1.) Die Vorbereitungsphase

 

 

Wo geht's genau hin...?

Eine Stipendienzusage habe ich mittlerweile natürlich erhalten, so dass es sehr wahrscheinlich ist, dass ich ab etwa Anfang September 2008 bis spätestens Ende Juli 2007 in Moskau sein werde - und zwar werde ich hier (beim roten A) studieren:

Quelle: http://maps.google.de/maps?hl=de&tab=wl (Google Maps, Eingabe: "Moskau, Tichon")

Die Tichon-Fakultät ist also in der Innenstadt von Moskau gelegen - etwa einen Kilometer vom Kreml entfernt. Dieser ist über dem Fluss Moskau und dem auf der Karte vermerkten Ortsnamen "Moskva) zu finden.

 

Anfang Juli

Aktuell ist die Sachlage, dass ich auf die visafähige Einladung aus Russland warte, um das Visa zu erhalten. Ich kann bislang nur soviel sagen, dass der Reisetermin wohl um den 1. September 2008 liegt. Das ist die Antwort auf die derzeit am meisten gestellte Frage...

 

 

Mittwoch, 09. Juli 2008

Heute kam für mich ganz unverhofft das, was kommen musste, aber noch so weit von meinen Vorstellungen lag: Der erste Abschied. Der Abschlussgottesdienst endete mit den Worten, dass einige das SefüLa für immer verlassen und zwei "in Urlaub" gehen. Einer der zwei bin dann wohl ich - das wurde mir dort bewusst. Nach dem traditionellen Abendessen im SefüLa wurden an die für immer gehenden Mitglieder des MAK Geschenke verteilt - dann gab es auch eines für mich: Ein kleines Lunchpaket mit Süßigkeiten als Wegstärkung. Und ganz zum Schluss - nach dem Betrachten einiger Bilder von vergangenen Aktionen dann Umarmungen und "tschüß bis im nächsten Jahr" und "melde Dich mal!". Und dann war das der letzte MAK-Abend und Gottesdienst in diesem Jahr für mich - der Abschied war genommen. Und das alles schneller als ich gedacht hatte...

In dem Überlebenspaket fand ich dann ein kleines Kärtchen mit einem Segensgebet, dass so gut und passend ist, dass es hier gleich weit oben am Anfang stehen soll:

           

            Gott, der Herr, schenke dir Kraft auf deinem Weg.

            Kraft aus der Höhe und der Tiefe,

            damit du deine Berufung spürst und deinen Schritten traust.

 

            Der Herr schenke dir Mut auf deinem Weg.

            Mut zum Hören und Stillwerden,

            damit du dir treu bist, wenn du sprichst und wenn du handelst.

 

            Der Herr schenke Dir Freundschaft auf deinem Weg.

            Gott schenke sie dir im Gebet und in der Nähe zu den Menschen.

            Gott halte dich in seiner schützenden Hand.

 

Damit ist eigentlich alles gesagt. Und mal ehrlich: Dextro-Energen & Co. geben zwar kurzfristig Kraft - aber liegt die ganze andere, große und unbeschreibliche Kraft nicht doch bei wem anderes...?

 

 

Freitag, 11. Juli 2008

Gegen Mittag kam heute eine E-Mail von der Auslandsabteilung der Tichon-Fakultät: Die Einladung ist nun fertig! Jetzt muss sie ganz schnell hierher, damit ich in vernünftiger Art und Weise weiterplanen kann! Wahrscheinlich wird dies auf dem Postwege passieren - was aber nicht unter 50$ kostet...

Etwas später rief dann einer meiner lieben Freunde - Philip Born - an um mir zu erzählen, dass er für eine Woche nach Moskau fliegt. Ich habe ihn dann gebeten, mir die Einladung von dort mitzubringen, ihm die Wegbeschreibung gemailt und versucht zu erklären, wo er ungefähr hin muss. Hier ist google-maps eine feine Sache, da die Gebäude recht klar zu erkennen sind. Und gleichzeitig habe ich eine Info an die Fakultät nach Moskau geschickt. Und damit ging ein kleiner Krimi los...

