kuchen mit 28 Kerzen drauf, die ich in einem Luftzug ausgepustet habe. Nach der kurzen Feier hat uns Mashas Vater noch zum Hotel gebracht, in dem Papa und mein Bruder in den nächsten Tagen übernachten werden. Anschließend bin ich dann selbst ins Wohnheim gefahren, wo ich noch ein wenig die gewaschene Wäsche weggeräumt und das Tagebuch geschrieben habe.

So geht ein Tag zu Ende, der mit einer riesengroßen Enttäuschung anfing und sehr fröhlich und glücklich endete - doch immer mit dem Hintergedanken, dass der größte Wunsch leider nicht in Erfüllung gegangen ist.

 

Mein Geburtstag.

 

 

Samstag, 09.05.2009 - Tag des Sieges über den Faschismus

Heute habe ich zuerst meinen Bruder und meinen Vater im Hotel abgeholt und dann haben wir uns mit Nathalie und Mark in der Station Textilschiki8 getroffen und sind dann zu Mashas Eltern gefahren, wo wir angefangen haben, die Reste vom gestrigen Abendessen zu verzehren. Dabei haben wir die Siegesparade auf dem Roten Platz verfolgt und zum Schluss vom Balkon aus die Hubschrauber und Flugzeuge gesehen, die im Tiefflug an der Wohnung vorbeigeflogen sind. Alles in allem war das schon sehr imposant. Ich hatte bis vor einigen Monaten ja noch gehofft, diese Parade an irgendeinem anderen Platz verfolgen zu können, doch da gab es fast keine Möglichkeit. Anschließend sind Masha und ich mit meinen Gästen zur Christus-Erlöser-Kathedrale gefahren, um das dortige Glockenspiel mitzubekommen. Ob wir es gehört haben, weiß ich nicht - jedenfalls war fast die ganze Zeit Gebimmel zu hören. Wir haben uns erst alle für ein Eis entschieden und sind dann in die Christus-Erlöser-Kathedrale gegangen, deren Inneres ich Matthias und Papa erläutert habe. Sie waren begeistert von der Kirche - wie eigentlich jeder, der sie zu sehen bekommt. Anschließend hat uns der Vater von Masha auf eine Bulli-Fahrt über den Gartenring eingeladen. Der sollte eigentlich gesperrt werden wegen eines Radrennens, aber wir haben kurz vor der Veranstaltung noch eine Runde drehen können und sind dann zum Siegespark gefahren, wo zum heutigen Festtag ein großes Volksfest gefeiert wurde. Es waren sehr viele Leute dort - vielleicht auch dadurch, dass man an dieser Metro-Station nur aussteigen, aber nicht einsteigen konnte. So konnten die Leute, die ankamen, nicht so schnell "flüchten". Wir haben uns dort ins Getümmel gestürzt und sind dann letztendlich an einem Kriegsmuseum gelandet, wo wir uns Kriegsmaterial aus dem zweiten Weltkrieg angeschaut haben - wegen des Feiertages umsonst. Das Museum war wesentlich besser, als ich vermutet hatte: Dort sind Stellungen und Schützengräben nachgebaut, dort stehen Panzer, Kanonen, eine eingestürzte Eisenbahnbrücke, eine Lokomotive, Flugzeuge, Hubschrauber, Autos, Panzersperren und noch vieles mehr, mit dem man einen Krieg noch schrecklicher als ohnehin machen kann. Es war dort recht wuselig wegen der vielen Leute, aber letztendlich war der Gang durch das Museum doch sehr interessant - vor allem mein Vater hat es wohl sehr gefallen. Nach einem Eis sind wir dann mit der Elektritschka zum Kiewsker Bahnhof gefahren und haben ihn uns kurz von innen angeschaut. Anschließend ging es wieder zu Masha, wo wir zu Abend gegessen haben - sofern Nathalie und ich dazu gekommen sind: Wir haben noch Digitalfotos ausgetauscht und dabei hat mein Computer kleine Probleme gemacht. Letztendlich hat es aber doch noch gut geklappt: Die Speicherkarten sind jetzt voll und den Rest der Bilder habe ich per Mail an die beiden geschickt. Dann habe ich die beiden zum Flughafen-Express gebracht, mich von beiden verabschiedet und dann ist der erste Besuch schon wieder gen Heimat gestartet. Ich hoffe, dass deren Koffer, die wir mit meinem Gepäck bis an die Zwanzig-Kilo-Grenze beladen (und hoffentlich nicht überladen) haben. So bin ich heute sicherlich noch einmal etwa acht Kilogramm losgeworden - vielleicht noch mehr. Der Bücherschrank sieht jedenfalls wesentlich leerer aus und auch meine Ikonenecke ist stark geschrumpft.

Anschließend bin ich mit Masha und meiner Familie im Park Kolomenskoe gewesen, wo wir kurz die Aussicht auf Moskau genossen haben und dann schon wieder Richtung Hotel aufgebrochen sind. Ich habe die beiden dort um viertel vor zehn abgeliefert und bin dann sogar einen Zug früher als geplant im Wohnheim angekommen, habe mich noch auf den nächsten Tag vorbereitet, etwas aufgeräumt und bin dann kurz vor Mitternacht schlafen gegangen.

Alles in allem war heute ein sehr lustiger und fröhlicher Tag mit meinen Gästen und bei Mashas Familie. Wir haben sehr viel gelacht und hatten gemeinsam in jeder Ecke von Moskau unseren Spaß!

 

Ein Hubschrauber der Armee.

 

Eine Dampflokomotive.

 

Die Eisenbahnbrücke.

 

Das Kloster Pererwa.

 

 

Sonntag, 10.05.2009

Dieser Tag war für mich wieder ein sehr besonderer Tag - und nicht nur für mich! Heute haben Masha und ich uns in der Fakultät segnen lassen und damit offen gezeigt, dass wir zusammen sind. Dem geht eine recht lange und interessante Geschichte voraus. Wir haben uns auf einem der Deutsch-Treffen, die schon lange nicht mehr stattfinden, kennen gelernt und gleich darauf hatte Masha mich zu ihrem Geburtstag eingeladen. Dann ist sie immer öfter zu dem Treffen gekommen und hat mich dann zum Weihnachtsfest eingeladen, das nach wie vor für mich immer noch eine wunderschöne Erinnerung war. Daran schließt sich auch die Kissenschlacht am frühen Morgen an. Es folgten viele weitere Treffen und ganz kurz vor der Fastenzeit haben wir dann immer mehr unternommen. Wir waren im Mäusezirkus, haben gemeinsam nach den Wörterbüchern gesucht, ich war oft bei Masha und Mashas Eltern zu Gast, wir haben viel herumgealbert, uns viel unterhalten und sind uns immer mehr vertraut geworden. Am 06. März sind wir dann gemeinsam im Park Zarizino spazieren gegangen und ich habe Masha fast die ganze Zeit auf dem Rücken durch den Park getragen. Dort haben wir dann einen Fotografen getroffen, der von uns so begeistert war, dass er einige Fotos von uns geschossen hat, die dann irgendwo im Internet gelandet sind. Und dann haben wir eine Zeit lang Arm in Arm auf einer Parkbank gesessen. Auf dem Rückweg habe ich sie bis in die Metro-Station getragen und die etwas beleibtere Dame am Durchlass dort hatte dann den Wunsch, auch so getragen zu werden. Zwei Tage später haben wir gemeinsam einen Film geschaut und auf einmal haben wir Händchen haltend vorm Fernseher gesessen und immer wenn jemand zur Türe hineinkam, haben wir die Hände ganz schnell wieder zu uns genommen. Und wiederum ein paar Tage später haben wir uns unsere Liebe in der Küche beim Kartoffeln- und Zwiebelschälen eingestanden, wiederum etwa eine Woche drauf mit den Eltern und dann mit ihrem Beichtvater gesprochen - um alles vielmehr dahingehend abzusichern, dass alles seinen Sinn hat was wir machen und das wir uns nicht in etwas verrennen, was uns dann letztendlich traurig macht. Alle haben ihr Einverständnis gegeben. Nun musste ich noch das Einverständnis meiner Eltern einholen - ich hatte ihnen schon viel von Masha erzählt. Die ganze Zeit bis Ostern bin ich dann sehr häufig bei Masha gewesen und es hat sich bis hierhin gezeigt, dass vieles einfach gut passt und das zwischen uns sehr viel Vertrauen ist. Nun war folgendes Verhalten angesagt: In der Nähe der Fakultätskirche nicht zu oft zusammen gehen und schon gar nicht wie ein Paar, dann in der Kirche ebenso benehmen und außerhalb dieses Bereiches zwischen dem Paveljetsker Bahnhof und den Metrostationen Novokuznjetskaja und Tretjakovskaja immer aufpassen, dass uns keiner sieht, wenn wir Hand in Hand gingen. Dabei ist es natürlich hin und wieder zu einigen Pannen gekommen - beispielsweise die mit Vater Nicolai nach meiner Ankunft bei Masha von Optina Pustin. Und heute haben wir uns dann von Vater Vladimir segnen lassen und der Gemeinde gezeigt, dass wir ein Paar sind - jetzt kann es keine guten und bösen Gerüchte mehr geben. Bis zuletzt war das Spiel aber noch spannend: Die Blumen für die Glückwünsche wurden versteckt, bis Mashas Oma dann mit ihren Blumen quer durch die Kirche marschiert ist und vorher schon Masha viel zu früh gratuliert hat. Und als es dann nach der Liturgie soweit war, gab es noch eine kleine Panne: Ausnahmsweise rief Vater Vladimir uns schon vor der Predigt nach vorne. Ich stand schon bereit und dann alleine vor ihm - Masha stand noch irgendwo anders und musste erst gerufen werden. In der Zeit, in der ich warten musste, habe ich mich mehrmals umgedreht und irgendwann zu dem wartenden Vater Vladimir gesagt: "Eine andere will ich nicht!" Anschließend haben wir ein paar Glückwünsche entgegen genommen und sind dann zu ihr nach Hause gegangen und haben in aller Fröhlichkeit gemeinsam gefeiert. Ich hatte den Eindruck, dass nicht nur wir beide sehr, sehr glücklich waren (und sind). Dieser Tag war besonders gewählt worden, weil eigentlich meine ganze Familie mit dabei sein sollte. Nun waren es wenigstens mein Vater und mein Bruder und so hat mir heute während der ganzen Göttlichen Liturgie und während der ganzen Feier meine Mutter sehr gefehlt. Es ist einfach sehr schade, dass wir diese Freude nicht mit ihr teilen konnten. Ich hatte den Eindruck, dass das für die beiden ein einmaliges Erlebnis war. Im Laufe des Tages hat sich auch gezeigt, dass wir alle gut zusammen passen: Wir sind nach der Feier gemeinsam zum Roten Platz gegangen und haben uns dort die Basiliuskathedrale angeschaut, sind ins Kaufhaus GUM gegangen, haben die Wachablösung am "Ewigen Licht" gesehen, waren Pizza essen (trotz der Schlemmerei vom Mittag) und anschließend sind wir auf den Aussichtspunkt in den Sperlingsbergen gefahren, wo ich vor ein paar Tagen noch mit Nathalie und Mark zusammen war. Während dieser Zeit hat sich gezeigt, dass wir Vier sehr viel Spaß gemeinsam hatten und dass wir sehr gut miteinander auskommen. Es ist, als wäre Masha eine von uns.

 

Masha und ich - nun öffentlich.

 

Sterne, doch der Mittelpunkt ist wichtiger!

 

 

Montag, 11.05.2009

Heute Morgen beim Frühstück kam im Wohnheim ein Student in die Küche, grinste mich an und gratulierte mir - wusste aber nicht, was er sagen sollte. Es war die Gratulation zum gestrigen Geschehen. Nachdem ich meine Familie um kurz vor neun im Hotel abgeholt habe, sind wir gemeinsam in das Neujungfrauenkloster gefahren und haben anschließend die Bootsfahrt über die Moskau durch Moskau gemacht. Nach dem Mittagessen in der Stalowaja habe ich Rodion die Registrierungen von Nathalie und Mark in die Hand gedrückt und bin dann mit meinem Vater und Matthias in den Kreml gefahren und wir haben ihn uns angeschaut. Danach ist Masha zu uns gestoßen und wir sind in den Vergnügungspark VDNH gefahren. Dort haben wir Schaschlik gegessen und ich habe einen Betrugsversuch der Kassiererin dort aufgedeckt. Wir hatten nur Fleisch bestellt - uns wurde aber noch Brot und Kräuter mitgeliefert, was uns mit einem hohen Preis angerechnet wurde. Als ich das beanstandet habe, wurde uns ohne Gegrummel das Brot abgezogen aber dennoch ein Spruch "Geizige Deutsche" hinterher geworfen, der mir letztendlich aber egal war. Am Abend haben wir vier noch kurz mit meiner Mutter über das Internet telefoniert und kurz erzählt, was wir so gemacht haben in den letzten Tagen. Nach einem leckeren Abendessen ist der Tag dann zu Ende gegangen: Matthias und Papa sind fast alleine ins Hotel gefahren und ich habe wegen der späten Stunde bei Masha übernachtet.

 

 

Dienstag, 12.05.2009

Der heutige Tag begann mit einem "heiligen" Frühstück: Es gab zunächst Heiliges Wasser und geweihtes Brot, letzteres haben wir von Vater Vladimir am Sonntag erhalten und Masha und ich haben es heute Morgen gemeinsam gegessen. Anschließend habe ich mich mit meinem Vater und meinem Bruder in der Metro-Station Textilschschiki getroffen und wir sind ins Wohnheim gefahren. So konnte ich beiden zeigen, wie ich hier in Russland wohne - auch wenn sich hier schon einiges verändert hat: Es stehen wesentlich weniger Bücher auf dem Schrank, ein großer Teil der Ikonen ist schon zu Hause - und dennoch gibt es genug, was wieder nach Hause muss. Anschließend sind wir in den Park Zarizino gefahren, wo wir uns die Parkanlagen angeschaut haben und ein wenig dort spazieren gegangen sind. Dort haben wir auch ein Eichhörnchen gesehen, was ganz zutraulich war, dann aber von einem Auto der Miliz geflüchtet ist. Nach dem Mittagessen haben wir uns mit Masha getroffen und sind gemeinsam nach Sergijew Possad ins Dreifaltigkeitskloster gefahren. In Sergijew Possad fing es leicht an zu regnen, so dass wir uns erst unterstellen mussten und derweil ein Eis gegessen haben. Als es wieder trocken war, sind wir zum Kloster gegangen und ich hatte eigentlich gedacht, dass wir noch auf dem Markt vor dem Kloster ein wenig schauen können, doch es waren kaum Händler da. Masha ist uns vorausgegangen und hat geschaut, wie viele Menschen vor den Gebeinen des Heiligen Sergej von Radonesch stehen und zu meiner und ihrer Überraschung fast keinen gefunden. So sind wir ihr gleich hinterher gegangen und auch ich habe die günstige Chance genutzt. Anschließend haben wir noch die obligatorischen Fotos gemacht und sind dann wegen eines starken Gewitterregens zuerst den Kloster-Honigkuchen essen gegangen und haben uns dabei eine Tasse Tee gegönnt. Als es wieder annähernd trocken war, sind wir durch die Kirchen  getingelt, sofern sie geöffnet waren. In der Kirche im Zarenpalast hatten fing gerade die Vetschernaja an, so dass wir dort noch ein wenig zuhören konnten. Zum Schluss haben wir noch ein paar Kleinigkeiten in den Klosterläden gekauft und sind dann wieder heimgefahren - aber nicht, ohne vorher noch einmal Eis zu essen. Mittlerweile war es sehr abgekühlt - es waren jetzt sicherlich mit einem Mal 10°C weniger, so dass ich Masha meinen Pullover geliehen habe. Nach der Ankunft in Moskau sind wir Tscheburekij essen gegangen und sind dann reichlich zeitig heimgefahren, weil alle doch sehr müde waren. Den Abend habe ich genutzt, um ein wenig im Tagebuch zu schreiben und mich noch abzuduschen - was eine große Enttäuschung beinhaltete: Das Wasser war wieder nur kalt... Um halb zwölf habe ich dann den Weg ins Bett gefunden.

 

Mit meiner Familie in Sergijew Possad.

 

Klostertauben.

 

 

Mittwoch, 13.05.2009

Der Weg am heutigen Morgen führte mit meinem Bruder und meinem Vater auf einem kleinen Umweg in das Eisenbahnmuseum. Der Umweg sah ein paar Metro-Stationen vor, die sehenswert sind und mehr oder weniger auf dem Weg lagen und die ich den beiden zeigen wollte. Dabei sind wir voll in den Genuss gekommen, die Rushhour voll zu erleben. Es war so voll, dass ich überzeugt worden bin, am nächsten Tag mit dem Gepäck etwa eine Stunde später zu fahren, in der Hoffnung, dass sich dann nicht so viele Menschen in die Metro quetschen.

Im Eisenbahnmuseum ist uns etwas Lustiges widerfahren: Ich hatte die Tickets für die Ausstellung und das Eisenbahnmuseum an sich gekauft. Zuerst wollten wir eigentlich in die Ausstellung gehen, doch die drei Wachmänner haben uns gesagt, dass die Ausstellung heute wohl geschlossen sei. Sofort wurde die etwas unfreundliche Dame an der Kasse angefunkt und ihr gesagt, dass sie keine Tickets verkaufen solle und und wir wurden daraufhin gefragt, woher wir den aus Deutschland kämen und dass wir die Tickets zurückgeben könnten. Da saßen also drei Wachmänner auf einer Bank im Eingang der Ausstellung und haben eine verschlossene Türe bewacht. Am Tickethäuschen erwartete die Dame uns schon keine 30 Sekunden später und sagte zu meiner Überraschung, dass die Ausstellung bald geöffnet werde, wir doch aber erst zu den Lokomotiven gehen sollten. An dem Tor stand kein Wachmann und so sind wir dort hinein gegangen und dann sagte mein Vater bei einem Blick durch das Fenster des Schalters, dass dort ein Wachmann auf dem Weg zu uns sei. Der kam auch schon eilig aus der Türe heraus gerannt und riss uns die Kontrollzettel von den Eintrittskarten ab. So haben wir heute das Eisenbahnmuseum der Russischen Eisenbahn völlig durcheinandergebracht und in seiner Ruhe gestört. Die Ausstellung hat sich zum Winter nicht verändert, nur dass wir jetzt mehr Zeit zum Schauen hatten. Anschließend haben wir uns auf den Weg zur Mensa gemacht und haben wieder ein paar Umwege über sehenswerte Metro-Stationen gemacht - auch die Station mit den Flüsterbögen - Majakovskaja. Nach dem Essen habe ich Matthias und Papa zu Masha gebracht und ich habe nach dem Umtausch von Mutters Fahrkarte nach St. Petersburg das Seminar zum Neuen Testament besucht. Dieses Mal war es etwas anders: Drei Stundenten haben jeweils ihre Hausarbeit vorgestellt und über ihr Thema referiert. So hat dieses Seminar noch ganz zum Schluss hin eine unerwartete Wendung bekommen, so dass die Studenten doch noch aktiv geworden sind. Dennoch sind die Unterschiede zu einer deutschen Universität groß: Es sind sehr kurze Referate und die anschließende Diskussion war sehr verhalten und manchmal sehr träge. Zudem waren die jungen Studenten aus dem ersten Kurs - alle sind so in etwa 17-18 Jahre alt - sehr nervös. Anschließend habe ich Vater Alexej einen Zeitungsausschnitt vom Kirchenboten gegeben, wo er groß abgebildet ist. Zum Glück war er mir nicht böse, dass ich ohne ihn zu fragen das Bild habe in die Zeitung setzen lassen. Unterdessen war Masha mit meiner Familie in der Schokoladenfabrik und anschließend haben sie zusammen Tee getrunken. Um kurz nach halb vier bin ich dazugestoßen und ich bin dann mit Matthias und Papa ins Museum über den Sieg Russlands im II. Weltkrieg gegangen - beide waren sehr beeindruckt. Um Blumen für die Mutter zu kaufen sind wir noch etwas nach außerhalb der Stadt gefahren, da es die dort wesentlich günstiger gibt. So haben wir einen Strauß gefunden, der in der Nähe der Universität sicherlich mehr als 2.500 Rubel gekostet hätte. Damit sind wir dann zum Abschiedsabendessen zu Mashas Eltern gefahren, haben vorher noch ein Eis gegessen. Dabei ist mir aufgefallen, dass es dort einen großen Straßenbahnstau gab: Unmittelbar vor der Wohnung ist ein Baum in die Oberleitung gefallen, hat aber an ihr keinen großen Schaden angerichtet. Wie es mit den anderen Kabeln aussah, kann ich nicht sagen, da die Arbeiten noch im vollen Gange waren. Masha erzählte uns dann, dass wohl ein schweres Gewitter über diesen Bereich der Stadt gezogen ist, das viel Sturm und Regen dabei hatte. Daher ließ sich auch der starke Temperatursturz erklären. Waren wir im Nordwesten der Stadt bei nicht nennenswerter Kälte eingestiegen, so hatte sich dies im Zentrum auf einmal stark geändert - es war viel kälter geworden.