 

 

14.-17. Juli 2008

Keine weiteren Informationen aus Moskau - trotz Mails und vielen anderen Versuchen. Langsam werde ich nervös. Soll nun doch alles nicht klappen? Am Abend dann eine SMS, dass ohne Nachricht aus Moskau trotzdem der Versuch gestartet werden soll, die Einladung für das Visum abzuholen. Also: Noch ein E-Mail-Versuch, um die Fakultät dort zu informieren. Ich habe jedoch geringe Hoffnungen, weil dort ja Ferien sind. Am Mittwoch war von der KSHG in Münster die Semesterabschlussmesse im Dom: Für mich war dies wieder einmal eine Zeit, noch einmal die Sinne einzuschalten. Ich habe mir alles bewusst eingeprägt - da muss ich ja nun leider mehr als ein Jahr drauf verzichten. Aber ich bin mal gespannt, was mich anderswo erwartet. Am Tag darauf war dann auch die Vorlesungszeit für mich offiziell zu Ende: Die letzte Seminarsitzung vor meiner Reise.

Es kommen in letzter Zeit so viele kleine Abschiede für ein Jahr, die einem das Auslandsstudium bewusst machen. Hier eine Umarmung, dort noch einmal Händeschütteln und ein genauer Blick in das Gesicht meines Gegenüber.

 

 

Freitag, 18. Juli 2008

Als ich heute direkt von der Arbeit wiedergekommen bin um kurz nach Mittag, wurde gleich der Computer angemacht und ich habe meine E-Mails abgefragt. Es war tatsächlich eine Antwort aus Russland da - mit der Bitte, eine Kontaktnummer von Philip zu mailen. Und dann hat in Moskau alles seinen Gang genommen. Um 16 Uhr war dann eine Antwort in der Mailbox mit der Information, dass wohl alles abgesprochen sei und ich habe nach wie vor keine Ahnung, was genau die dort abgesprochen haben. Ich traue dem Braten immer noch nicht ganz. Gegen 21:45 Uhr kam dann die SMS, dass die Einladung tatsächlich in den Händen Philips ist! Jetzt gehe ich davon aus, dass ich damit am Mittwoch ins Reisebüro gehen und die Reise buchen kann. Zeit für Reisefieber!

An dieser Stelle sei Philip noch einmal ein ganz, ganz großes Dankeschön gesagt. Das war mir eine unbeschreiblich große Hilfe, die ich fast nicht wieder gut machen kann!

 

 

Samstag, 19. Juli 2008

Auch der Umzug von Münster nach Ostfriesland ist jetzt geregelt - ab dem 16.8. bin ich dann wohl fern der Wohnung, weile noch eine Zeit in Ostfriesland, bevor es dann von dort in das wohl größte Abenteuer meines Lebens geht. Mein Bruder hat einen 7,5-Tonner leihen können, den er dann auch selbst fährt!

 

 

Dienstag, 22. Juli 2008

Heute habe ich Philip angerufen und ich habe ihn erst einmal gründlich über Moskau ausgequetscht! Aber was dort in Sachen Einladung alles in Bewegung gesetzt worden ist, ist schon unbeschreiblich! Zunächst ist er am freitagmorgens zur Fakultät gegangen und hat sich dort durchgewurschtelt, bis er bei einer Anna ankam. Die erklärte, dass er leider an völlig falscher Stelle war, denn zwischen Tichon-Fakultät und International Relation Department gibt es offenbar doch Unterschiede - vor allem der, dass sie an verschiedenen Stellen in Moskau zu finden sind. Doch die besagte Anna hat alles organisiert, so dass Philip die Einladung abends - bis 18 Uhr - abholen konnte. Der Versuch, auf dem Rückweg den Weg abzukürzen, scheiterte, so dass er nach 18 Uhr dort war. Doch nach einigem Durchfragen wusste die Putzfrau, wo die Einladung liegt: Im Schreibtisch der Anna! Und so ist die Einladung doch noch nach Deutschland gekommen und Philip hat sie nach schwerer Bergfahrt gleich heute morgen zur Post gebracht! Nun hoffe ich, dass der Brief morgen ankommt und ich gleich nachmittags nach der Arbeit in Reisebüro gehen und die Reise buchen kann. Ich liebäugele doch tatsächlich damit, mit dem Zug zu fahren - mal schauen, was das wohl kostet!

Hier an dieser Stelle sei noch einmal allen Beteiligten dieser Aktion ein großes DANKE gesagt. Und ich muss doch noch einmal meine Verwunderung kund tun, was es für wundersame Fügungen gibt. Dass die Einladung auf diese Art und Weise hierher kommt, hat sich wohl keiner träumen lassen.

 

 

Mittwoch, 23. Juli 2008

14:13 Uhr: Es klingelt an der Haustüre - durch die geriffelte Türe erkenne ich einen gelben Transporter mit rotem Logo. Ich öffne. Ich halte die Einladung in meinen Händen!!!

17:50 Uhr: Ich verlasse das Reisebüro in Münster in der Nähe das Bahnhofs. Die Reise ist gebucht: Es geht am 26.08. um 14:30 von Düsseldorf gen Moskau. Jetzt ist der Termin konkret geworden. Die Gedanken am heutigen Abend: Was habe ich mir bloß jetzt wieder aufgehalst...

 

 

Sonntag, 27. Juli 2008

Das letzte Mal für die Stadtwerke arbeiten - auf der Linie N85 in Münster. Etwas Wehmut war dann doch dabei...

 

 

Dienstag, 29. Juli 2008

...und heute habe ich die Ergebnisse bei den Stadtwerken abgegeben. Aber natürlich nicht, ohne etwas Werbung zu machen, dass ich natürlich nach meiner Rückkehr gerne weitermachen würde. Und grade eben - kurz vorm ins Bett gehen - habe ich die Abmeldungs-E-Mail geschrieben verschickt. Bin ja bald nicht mehr in Münster zu erreichen:

"Hallo, alle zusammen!



WICHTIGER HINWEIS!

Ab voraussichtlich dem 1.9.2008 bis Ende Juni/Juli 2009 werde ich in
Moskau an der Hl.-Tichon-Fakultät studieren. Dementsprechend bin ich
insbesondere in der ersten Zeit nur schwer zu erreichen. Meine Wohnung
wird in Münster am 16.8. aufgelöst, so dass ich bis zum 26. August
telefonisch [...] bei meinen Eltern zu erreichen bin. Die
Post wird in der Zeit des Studiums von meinen Eltern verwaltet - daher
bitte ab etwa Anfang August folgende Adresse verwenden:

[...]


Die münstersche Festnetznummer wird aufgegeben, die Handynummer ab dem
1.9.2008 bis zu meiner Rückkehr vorübergehend stillgelegt - nach meiner
Rückkehr bin ich unter dieser jedoch wieder zu erreichen.
 

[...]

Während meiner Zeit in Moskau habe ich mir vorgenommen, eine Art
(un-)regelmäßiges Tagebuch zu führen und es ins Netz zu stellen. Es ist
auf meiner Homepage unter
www.andreas-brink.de/russland.htmzufinden
.
Rückfragen? Dann einfach mailen!

Mit lieben Grüßen (noch) aus Münster

Andreas Brink

PS.: Bei dem einen oder anderen werde ich mich noch melden. In letzter
Zeit herrschte bei mir etwas mehr Stress: Diplomprüfungen, zwei
Arbeitsstellen, Russisch lernen, Reisevorbereitungen... Ich bitte um
noch etwas Geduld!"
 

 

Freitag, 08. August 2008

Heute war der letzte Tag bei meinem geliebten Ferienjob bei der Müllabfuhr in Münster. Es war ein herzlicher Abschied dort mit vielen guten Wünschen für meine Zeit in Russland. Es wurde sogar Bedauern geäußert, dass ich im nächsten Jahr wohl dort nicht arbeiten kann. Aber für 2010 würden mir ebenfalls wieder Tür und Tor offen stehen. Das Resümee von diesem Mal ist eigentlich ganz in Ordnung: Viel Spaß gehabt, etwas Geld verdient, etwas für die Gesundheit getan, das Fett der letzten zwei Semester ist abgebaut (so etwa 6-7kg) und dementsprechend sind die Hosen jetzt wieder zu weit, die Kondition ist gut, wieder viel aus einer anderen Welt kennen gelernt und sogar einen Radiobericht im Studio von Antenne Münster aufgenommen [Radiobericht]. Und so ist wieder eine Etappe vor Russland genommen und die Zeit vergeht wie im Fluge.

Bis jetzt ist leider immer noch unklar, wo ich in Moskau wohnen werde. Das ist zwar etwas besorgniserregend, aber ich denke, dass es wohl noch irgendwie wird.

 

 

Mittwoch, 13. August 2008

An diesem Tag stand der Abschied in Münster an - es wurde noch einmal ein wenig gefeiert mit meinen lieben Freunden aus dem Studium. Dank der Hilfe Marks brauchte ich auch nicht soviel Getränkekisten tragen. So wurde es ein schöner Abend mit einer übersichtlichen Gruppe und ein guter Abschied. Und dem ein oder anderen konnte ich noch ein paar Sachen aufs Auge drücken, die ich gerne los werden wollte - vor allem Lebensmittel.