 

Station Rimskaja (die Römische).

 

Station Rimskaja (die Römische).

 

Station Trubnaja: Moskau.

 

Ein Glas-Bild der Stadt Kolomna.

 

 

Donnerstag, 14.05.2009

Nun erreichen wir schon bald die Stadt St. Petersburg, die Häuser werden wieder größer und die Dörfer folgen in einem immer dichteren Abstand. Als ich im Winter nach St. Petersburg gefahren bin, habe ich fast nur Schneelandschaft gesehen und heute waren es viele Wälder, viel Sumpf und viele kleine verschlafene Dörfer. Dieses Mal sind wir auch viel schneller unterwegs, wir haben einen Express-Zug genommen, der nur fünfeinhalb Stunden benötigt und nur an zwei Stationen gehalten. Auch ist er viel bequemer - der Sitzwaggon ist durchaus mit einem Erste-Klasse-Waggon der Deutschen Bahn AG zu vergleichen. Nur manchmal hat man das Gefühl, als würde der Zug an einigen Stellen um die 20km/h zu schnell fahren, so sehr schaukelt er. Bezüglich der Landschaft sagte mein Vater treffend, dass er den Eindruck hat, dass wir nur im Kreis fahren würden. Der erste Teil der Reise meines Bruders und meines Vaters hat also in Moskau geendet und soll ihren Abschluss in St. Petersburg finden.

Den heutigen Tag haben wir damit verbracht, unsere Sachen zu packen und zu versuchen, die große Ikone in einem der Koffer zu verstauen, was aber leider misslungen ist. Dafür nehmen mein Vater und Matthias einen Koffer mit etwa 25kg Gepäck von mir mit nach Deutschland. Damit bin ich die Wintersachen bis auf ein paar Kleinigkeiten fast alle los - zudem ein paar Bücher, Ikonen und andere nicht nennenswerte Kleinigkeiten. Nachdem wir also in Mashas Zimmer das Gepäck umsortiert haben, habe ich noch etwas mehr Gepäck für zu Hause gekauft - also etwas Weihrauch, ein Lämpchen dafür und ein paar Ikonen. Anschließend waren wir in der Mensa der Universität essen, was sich gleich sehr schnell herumgesprochen hat: Janka rief kurze Zeit später an und fragte nach, ob wir noch dort wären, sie hätte die beiden gerne noch getroffen. Aber dafür reichte die Zeit nun gar nicht mehr aus, da wir kurz vor der Abreise standen. Wir haben noch ein paar Souvenirs gekauft, uns noch kurz gestärkt und sind dann zum Bahnhof gefahren.

Gerade eben haben wir ein wenig im Zug "gepicknickt" und sind an einem großen Depot der Russischen Eisenbahn vorbeigefahren, wo der Russische ICE stand, aber auch die alten Züge.

Kurz nach unserer Ankunft haben wir die Metrostation gesucht, neue Tickets bekommen. Beim Einsteigen in die Metro hatten wir auf einmal einen großen Tumult um uns drum zu und als ich den Koffer abgestellt habe, habe ich gesehen, dass Papa mitten in dem Kreis drin war und Masha da gerade hereinkrabbelte. Matthias stand auch irgendwo dabei. Dann auf einmal stürmte die Menge nach draußen, einer konnte gerade noch durch die sich schließende Türe fliehen. Spätestens da habe ich verstanden: Das war ein Überfall. Bei Masha war der Rucksack offen und bei meinem Vater fehlte das Portemonnaie mit etwa 2.000 Rubeln, aber sonst nichts. Die Ausweispapiere hatte er alle an anderer Stelle verstaut und hat sie verteidigt. So sind wir kaum fünf Minuten in St. Petersburg und schon bestohlen worden - von einer Gruppe mit etwa 20 südländischen jugendlichen Menschen.

 

 

Freitag, 15.05.2009

Die Nacht ist bei allen wohl etwas unruhig verlaufen: Matthias schläft auf einem harten Sofa, Papas Bett ist zusammengekracht und mir war in der letzten Nacht, dass ich mich habe übergeben haben müssen. So viel zu der letzten Nacht. Zum Frühstück sollten wir zu 08:30 Uhr da sein, zu dem Zeitpunkt waren die anderen im Refektorium gerade fertig mit dem Essen und haben uns ermahnt, am nächsten Morgen pünktlicher zu sein. Nach dem Frühstück haben wir erst ein paar Dinge eingekauft und sind dann zu einem Feuerwehrmuseum gefahren und haben dort sogar eine Führung bekommen, obwohl es eigentlich geschlossen hatte. Masha hatte am Tage zuvor dort angerufen und alles abgeklärt. Anschließend haben wir die Erlöser-auf-dem-Blut-Kathedrale mit ihren vielen Mosaiken besucht, von der ich ja schon einmal voller Begeisterung berichtet habe. Sie ist in der kommunistischen Zeit ab 1931 als Lagerhalle benutzt worden und erst 1970 hat man den großen Wert und die Schönheit erkannt und die Kathedrale sage und schreibe 27 Jahre bis 1997 restauriert. Seitdem ist sie als Museum geöffnet. Allein die Fläche der Mosaike beträgt 7.000m² - eine schier unglaubliche Menge. Unglaublich auch die Preisgestaltung: Studenten zahlen 50 Rubel, Einheimische 130 Rubel und Touristen aus dem Ausland 320 Rubel. Es scheint so, als sollten die "kapitalistischen Westler" mehr bezahlen. Dies ist in vielen Museen in St. Petersburg so der Fall. Dies lässt sich aber umgehen: In unserem Fall kauft Masha dann die Fahrkarten. Dann bin ich normaler russischer Student, Masha auch, Papa versucht Pensionär zu sein und Matthias ist dann und wann auch russischer Student. Nach der Kirche haben wir eine Bootsfahrt durch einige Kanäle der Stadt gemacht und sind auch ein wenig auf der Njeva herumgeschippert. So haben wir meiner Familie an für sich alle Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen können, so dass sich die 400 Rubel gelohnt haben. Da die Kirche der Gottesmutter von Kasan direkt in der Nähe lag, sind wir dann noch dort hineingegangen. Nach einer Kanne Tee wollten wir noch in die Isaaks-Kathedrale gehen, da war der Eintritt aber ab 18:30 Uhr zu teuer und so sind wir mehr oder minder nach Hause gegangen. Eigentlich wollten wir noch in die Nicolskij-Kirche gehen, aber wir haben sie nicht gefunden und uns verlaufen.

Der Tag war im Enddefekt davon geprägt davon, dass wir das alte Spiel fortgesetzt haben, dass bislang alle meine Gäste gespielt haben: Geld suchen und finden. Es liegt hier genug auf der Straße herum und so sammeln wir um die Wette, wer am Tagesende mehr hat. Am Ende sind in der Summe von uns dreien mehr als 30 Rubel herumgekommen - an einem Tag.

 

Ein altes Feuerwehrfahrzeug im Museum.

 

Schiffsfahrt auf der Njeva - hier sind die Rostral-Säulen zusehen.