 

 

Donnerstag, 14. August 2008

Heute musste ich noch nach Osnabrück zu einem wichtigen Vorstellungsgespräch. Ich bin schon recht zeitig aufgestanden, um die ersten Sachen in Kartons zu verstauen, die ich so nach und nach von Aldi mitgenommen habe. Gegen Mittag musste ich dann los und war gegen Abend wieder da, wo die Packerei dann weiterging. Zudem habe ich den Kühlschrank abgetaut, wo wieder jede Menge Eis herauskam. Dadurch, dass ich das Eisfach auseinandergeschraubt habe, ging die Aktion aber recht schnell voran. Danach wurde mir bewusst, was sich innerhalb von drei Jahren Studium alles so in einer kleinen Studentenbude ansammeln kann. Das ganze Ausmaß sollte sich dann aber erst am nächsten Tag zeigen.

 

 

Freitag, 15. August 2008

Dieser Tag stand im Zeichen des Abschieds bei Oma in Emsbüren. So bin ich wieder zeitig aus dem Bett gefallen, um mich dann pünktlich auf den Weg zu machen. Vorher habe ich es tatsächlich noch geschafft, bei Karstadt vorbeizuschauen, wo es noch einen Gutschein einzulösen galt und noch ein wenig meine Karton weiter zu packen. Nach meiner Emsbürenfahrt ging es dann wieder in Münster ans Packen. Zum Glück hat Nathalie keine Mühen gescheut, noch nach Kinderhaus zu kommen und mir dabei zu helfen. Das war mir eine wirklich große Hilfe, weil die Nacht doch sonst wesentlich kürzer geworden wäre. Und ich konnte ihr noch ein paar Kleinigkeiten aufs Auge drücken... Dadurch, dass wir uns bei Aldi getroffen haben, konnte ich noch einmal einen großen Schwung Kartons aus dem Markt mitnehmen, die dann auch noch allesamt benutzt wurden. Nach einer Menge Chaos war dann fast alles in verpackt, so dass ich mich beruhigt schlafen legen konnte.

 

 

Samstag, 16. August 2008

An diesem Tag musste ich noch einige Reste verdrücken, den restlichen Abwasch machen und die restlichen Kleinigkeiten verstauen. Nachdem das meiste unten im Flur des Hauses stand, wurde dann die Wohnung gereinigt. Kurz bevor ich damit fertig war, kamen auch schon Gero und Matthias mit dem Kleinlaster, der dann recht bald mit meinen Sachen bepackt wurde. (Hier an dieser Stelle sei ein großes Dankeschön an Matthias und die Fahrschule Sann aus Emden gerichtet, die den Lastwagen gestellt hat.)

 

 

Montag, 18. August 2008

Nachdem ich am Sonntag noch einmal eine Mail nach Moskau geschrieben habe, kam heute die Antwort: Mir wurde ein Zimmer reserviert, dass sich etwa 10km südlich vom Stadtzentrum befindet - direkt bei einem Güterbahnhof. Und hier der Link zu google-maps: LINK; dann bitte dies kopieren und eingeben: "Москва, Иловайская улица":

Die Wohnung soll sich ungefähr beim roten A befinden... Doch es gibt einen Nachteil zu vermelden: Mit der Gewissheit, dass ich eine Unterkunft habe, ist leider auch die ganze Spannung weg...

 

Und jetzt die Größe Moskaus einmal im Vergleich zu Ostfriesland im gleichen Maßstab: Zunächst Ostfriesland...

... und jetzt Moskau:

 

 

Donnerstag, 21. August 2008

Der Koffer ist schon fast fertig gepackt und schon ist die nächste Hiobsbotschaft im Anmarsch: Jetzt zeigt der noch recht neue Koffer die ersten Mangelerscheinungen. Ich werde wohl jetzt doch noch nach Leer fahren müssen, um ihn umzutauschen... Das Kofferpacken an sich war aber schon wieder ein Erlebnis: Jede Unterhose wurde einzeln abgewogen, so dass ich möglichst grammgenau auf meine 35kg komme. Mit dem Gewicht komme ich aber offenbar recht gut klar!

 

 