 

Samstag, 16.05.2009

Heute haben wir es im Gegensatz zum vorherigen Tag pünktlich zum Frühstück geschafft, da wir heute ja genau wussten, wann es inoffiziell losgeht. Nach dem Essen sind wir dann zum Bahnhof Vitjebskij gegangen und sind dann nach Detskoje Selo (heißt übersetzt Kinderdorf) gefahren, wo wir zum dortigen Sommersitz der Zarin Katharina II. gelaufen sind. Die Suche nach dem Eingang gestaltete sich als etwas schwierig, da wir von einem Mann erstens fehlgeleitet worden sind und es zweitens einen Eingang für Gruppen gibt und einen weiteren für Einzelpersonen. Zudem gibt es getrennte Öffnungszeiten für beide Kategorien, so dass wir als Einzelne nur von 12-14 Uhr in das Schloss konnten. Wer zum Schloss will, der muss durch den großen Park gehen, für den man zusätzlich noch Eintritt bezahlen muss - wie im Schloss auch gibt es hier ermäßigte Preise, normale Preise und dann noch die völlig überteuerten Touristenpreise. Wir haben es wieder so gemacht, dass wir uns als "Russen" getarnt haben und so zu fairen Preisen überall hereingekommen sind. Vor dem Schloss mussten wir noch eine ganze Zeit in der Schlange stehen, bevor wir dort überhaupt hineingekommen sind und mussten uns dann einer Führung anschließend, die zwar auf Russisch, aber dennoch sehr interessant war. Besonders im II. Weltkrieg ist die Geschichte des Schloss sehr bewegend: Es wurde von deutschen Truppen eingenommen und für 28 Monate als Kaserne benutzt und letztendlich als völliger Totalschaden durch Russland zurückerobert. Später ist von deutscher Seite viel Geld für die Renovierung des wunderschönen Schlosses bezahlt worden. In dem Schloss gibt es auch das berühmte Bernsteinzimmer, allerdings ist es nur eine nachgemachte Kopie, die von einem deutschen Konzern finanziert worden ist. Dadurch, dass das Zimmer über und über mit Bernstein in vielen verschiedenen Farben geschmückt ist, zeigt sich ein besonders schönes und warmes Flair. Doch auch hier schien es, als würden noch Gemälde fehlen, die im Verlauf des II. Weltkriegs verschwunden und verschleppt worden sind. Nun weiß keiner mehr so richtig, wo es zu finden ist. Beeindruckend sind auch die ganzen anderen Zimmer mit ihren Goldverzierungen und dem ganzen Prunk. Schön ist auch, dass es nicht überladen ist mit Kunst und Schmuck. Am Ausgang des Museums gab es für uns dann noch eine Überraschung. Mein Vater hat gemeinsam mit Masha einen Prospekt über das Schloss gekauft und die Kassiererin hat ihr dafür eine Verkaufsprovision von 10% gegeben, was uns alle sehr gefreut und überrascht hat.

Anschließend sind wir noch durch den großen Park "gelustwandelt" und haben ihn uns in Ruhe angeschaut. In dessen Mitte ist ein recht großer See mit kleinen Schlösschen dabei. Zudem findet sich dort eine türkische Banja, die von außen wie eine Moschee aussieht. Die Parkanlage ist sehr schön aufgemacht und die Wege, die über viele kleine Brücken führen, einfach toll zum Bummeln. Wer aus der Großstadt kommt, kann sich dort gut erholen, sofern natürlich nicht zu viele Großstädter dort sind. Nach einem Eis sind wir in ein Café gegangen, das einem deutschen Schnellimbiss gleicht. Da die Preise dort waren zwar gering, die Portionen aber auch, so dass Matthias und ich gleich zwei Gerichte gegessen haben. Anschließend sind wir zum Bahnhof gegangen und zu einem alten Eisenbahnmuseum gefahren, dass zwischen St. Petersburg und Detskoje Selo liegt. Ich hatte auf der Hinfahrt eine Bahnstation gesehen, die "Dampflokmuseum" heißt und von der Strecke dann die Exponate gesehen. Allerdings war ich von denen nicht sehr begeistert - sie waren zwar noch gut als Dampfloks und andere Fahrtzeuge zu erkennen, aber sichtlich vergammelt und der Witterung ausgesetzt. Alles in allem ein sehr trauriger Anblick, da hier sicherlich einige wertvolle Loks langsam von der Natur zersetzt werden. In das Museum sind wir gar nicht hereingekommen, da dort ein großes verschlossenes Tor war und die Dame dahinter hat uns erklärt, dass das Museum vor vier Jahren in die Stadt umgezogen sei. Der Wachhund, der erst laut bellte, stellte sich nachher als ein wahrer Kuschelhund heraus, der nachher traurig dreinblickte, als wir wieder gegangen sind. Interessant fand ich dort die Gleisanlagen, die ins Museum gingen: Zunächst scheinen sie regelmäßig befahren zu werden, da die Schienen blank gefahren sind und andererseits gibt es dort eine interessante Entgleisungsanlage, die zur Sicherung der Hauptstrecke dient. Noch interessanter war die undefinierbare Spurweite der Gleise.

Zurück ins St. Petersburg haben wir noch einen Blick in die Dreifaltigkeitskirche geworfen und sind anschließend über den Markt geschlendert, der recht gut versteckt hinter der Kirche zu finden ist. Zum Abschluss des Abends und zum Schluss der "Russland"-Reise von Matthias und Papa sind wir noch ein leckeres Eis essen gegangen, was es in einer Konditorei gab. A propos Konditorei: In St. Petersburg gibt es einige Bäckereien, wie es sie in Deutschland gibt. Dort kann man Brötchen, Brot, Kuchen und weiteres Kleingebäck kaufen und in den meisten Fällen sind auch Sitzgelegenheiten vorhanden. Und dort gibt es auch Rosinenschnecken zu einem günstigen Preis und so habe ich in St. Petersburg etwas essen können, was ich bislang noch nicht bewusst vermisst habe, mir aber dennoch sehr gut geschmeckt und mich an die Heimat erinnert hat. Zum Tagebuchschreiben bin ich an diesem Tag nicht mehr gekommen.

 

Das Schloss von hinten.

 

Heimlicher Blick in das Bernsteinzimmer.

 

Im Thronsaal.

 

Schlosseingang in Zarskoje Selo.

 

Die Seitenansicht der Vorderfront Schlosses.

 

Die türkische Banja.

 

Kleine Brücke über einen See.

Gleis zum Museum.

 

 

Sonntag, 17.05.2009

Der Flug von Matthias und Papa ging heute schon in alle Frühe - um 9:20 Uhr ist der Flieger einer russischen Airline abgehoben. So haben wir uns um halb acht mit Marcus getroffen, der die beiden dann zum Flughafen gebracht hat. Der Abschied dort war sehr kurz, weil wir einerseits noch Devisen getauscht haben und man andererseits dort nur 15 Minuten frei parken darf. So haben Masha und ich uns recht schnell wieder aus dem Staub gemacht, haben im Seminar gefrühstückt, unsere Sachen so weit wie möglich für die abendliche Abreise gepackt, sind eine Stunde in die Göttliche Liturgie gegangen und uns dann zum Baltischen Bahnhof aufgemacht. Dort angekommen hatten wir noch etwas mehr als eine halbe Stunde Zeit, um Tee zu trinken und sind dann um 12 Uhr mit der Elektritschka nach Petershof gefahren, wo wir uns die Parkanlagen anschauen wollten. Dort angekommen haben wir erst mit einem Linienbus eine Stadtrundfahrt gemacht und haben uns dann in den Park aufgemacht. Sehr bemerkenswert sind dort die ganzen Springbrunnen, die sich durch den ganzen sehr großen Park ziehen, der direkt an einer großen Bucht die zur Ostsee führt liegt. Dort sind wir bis zum Nachmittag spazieren gegangen, haben uns die Springbrunnen angesehen und jede Menge Eichhörnchen, Meisen, Tauben, Spatzen, Buchfinken und andere Vögel gefüttert, von denen die meisten handzahm waren. Mit den Eichhörnchen hatten wir unsere Probleme, sie schauten zwar immer, was wir in der Hand haben, wollten aber nichts davon haben. In einem Baum haben wir ein Eichhörnchen gesehen und dort saß versteckt ein Mann darunter. Wir sind dort auch hingegangen und wollten es füttern. Der Mann hat dann das Feld für uns geräumt und auch hier kam das Eichhörnchen nur zum Schnuppern. Und dann sahen wir unter dem Baum ein Portemonnaie dort liegen, dass dort höchstens einen Tag gelegen hat. Sämtliche Geldscheine wurde herausgenommen und nur ein paar Münzen und persönliche Andenken waren dort noch zu finden. Wir haben es an uns genommen und am Ausgang dem Wachmann gezeigt, der auch nicht viel ausrichten konnte, da keine Dokumente zu finden waren. Wir wollen versuchen, die Geldbörse irgendwie wieder zurückzusenden, wenn wir die Inhaberin ausfindig machen können. Den Namen und das Land wissen wir schon, mehr aber auch nicht. Nach dem Besuch im Park sind wir noch in die große Peter- und Paul-Kathedrale gegangen, die direkt dort in der Nähe ist und konnten dort sogar auf den großen Mittelturm gehen und von dort die Aussicht über den Ort und die Schlossanlagen genießen. Nachdem wir etwas in einem kleinen Lebensmittelladen gegessen haben, sind wir mit dem Bus zum Bahnhof gefahren und ich hatte dort gesehen, dass die Schranken vom Bahnübergang geschlossen waren. Kurz darauf kam auch schon die Elektritschka nach St. Petersburg, die wir dann in aller Eile mitbekommen haben. Im Bahnhof in St. Petersburg habe ich dann noch ein wenig fotografiert und wir sind dann ins Priesterseminar zurückgefahren, um unsere Sachen zu packen und zum Freund von Mashas Vater zu fahren. Dort gab es ein leckeres Abendessen und gegen 22 Uhr mussten wir schon wieder aufbrechen zum Bahnhof, da unser Nachtzug nach Moskau um 23:15 Uhr fuhr. Bei der Metrofahrt dorthin hatte ich ständig die Diebe im Kopf, die meinen Vater überfallen hatten und tatsächlich hatte ich den Eindruck, dass dort eine Horde dunkelhäutiger junger Männer herumlief. Übrigens: Es soll dort einmal einen Skandal gegeben haben. Eine Frau, die die Rolltreppe bewacht, hat eine solche Gruppe die Treppe herunterfahren gesehen und dann die Leute in der Metro-Station vor dieser Gruppe gewarnt. Der ganze Fall ist dann vor Gericht gegangen...

Am Bahnhof angekommen sind wir gleich in den Zug gestiegen. Ich habe noch meinen Weg an die Zugspitze gemacht, da noch genügend Zeit war. Vorne gab es Erstaunliches zu sehen: Den ersten Waggon, den ich gesehen hatte, trug die Ordnungsnummer 19, der erste die Ordnungsnummer 0. So hatte dieser Zug also einen Waggon, den es eigentlich gar nicht gibt. Und dieser Stand auch nur mit der Hälfte der Türe am Bahnsteig, so dass die Leute alle beim Einsteigen aufpassen mussten. Und die Lokomotive stand mit der Spitze schon fast in der ersten Weiche hinter dem Bahnsteig und insgesamt mehr als eineinhalb Wagenlängen hinter dem Hauptsignal des Bahnsteigs. Gegen Mitternacht habe ich dann das Bett gemacht und bin dann schlafen gegangen, ...

 

Blick auf das Meer.

 

Blick vom Schloss auf die Springbrunnen und die Parkanlage.

 

Ein Schloss und ganz viele Brunnen.

 

Ein goldener Monsterbändiger.

 

Die goldenen Stufen.

 

Die Löwenkaskaden.

 

Eichhörnchen mit Hunger.

 

Beim Vögel füttern.

 

Die Kathedrale St. Peter und Paul.

 

 

Montag, 18.05.2009

...sofern das dann möglich war. Der Waggon lief sehr unruhig und bei jedem Schienenstoß rappelte es mehr als gewohnt, so dass ich ich die ganze Nacht entweder gar nicht oder nur sehr unruhig geschlafen habe. Das Resultat war, dass ich am nächsten Morgen zwar heilfroh übers Aufsehen war, aber auch noch längst nicht ausgeschlafen war. Nach einem kleinen Frühstück bei Mashas Eltern bin ich dann sofort ins Bett gegangen und habe bis etwa halb elf Schlaf nachgeholt, daraufhin kurz meine Eltern angerufen und mich dann an das Beantworten von den gesammelten Mails gemacht, wo ich lange dran gesessen habe. Anschließend habe ich mein Tagebuch in Schuss gebracht, was auch noch wieder eine Zeit gedauert hat und es dann ins Internet gestellt. Dazu musste ich wieder an meinen Internetplatz gehen, da ich mich aus irgendwelchen Gründen keinen Empfang mehr in dem Haus habe, in dem Masha wohnt. Die ungesicherte Verbindung funktioniert nicht mehr...

Gegen Abend funktionierte die Internetverbindung auf einmal wieder und ich konnte noch alle Dinge im Internet erledigen. Nachdem alles im Internet erledigt war, haben wir noch gemeinsam gegessen und anschließend bin ich zeitig ins Wohnheim gefahren, um die Sachen aus- und wegzupacken. Ich bin auch noch unter die Dusche gesprungen - allerdings gibt es nach wie vor kein warmes Wasser. Es bleibt zu hoffen, dass die Reparaturarbeiten weiter in vollem Gange sind und dass ab dem 25. Mai das Wasser wieder normal fließt.

Dann gibt es noch eine interessante Begebenheit, von der ich sehr überrascht war: Die Treppe zum Bahnsteig der Züge, die aus Moskau herausfahren, ist zur Hälfte renoviert und in einem guten Zustand und weitestgehend ohne Stolperfallen. Und sie wird bei laufendem Betrieb gewechselt.

 

 

Dienstag, 19.05.2009

Den Wecker hatte ich eigentlich auf acht Uhr gestellt, ich bin aber von dem Schleudern der Waschmaschine wach geworden, die zwar in der Küche steht, aber beim Schleudern leise zu hören ist. Das war das Zeichen für mich, dass sie bald frei wird und so habe ich schnell die Sachen zusammengesucht und sie in die Waschmaschine gestopft. Nach dem Frühstück habe ich mich dann wieder an die Hausarbeit gesetzt und an hier herumgefeilt. Dazu musste ich mich zu einem Teil erst wieder in die Materie einlesen, so dass ich den ganzen Morgen den Eindruck hatte, kaum etwas geschafft zu haben. Jetzt, am Abend, habe ich immerhin ein Kapitel schreiben können und will damit recht zufrieden sein. Heute habe ich wieder mein reguläres Studium aufgenommen und bin die Liturgik-Vorlesung gegangen. Die zweite danach ist ausgefallen, so dass ich schon etwas eher nach Masha gehen und weiter an der Hausarbeit basteln konnte. Zwischendurch habe ich Kolja und Sergej noch ein wenig Deutschunterricht gegeben und nach dem Essen habe ich noch ein paar Mails geschrieben.

Heute ist mir während der Vorlesung aufgefallen, dass bei den sehr häufigen Vergleichen zur katholischen Kirche sehr oft deutsche Theologen und Philosophen wie beispielsweise Karl Rahner oder der jetzige Papst Benedikt XIV. genannt werden. Von Theologen aus anderen Ländern des Westens ist eher weniger die Rede. Von den evangelischen Kirchen ist in der Regel eher seltener die Rede, aber auch dann werden zusammenhängend damit die herausragenden deutschen Theologen genannt. Am meisten wird jedoch mit der katholischen Kirche verglichen und dabei fällt häufig auf, dass die Gemeinsamkeiten verglichen und bewertet werden. Dies scheint im Gegensatz zu den evangelischen Kirchen weniger möglich zu sein. Und dies durchzieht nicht nur das Fach "Vergleichende Theologie", sondern sehr viele andere Vorlesungen auch, wie heute Liturgik. Auffallend kommt dies auch in den Fächern Pastoraltheologie, Einführung in die liturgische Überlieferung und im Seminar zum Neuen Testament vor.

 

 

Mittwoch, 20.05.2009

Den heutigen Morgen habe ich wieder an der Hausarbeit gesessen und dabei kleine Fortschritte gemacht. Der erste Teil der exegetischen Hausarbeit neigt sich dem Ende zu. Dem wird noch der zweite Teil folgen, in dem ich mich an orthodoxe Literatur halte. Das wird für mich der spannendste Teil der Hausarbeit.

Wie üblich bin ich zu 12 Uhr mit der Elektritschka in die Stadt gefahren und habe im Kursker Bahnhof den renovierten Durchgang zur Metro ausprobiert, der seit meiner Ankunft geschlossen war. Er ist erstens viel schneller und zweitens komme ich auch bei Regenwetter trockenen Fußes zur Metrostation. Dazu kommt noch, dass ich wesentlich weniger Treppen steigen muss. Alles in allem eine schöne Sache. Zudem macht die renovierte Halle einen schönen Eindruck und zeigt ein bisschen, wie sie in den 50er Jahren ausgesehen haben könnte, als die Station eröffnet worden ist. Jetzt muss ich mich nur noch daran gewöhnen, dass ich an anderer Stelle in den Zug in der Station Pererwa einsteigen muss.

Nach den beiden Vorlesungen war wie üblich Chorstunde - dieses Mal allerdings in der Fakultätskirche, da wir anschließend den Abendgottesdienst gesungen haben. Morgen früh werden wir auch wieder singen, da morgen ein kleines Fakultätsfest ansteht: Das Fest des Johannes des Theologen. Wer das ist, dazu möchte ich morgen mehr schreiben. Nach dem Gottesdienst und nach der kurzen Chorprobe hat Masha mich in der Kirche abgeholt und wir sind dann zu ihr nach Hause gegangen, wo ich die meiste Zeit gefaulenzt habe...

 

 

Donnerstag, 21.05.2009 - Fest des Heiligen Apostels und Evangelisten Johannes der Theologe (orth.) und Christi Himmelfahrt (kath.)

Für den heutigen Tag gibt es mehrere gute Nachrichten zu vermelden, über die ich mich sehr gefreut habe. Die erste Überraschung, die fast keine mehr war, weil ich mir schon so etwas in der Richtung gedacht habe, war, dass ein Kommilitone von mir vor einem Monat zum Diakon geweiht worden ist. Er hat heute Morgen bei uns in der Fakultätskirche zelebriert und ich war begeistert von dem, wie er es gemacht: In jedem Fall sehr würdig und mit einer schönen Stimme. Hoffentlich hält Vater Vassilij das auch so bei. Sehr gefreut habe ich mich heute auch darüber, dass wir heute im Chor viel besser als sonst gesungen haben. Es hat heute richtig Spaß gemacht, im Chor zu singen und so konnte ich die Göttliche Liturgie richtig genießen. Da heute das Fest des Heiligen Apostels und Evangelisten Johannes der Theologe ist, gab es heute wieder ein Fakultätsfest, zu dem wir Studenten in die Stalowaja eingeladen worden sind. Dort gab es freies Essen und es wurden einige Studenten mit Stipendiaten geehrt. Alle haben eine CD unseres Chores geschenkt bekommen, von denen ich im Anschluss daran gleich noch einige gekauft habe.9 Sie sind in einigen Fällen sicherlich ein schönes Geschenk für Freunde und Bekannte in Deutschland und vor allem ein Stück Erinnerung an den Chor, in dem ich mitsingen darf. Da sind die Stimmen verschiedener Studenten und Diakone zu hören. All das kann ich dann mit nach Hause nehmen und wie ich mich kenne, werde ich sie sehr häufig hören. Vor allem dann, wenn ich an die schöne Zeit zurückdenke. Anschließend war ich noch fix auf dem Postamt und habe drei Briefe aufgegeben und auch hier hatte ich unverschämtes Glück: Es war keine vor mir und so war ich nach kurzer Zeit schon fertig. Nachdem ich meine Jacke zur Reparatur gegeben habe, bin ich dann nach Masha gegangen. Zur Jackenreparatur: Mir ist eine Naht vom Reißverschluss der Winterjacke aufgegangen, da der unterste Druckknopf nicht mehr funktioniert. Nun zu den Kosten: Der Druckknopf wurde ein wenig verbogen, dass er jetzt wieder funktioniert und das Nähen kostet etwa 1,15€. Die allerschönste Nachricht kam dann allerdings per E-Mail: Eine Freundin aus Ostfriesland hat Arbeit gefunden! Ich habe so sehr mit ihr mitgefiebert und nun hat es nach ihrem "Sprachurlaub" doch sehr schnell geklappt. Damit ist sie die Erste aus meinem ostfriesischen Freundeskreis, die Geld verdient. Zudem habe ich heute noch Bilder von anderen Freunden bekommen - am Samstag wird ebenfalls in meinem ostfriesischen Freundeskreis geheiratet - von Marcos Junggesellenabschied. So habe ich etwas Anteil an dem, was meine Freunde in Ostfriesland so treiben und machen. Ich wäre sehr gerne dabei gewesen und noch viel lieber am Samstag bei deren kirchlicher Trauung.

Nun die Frage: Wer ist der Heilige Apostel und Evangelist Johannes der Theologe? Zunächst ist er der uns als Evangelist bekannte Johannes. Den Beinamen "der Theologe" hat er aufgrund seines Evangeliums erhalten, das sich von den anderen dreien durch eine andere, geistlichere Akzentuierung abhebt. In der Überlieferung wird der Evangelist dem Jünger Jesu (also der Apostel) dem Evangelisten gleich gesetzt - dazu auch dem Verfasser der Offenbarung. Die Forschung hat andere Ansätze gefunden, die im Evangelisten, Apostel und Offenbarungsverfasser jeweils eine Person sehen. In Selcuk, einer seiner Wirkungsstätten tat er ein Wunder: Er sollte dort ein Opfer bringen, weigerte sich und sollte einen Becher mit Gift trinken, an dem vorher vor seinen Augen zwei Menschen gestorben waren. Er nahm ihn, segnete ihn, das Gewicht entwich als Schlange und er trank ihn. Er wurde als Gefangener nach Rom gebracht und sollte dort im Ölkessel sterben. Dieser verwandelte sich jedoch in ein erfrischendes Bad. Er wurde nach Patmos verband, wo er die Offenbarung schrieb und etwas später kehrte er nach Selcuk zurück und verfasste dort das Johannes-Evangelium. Sein Tod war ebenso spektakulär: Er stieg nach seiner letzten Predigt in das bereits vorbereitete Grab in grellem Licht und segnete daraus noch seine Diakone.

Und Christi Himmelfahrt habe ich so gut wie vergessen am heutigen Tage.

 

Die CD unseres Chores.

 

Freitag, 22.05.2009 - Fest des Heiligen Nikolaus

Bevor ich heute in die Göttliche Liturgie gegangen bin, habe ich für Kolja ein kleines Namenstagsgeschenk gekauft - es gibt da eine Schokoladenfabrik in der Nähe mit einem sehr schönen und interessanten Sortiment. Da heute das Gemeindefest der Fakultätskirche war, hatten wir heute alle Vorlesungsfrei. Dementsprechend voll war auch die Kirche. Da die Gemeinde nicht nur aus Studenten, sondern auch aus "normalen" Bürgern, war es heute sehr voll. Es gab einige spezielle Feinheiten in der Göttlichen Liturgie und zum Schluss gab es noch einen Kreuzgang (also eine Prozession) um die Kirche. Und den Nachmittag habe ich wieder an meiner Hausarbeit verbracht, aber nicht so viel Zustande bekommen, wie ich erhofft hatte. Das Wetter hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Irgendwie herrschte heute eine eigenartige und drückende Luft und am Abend hat es geregnet. Es hat aber heute noch einen kleinen Lichtblick gegeben: Ich habe heute eine Mail von der Zeitung bekommen, in der ich einen Artikel über Ostern veröffentlicht habe. Sie haben nach meiner Bankverbindung gefragt. Nun bin ich mal gespannt, was dabei herumkommen wird...

 

 

Samstag, 23.05.2009

Heute heiraten nun also zwei meiner Freunde aus Deutschland kirchlich. Es sind die ersten aus meinem Freundeskreis, die sich zu diesem Schritt entschieden haben. Von ihren Plänen wusste ich schon sehr lange und wir haben gemeinsam lange hin- und herüberlegt, wie ich mit dabei sein könnte und letztlich ist es doch sinnvoller, dass ich hier in Russland geblieben bin. Aber dennoch wäre ich heute gerne bei ihnen und würde gerne mitfeiern. Ich habe aber ein gutes Gefühl, wenn die beiden heute heiraten und freue mich sehr für die beiden.

Der Morgen fing heute mit einer Dusche an, von der ich garantiert wach werden musste: Wir haben nun schon seit elf Tagen kein warmes Wasser. Da das Haus über Fernwärme und ebenso über Fernwarmwasser versorgt wird und die Leitungen repariert gewartet werden, lässt sich da auch nicht viel machen. Diejenigen, die keine andere Gelegenheit zum Duschen haben, gehen mit dem Wasserkocher und einer ganzen Sammlung von Bechern und Dosen ins Bad und waschen sich auf diese Art und Weise - zumindest ihre Haare. Wenn man sich den Kopf ausschließlich mit kaltem Leitungswasser wäscht, dann schmerzt es nach kurzer Zeit, so kalt ist das Wasser, trotz der warmen Tage. Ich kann zum Glück hin und wieder bei Masha duschen gehen, so dass bei mir das Problem nicht ganz so akut ist.

Beim Frühstück habe ich dann eine ganze Zeit lang mit Pjotr gesprochen und wie in vielen Gesprächen auch kam die Frage, wann ich denn abreisen würde und im Gegenzug habe ich gefragt, ab wann er nicht mehr im Wohnheim ist. In den ersten Kursen ist ja schon die Prüfungszeit angebrochen - für die letzten beginnt sie Anfang Juni. Und wer die Prüfungen alle gemacht und bestanden hat, der geht dann für längere Zeit in Ferien, fährt nach Walaam, in ein Kinderlager als Betreuer und so weiter. Das heißt, dass ich mich von den ersten schon vielleicht Anfang Juni verabschieden muss. Und so rücken die Abschiede langsam immer näher.

Nachdem ich noch ein bisschen an der Hausarbeit gesessen habe, bin ich in die Stadt gefahren und bin dort durch strömenden Regen zur Post gegangen, um einen Einschreibebrief aufzugeben. Anschließend habe ich bei Masha an der Hausarbeit weiter gemacht. So langsam zeigen sich Fortschritte und vielleicht schaffe ich es tatsächlich zum nächsten Wochenende, die Hausarbeit vollständig fertig zu haben. Zu halb vier bin ich zur Fakultätskirche gegangen, weil ich die Vermutung hatte, dass heute noch eine Chorprobe ist. So wäre es auch gewesen, wäre Vater Alexej nicht krank geworden. So haben wir erst zu sechst alleine etwas geprobt und zu genau fünf Uhr kam Vater Michael in die Kirche als Vertretung für unseren Regenten. Der Chor bestand heute überwiegend aus Studenten gehobener Kurse, so dass heute wenig Unruhe herrschte. Auch war der Gesang heute sehr viel besser. Zum einen waren nur solche dabei, die Spaß an der Sache haben und dann hat Vater Michael den Chor sehr energisch und kraftvoll reagiert. So haben wir die meiste Zeit so laut gesungen, dass wir manchmal erst viel zu spät gehört haben, dass die Priester und Diakone im Altarraum "mit" uns gesungen haben aber nicht so wie wir waren. So hat der Abendgottesdienst richtig viel Spaß gemacht und war noch einmal ein tolles Erlebnis. Nun hoffe ich sehr, dass es morgen auch so schön wird. Dann singen wir die Göttliche Liturgie - es ist der letzte Ostersonntag, denn nächste Woche ist Christi Himmelfahrt und damit endet die Osterzeit. Dann werden die Ostergesänge alle wieder verstummen und alles wird wieder in seine übliche Ordnung übergehen.

Auf dem Nachhauseweg habe ich auf der Rolltreppe von der Metro zum Kursker Bahnhof deutsche Stimmen gehört und die Frau hinter mir angesprochen. Sie kommt aus Oberammergau und ist gerade auf eine Schiffsreise von irgendwo nach St. Petersburg und machen gerade in Moskau Station, um die Stadt ein wenig zu erkunden - so auch einzelne Metro-Stationen. Viel Zeit zum Reden war nicht - sie war nur sehr erstaunt über die U-Bahn hier. Wir hatten uns schon verabschiedet, da bin ich noch einmal zurückgegangen und habe sie vor den Handtaschendieben in St. Petersburg gewarnt.

Nun will ich mir noch einen kleinen Blick in die Gemeinde leisten, in der ich mich mittlerweile sehr zu Hause fühle und zu der ich sehr gerne hingehe. Wenn ich im Chor stehe, dann blicke ich vor allem samstags abends und sonntags in ein sehr gut gefülltes Gotteshaus. Zumeist stehen auf der linken Seite die Frauen (die an ihren Kopftüchern leicht zu erkennen sind) und auf der rechten Seite stehen mehrheitlich Männer. Hier kann man aber sicherlich nicht von einer strikten Trennung sprechen - es ist aber doch auffällig. In der Göttlichen Liturgie steht (es gibt ja keine Kirchenbänke) vorne meistens ein ganzer Pulk Kinder - die meisten aber sehr artig und gesittet. A propos Kinder und Familien: Sehr viele Frauen und einige Männer haben Kleinkinder auf dem Arm, die allesamt zur Kommunion gehen oder geführt werden. Dabei ist es auffällig, dass die älteren Kinder auf die Jüngeren aufpassen und sie gegebenenfalls in die Schranken weisen. Dabei kommt es aber nur in absoluten Ausnahmefällen zum Streit. Zudem erwarten viele Familien in Bälde Familiennachwuchs, allein heute Abend habe ich vier Frauen gesehen. Die kleinen Kinder (bis etwa sieben Jahre), die zur Kommunion gehen, müssen noch nicht beichten, da sie als Engelchen gelten und noch nicht verantwortlich für ihre Sünden sind. Dabei hat jeder seinen oder ihren einen Beichtvater, ähnlich wie es in der katholischen Kirche vorkommt. Daraus resultiert letztendlich, dass der Priester der Anzugspunkt oder Gemeinde bildend ist: Die Gläubigen sammeln sich um ihren Beichtvater. In der Fakultätskirche ist es ein sehr guter, weiser und schon fast berühmter Beichtvater, bei dem die Gläubigen am Samstag Abend oder am Sonntag Morgen oft lange in der Schlange stehen müssen, wenn sie bei ihm beichten wollen. Gerade in der letzten Zeit habe ich den Eindruck, dass es dem Priester zu viel wird und er die Menge nicht mehr bewältigen kann. Das führt dann dazu, dass er seine nicht üblichen Beichtkinder an andere Priester verweisen muss. Man kann auch gut beobachten, dass wenn eben der Priester nicht in der Gemeinde ist, dass dann weitaus weniger kommunizieren gehen wollen. Vor der Eucharistie muss ja gebeichtet werden und viele wollen dann nicht auf einen anderen Priester ausweichen. Dadurch entsteht eine feste Bindung und ein inniges Verhältnis zu dem Priester, wodurch möglicherweise hier und dort Einflüsse entstehen können, in jedem Fall die Gemeinde aber geprägt wird. Und letztlich wollen viele dann auch von ihrem Beichtvater die Eucharistie erhalten. 

 

 

Sonntag, 24.05.2009 - Fest der Hll. Kyrill und Method

Und wir haben so gesungen, wie ich es mir so sehr in meiner letzten Göttlichen Liturgie gewünscht habe, die ich gesungen habe: Einfach schön, energievoll und mit viel Freude. Nun habe ich heute wahrscheinlich zum letzten Mal im männlichen Chor mitgesungen und zum Glück war es nicht so wie die letzten Male. Es war einfach schön und so werde ich eine gute Erinnerung an den Chor haben. Ich habe zwei Teile der Liturgie aufgenommen - einmal das "Der Engel hat der Gesegneten laut zugerufen", was ich nicht nur wegen der Melodie so gerne singe (Text unter dem 19.4. zu finden). Regent war heute wieder Vater Michael. Vor und nach der Liturgie habe ich noch die Panychida mitsingen dürfen, die mir ebenfalls sehr gut gefällt. Nur habe ich sie heute erst das zweite und dritte Mal gesungen. Ich habe mir jetzt vorgenommen, noch jedes Mal nach der Liturgie zur Panychida zu gehen, um sie näher kennen zu lernen. Auch sie hat ihre Schönheiten - wie ich finde - vor allem in den Melodien.

Den restlichen Vormittag habe ich damit verbracht, einzukaufen und aus der Suppe, die anfangs nur eine Bouillon werden sollte, eine leckere Gemüsesuppe zu zaubern - zum ersten Mal übrigens. Und geschmeckt hat sie ganz gut. Zumindest ist der größte Topf bei Mashas Eltern nun zur Hälfte leer gegessen - das will was heißen. Und wie üblich habe ich den Rest den Rest der Zeit an meiner Hausarbeit gearbeitet.

Zu den beiden Heiligen Kyrill und Method: Sie sind für die Russisch-orthodoxe Kirche sehr wichtige Heilige, da sie einerseits die Slawen missioniert haben und andererseits das kyrillische Alphabet erfunden haben. Betrachtet man es, kann man an den Schriftzeichen gut erkennen, dass es griechische Züge trägt. Dazu sei gesagt, dass beide Brüder sind und den Namen ihrer Stadt tragen: Saloniki. Sie lebten im 9. Jahrhundert.

 

 

Montag, 25.05.2009

Den Morgen habe ich im Wohnheim verbracht und habe den Solovjov-Teil meiner Hausarbeit geschrieben. Da ich nicht erwartet habe, dass ich da so schnell mit fertig werde, habe ich gestern das Dogmatikbuch bei meiner Liebsten liegen lassen, dass ich jetzt gebraucht hätte. So habe ich dann die Zeit damit verbracht, zwei Briefe fertig zu machen, ein wenig aufzuräumen und zu sortieren, was an Kleidungsstücken schon zurück nach Deutschland kann. Ich habe im Juni ja noch einmal die Möglichkeit, etwas nach Deutschland zu schicken mit Ottmar Steffan. Und das will ich möglichst auch ausnutzen. So ist jetzt eigentlich die gesamte Winterkleidung im Koffer verschwunden. Und zu 14 Uhr wollte ich einen Zug in die Stadt nehmen, bin jedoch gescheitert, da er ausgefallen ist. So habe ich den schnellstmöglichen anderen Weg per Bus gewählt, der allerdings mehr als doppelt so teuer ist. Dort bin dort einige Sachen einkaufen gegangen - habe endlich eine CD mit einem bestimmten Lied gefunden - und bin anschließend zur Post und dann zu Masha gegangen, wo ich an der Hausarbeit weitergeschrieben habe. Bezüglich der gibt es heute ein paar Erfolge zu berichten: Ich habe recht viel geschafft am heutigen Morgen und auch das Dogmatikbuch "verwurstet". Heute Abend nach meiner Rückkehr ins Wohnheim will ich noch schnell einen Text per Computer von Vitali übersetzen lassen, ihn morgen lesen und dann abends dazu das Kapitel schreiben. Der Unterricht mit Kolja und Sergeij fällt morgen aus, so dass ich mehr Zeit haben dürfte und das schaffen könnte. Dann muss ich nur noch einen Schluss ausdenken und alles am Mittwoch korrigieren und dann abends Vitali zum Rückübersetzen geben. Mal schauen, was dazwischen kommt...

 

 

Dienstag, 26.05.2009

Endlich ist es geschafft - der Textteil der Hausarbeit, also das Erfinden und Ausdenken - ist soweit geschehen und die Hausarbeit steht in deutscher Sprache. Das war heute noch einmal ein Batzen Arbeit, aber jetzt muss ich nur noch einen Drittel korrigieren. Endlich. Ich habe Hoffnung, dass ich alles in der nächsten Woche abgeben kann. Bei den Übersetzungsarbeiten werde ich ebenfalls viel Hilfe benötigen und auch bekommen. Insgesamt habe ich 34 Seiten zusammengeschrieben. Um alles fertig zu bekommen, bin ich nicht in die Kirche gegangen, was ich eigentlich vorgehabt habe. Ist es doch der letzte Abendgottesdienst in der Osterzeit. Gegen Mittag war ich in der letzten Liturgikvorlesung und das Seminar anschließend ist für mich ausgefallen. Meine Kommilitonen hatten alle Prüfung - für sie habe ich extra noch eine Kerze angezündet, was von allen sehr bewundert wurde und wo sich alle sehr drüber gefreut haben. Mit Ivan bin ich in der Kirche gewesen und wir haben uns einen Heiligen ausgesucht. Die Wahl viel auf den Hl. Sergij von Radonesch. In der Stalowaja habe ich mich noch etwas mit Nina unterhalten und anschließend noch ein paar Worte mit Olga gewechselt.

Als ich abends von Masha zurück ins Wohnheim gefahren bin, habe ich noch Anton, Radion und den Mann seiner Schwester getroffen und wir haben uns noch ein bisschen unterhalten. Als ich im Wohnheim dann mein Zimmer lüften wollte, kam irgendeine ekelige Fabrikschornsteinluft in mein Zimmer. Der Geruch war nicht zu definieren - wie so oft - und daher habe ich vorsichtshalber das Fenster zugelassen. Je nach dem, wie der Wind steht, scheint das Wohnheim wohl voll von dem Schornstein getroffen werden.

 

 

Mittwoch, 27.05.2009 - Letzter Tag der Osterzeit

Heute wollte ich eigentlich schon um Viertel nach sechs aufstehen, habe aber den Wecker am frühen Morgen auf sieben Uhr gestellt, weil ich mich einfach noch zu müde gefühlt habe. Der Geruch vom letzten Abend war verschwunden, so dass ich jetzt das Fenster weit aufreißen konnte. Es kam eine schöne kühle Luft ins Zimmer geweht und schön unter der Bettdecke eingemummelt habe ich noch eine schöne Runde geschlafen. Und dann ist mir ein Kunststück gelungen: Ich war um kurz vor halb neun schon in der Fakultätskirche: Ich bin schnell um sieben aufgestanden, habe mich fertig gemacht und gefrühstückt und bin dann zur Bahn gegangen. Dort stand schon eine Elektritschka am Bahnsteig und somit habe ich für den Weg vom Wohnheim bis zur Kirche nur knappe 45 Minuten benötigt. Das ist sehr selten der Fall. So war ich dann zum Ende der Lesung des Evangeliums in der Kirche. Heute wurde mit geöffneten Türen gedient - zumindest bis zur Kommunion der Priester, der Diakon hielt während den Ektenien wieder die Kerze in der Hand und Vater Vladimir hat anschließend den Segen mit dem Osterkreuz mit den drei Kerzen gegeben. Zudem wurden die Leute auch noch mit der Osterikone gesegnet, die dann in den Altarraum gebracht worden ist. Und ich habe für dieses Jahr das letzte Mal das "Der Engel hat der Gesegneten laut zugerufen" gehört. So ist heute die liturgische Osterzeit zu Ende gegangen. Dazu sei noch eine interessante Begebenheit zu erzählen: Vor und nach den Vorlesungen wird ja immer gebetet. Während meiner letzten Vorlesung an dieser Universität haben die Studenten im Nebenraum "Christus ist erstanden" angestimmt, während wir das Vater Unser gebetet haben. Und nach der Vorlesung das Gleiche: Wir haben den gewöhnlichen Gesang gesungen und die Gruppe neben uns haben einen Teil von "Der Engel hat der Gesegneten laut zugerufen" gesungen. Auf dem Weg zu den Vorlesungen habe ich gemerkt, was ich wohl sehr in Münster vermissen werde: Auf dem Weg in den Vorlesungsraum kamen mir draußen zwei Mädchen entgegen, die zweistimmig ein russisches Volkslied am singen waren. Kurz darauf bin ich an dem Brunnen vorbeigegangen, der von einer grünen Rasenfläche mit vielen Butterblumen eingerahmt ist. Den Gesang wird es in Münster nicht geben und die Rasenfläche beim Fakultätsgebäude wird auch alle Nase lang von einem knatternden Rasenmähertrecker platt gemacht - vorzüglich während der Vorlesungen - so dass kaum Butterblumen wachsen können.

Nach dem Kirchgang und nach der letzten Vorlesung - das Seminar zum Neuen Testament ist heute ausgefallen - war ich bei Masha und habe die Hausarbeit so weit vorbereitet, dass einer Übersetzung nichts mehr im Wege stehen sollte. In der Uni habe ich noch kurz mit Katja in der Stalowaja zusammen gesessen und mit ihr ein wenig gequatscht.

Nun noch einen Nachtrag: Auf der Heimfahrt hat der Lokomotivführer des Elektritschka an mehreren Stationen um Hilfe der Miliz gebeten. Bis die Störenfriede dann irgendwann ausgestiegen sind. Bis dahin hat die Miliz aber nicht eingegriffen, obwohl eigentlich immer Milizionäre im Zug sind, die sich zumeist ausruhen.

 

Nun am Ende dieses Kapitels will ich mir - wenn auch schon ein paar Wochen später - noch einen kleinen Rückblick erlauben. Dieser Monat war so ausgefüllt mit Ereignissen, dass ich sie kaum zusammenfassen kann: Er beginnt mit der Osterzeit und insbesondere der Hellen Woche, in der es wieder sehr schöne Liturgien gab und in jedem Fall angeführt wird von der Fröhlichkeit der Auferstehungsliturgie. Sie ist nach wie vor für mich eine ganz tolle Erinnerung und war tatsächlich der liturgische Höhepunkt, den ich bisher erleben durfte. Schon vor meinem Russlandaufenthalt habe ich mir ja vorgenommen, in jedem Fall zu diesem Fest in der Kirche zu sein. Dadurch, dass ich bei Mashas Eltern so oft zu Gast sein darf, war dies auch überhaupt kein Problem. Auch in der Osterzeit habe ich meine Beziehung zu Masha sehr vertieft und mit jedem Tag bin ich mit ihr glücklicher und in der Familie fühle ich mich mittlerweile sehr wohl und geborgen. Sie ist für mich wie meine eigene Familie geworden und ich bin sehr glücklich dort sein zu dürfen. Ich versuche jedoch auch immer, nicht nur dort zu sein, zumal ich doch eigentlich im Wohnheim zu Hause bin und dort auch Freunde habe, die ich nicht ganz vergessen will, da ich ihnen auch viel zu verdanken habe und gerne mit ihnen sprechen und zusammensitzen möchte. Ein weiteres kleines Ereignis war die Fahrt nach Optina Pustin, die auch sehr schön war. Hier hatte ich wieder einmal die Gelegenheit etwas Natur zu schnuppern und mich an der Natur zu erfreuen. Besonders in Erinnerung habe ich natürlich das Bad in der Heiligen Quelle und mit welchem Tempo ich da nach dreimaligem Eintauchen wieder herausgeschossen bin. Und ich bin davon nicht krank geworden. Die nächsten beiden wichtigen Ereignisse passen auch in die Osterzeit - die Zeit der Freude: Mein Besuch auch Deutschland. Ende April kamen einen Tag eher als ich dachte Mark und Nathalie, meine Kommilitonen aus Münster. Zusammen mit Masha hatten wir sehr viel Spaß und Freude und ich konnte ihnen viel von Moskau und der Umgebung zeigen. Zum Schluss musste ich Masha dennoch hin und wieder um Rat fragen, was man denn nun machen könnte. Wir sind mit einem derartigen Tempo durch die Stadt geflitzt, dass es nachher schwierig wurde noch Touristenattraktionen zu finden. Das wurde dann mit Museen gerettet. Zu meinem Geburtstag als Nathalie und Mark noch da waren, sind mein Vater und mein Bruder gekommen - leider ohne meine Mutter. Sie ist zwischenzeitlich krank geworden und das war für mich eine so große Enttäuschung, dass an meinem Geburtstag selbst ein paar Tränen geflossen sind. Wie gerne hätte ich sie doch hier gesehen und ihr Moskau und ein bisschen von der Umgebung gezeigt! Hatte ich doch noch am Vormittag meines Geburtstag so viel Hoffnung, sie zu sehen bis dann der die Freude zerstörende Anruf kam. Letztlich war es sicherlich gut so, wie es gekommen ist, zumal es in Moskau sehr schwer geworden wäre, einen Arzt zu finden, der helfen und mit dem wir die Sprachprobleme hätten überwinden können. Die Traurigkeit wurde aber sehr schnell überdeckt mit der großen Fröhlichkeit und Freude, die die beiden mitgebracht haben. Insbesondere Papa war einfach unheimlich frei und für jeden Unsinn zu haben, so dass wir sowohl in St. Petersburg als auch in Moskau eine sehr gute gemeinsame Zeit hatten, die ich so schnell nicht vergessen werde. Hier hat sich auch gezeigt, dass Masha gut in meine Familie passen könnte. Zumindest haben die drei sich mehr als gut miteinander verstanden und so haben wir gemeinsam viel herumgealbert. War die Besichtigungstour mit Nathalie und Mark schon schnell - nun hatte ich den Eindruck, dass wir noch schneller gewesen sind. Der Höhepunkt dieser Besuchstage war natürlich die Pomolvka - das Öffentlichmachen unserer Beziehung - wo mein Vater und mein Bruder mit dabei waren. Dafür war dieser Zeitpunkt ja extra gewählt und auch dieser Tag hat gezeigt, dass unsere beiden Familien gut zusammenpassen könnten. Hatte ich am Anfang des Tagebuches von der russischen Gastfreundschaft geschwärmt, so setzt sie sich jeden Tag in Mashas Familie fort - welch ein Segen!

In dieser Hellen Woche hat sich allerdings noch viel mehr getan und vieles davon unbemerkt: Es hat schon viele kleine Abschiede gegeben, da weitere Vorlesungen geendet haben, wenn auch nicht alle. Viele Studenten haben sich zurückgezogen um zu lernen und so ist es im Wohnheim auch abends ruhiger geworden. Das zeigt sich dadurch, dass unter den Studenten weniger kommuniziert wird und man sich oft nur noch grüßt - die Stimmung ist einfach angespannt. Viele müssen ihre Diplomarbeiten verteidigen oder sich auf andere wichtige Prüfungen vorbereiten. Bei mir waren es keine Prüfungen, aber das Schreiben der Hausarbeit hat doch viel Zeit genommen - ein Grund, warum ich diesen Rückblick erst viel später schreibe. In dieser Zeit habe ich auch nicht mehr in der Küche gearbeitet, so dass diese Zeit dort auch mehr oder weniger zu Ende gegangen ist, auch wenn ich es mir für später noch einmal vorgenommen habe. Und auch im Chor habe ich das letzte Mal gesungen und es war einfach wunderschön, so dass mir insbesondere das letzte Mal sehr gut in Erinnerung bleiben wird. Es war einfach unwahrscheinlich laut und kräftig - so habe ich es mir insgeheim gewünscht aber nicht direkt geäußert. Als Erinnerung an den Chor habe ich mir eine CD gekauft, die im letzten Jahr aufgenommen worden ist: Die Akafist der Gottesmutter Maria.

Oft fragen die Studenten, was ich im Sommer und in den Ferien machen werde und ob ich nach Deutschland fahren werde. Mein Eindruck scheint zu stimmen, dass ich ein fester Bestandteil in ihrem Universitätsleben und in den Vorlesungen geworden bin. Die Frage setzt fast immer voraus, dass ich im nächsten Kurs wieder mit dabei bin und wenn ich dann antworte, dass ich in Deutschland zu Ende studiere, lautet die nächste Frage dann, wann ich wiederkommen werde. Und erst wenn ich sage, dass ich nur als Gast und nicht als Student wiederkommen werde, werden die Augen groß und erstaunt - und manchmal auch unbegreiflich. Und eigentlich fühle ich mich auch ähnlich: Als ein fester Bestandteil an dieser Fakultät und Universität. Völlig akzeptiert und immer wie einer von ihnen. Das ist neben Mashas Familie auch das, was mir das Leben hier so einfach und schön gemacht hat: Nie die Sorge haben zu müssen, alleine zu sein. Eine Türe ist hier immer offen.

Was hat sich noch geändert? In meinem Zimmer im Wohnheim ist es etwas leerer geworden, denn Matthias, Papa, Mark und Nathalie haben doch sehr viel Gewicht und Gepäck mit nach Deutschland nehmen können. Und dennoch liegt dort jede Menge Gepäck, das auf die Rückreise wartet. Und zu meinen Sprachkenntnissen lässt sich mittlerweile sagen, dass ich mich entweder damit abgegeben habe, dass ich noch nicht so gut bin, wie ich es mir wünsche oder einfach zufrieden damit bin, dass ich das Alltagsleben ohne größere Probleme meistern kann. Wenn ich etwas will, dann bekomme ich es zumeist auch. Und wenn jemand nicht versteht, dann bohre ich so lange, bis er oder sie versteht. Manchmal scheitert es aber auch an der Mentalität und Müdigkeit der Menschen zu liegen, die sich keine Mühe geben wollen, mich zu verstehen. Mein Umkreis jedoch, in dem ich mich bewege, der versteht mich in der Regel sehr gut.

 

 

8 Nach der Ansicht meines Besuches ist der Name der Station auf bayrischen Ursprung zurückzuführen: "Textil schick i" (Textil schicke ich).

9 Die CD könnte man über mich beziehen... Sie würde 120 Rubel (3,00€) + Versand (etwa 2,00€) kosten.

 

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