Freitag, 22. August 2008

Welch ein Segen sind doch Freunde! Es gibt sie: von Saarbrücken bis Dresden und von Elmshorn bis ins tiefste Bayern1. Dazwischen und links und rechts davon sind noch viele andere zu finden. Mit Freunden kann man zusammen lachen, weinen, grübeln und einfach nur Dinge bequatschen. Und das, obwohl doch jeder von ihnen anders ist: Schule, Eisenbahn, Bundeswehr, Kirche, Aktionen, Arbeit, Ausbildung, Studium oder einfach nur Freund oder Freundin des anderen - und alles ist durch ein wundersames Band verbunden. Wer keine Freunde hat, ist - glaube ich - arm. Wem lange keine vergönnt waren und nun welche hat, der lebt im allergrößten Reichtum. Freunde kann man sich nicht kaufen, denn Freunde sind doch noch mehr als tausendmal mehr wert als alles Geld der Welt - zusammenaddiert natürlich. Für ein Geschenk oder einen Gefallen zum Beispiel kann man Danke sagen - auch wenn das Geschenk gar nicht so toll ist, dann siegt der Anstand. Was kann man zu einem Freund sagen? Danke? Da ist mehr als Dankbarkeit, da ist Geborgenheit, Herzenswärme und Glückseligkeit. Da kann ich nur von ganzem Herzen zu jedem einzelnen sagen: Es ist wunderschön, dass es Dich gibt. Aus diesem Grunde auch die Abschiedsfeiern - die eine in Münster, die andere heute im gelobten Land, in Ostfriesland. Auch wenn ich nicht jeden einladen konnte - man möge es mir verzeihen - so haben doch alle einen Platz bei mir gefunden. Und seid Euch sicher, ich habe Euch bestimmt nicht vergessen und werde es auch nicht. Aber ich glaube, ich werde Euch alle ganz schön vermissen... Und so bleibt mir eigentlich nur ein Herzenswunsch für jeden von Euch:

 

 

Möge die Straße uns zusammenführen

und der Wind in Deinem Rücken sein;

sanft falle Regen auf Deine Felder,

und warm auf Dein Gesicht der Sonnenschein.

 

Und bis wir uns wiedersehen,

halte Gott Dich fest in seiner Hand;

und bis wir uns wiedersehen,

halte Gott Dich fest in seiner Hand.

 

Führe die Straße, die Du gehst,

immer nur zu Deinem Ziel bergab;

hab', wenn es kühl wird, warme Gedanken

und den vollen Mond in dunkler Nacht.

 

Und bis wir uns wiedersehen,

halte Gott Dich fest in seiner Hand;

und bis wir uns wiedersehen,

halte Gott Dich fest in seiner Hand.

 

Bis wir uns 'mal wiedersehen,

hoffe ich, dass Gott Dich nicht verlässt;

er halte Dich in seinen Händen,

doch drücke seine Hand Dich nie zu fest.

 

Und bis wir uns wiedersehen,

halte Gott Dich fest in seiner Hand;

und bis wir uns wiedersehen,

halte Gott Dich fest in seiner Hand.

 

(kath. Soldatengesangbuch Nr. 211)

 

Samstag, 23. August 2008

Heute wurde der Koffer weiter gepackt. So langsam werde ich doch nervös. Vor allem, wenn man müde ist, kommt man stark in grübeln, ob das alles zu schaffen ist. Darum gehe ich heute lieber früh schlafen und freue mich dann morgen wieder auf Russland. Außerdem möchte ich morgen noch einmal meine Heimat-Kirchengemeinde genießen!

 

 

Sonntag, 24. August 2008

Heute habe ich mich in meiner Kirchengemeinde verabschiedet. Gerade sie bedeutet für mich auch ein Stück Heimat und Geborgenheit, ja sie ist sogar ein Teil, dass ich mit zu Hause verbinde. Am Schluss wurde (nicht angemeldet) dieses Lied gesungen:

1. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott, / sei mit uns auf unsern Wegen. / Sei Quelle und Brot in Wüstennot, / sei um uns mit deinem Segen, / sei Quelle und Brot in Wüstennot, / sei um uns mit deinem Segen.
2. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott, / sei mit uns in allem Leiden. / Voll Wärme und Licht im Angesicht, / sei nahe in schweren Zeiten, / voll Wärme und Licht im Angesicht, / sei nahe in schweren Zeiten.
3. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott, / sei mit uns vor allem Bösen. / Sei Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft, / sei in uns, uns zu erlösen, / sei Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft, / sei in uns, uns zu erlösen.
4. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott, / sei mit uns durch deinen Segen. / Dein Heiliger Geist, der Leben verheißt, / sei um uns auf unsern Wegen, / dein Heiliger Geist, der Leben verheißt, / sei um uns auf unsern Wegen.

Es wäre ja auch nicht so, dass ich dieses Lied nicht gut finden würde - im Gegenteil!

 

Die Zeit der Verabschiedungen ist ganz klar gekommen und es sind auch schon die ersten Tränchen geflossen. Zwei Abschiedsmails, die ich einfach total toll und aufbauend finde:

mion andreas,

zunächst einmal wollen andrea und ich uns für den schönen abend gestern bei dir bedanken. 
war wirklich sehr gemütlich.

wir wünschen dir für deine zeit in russland alles gute und hoffen, dass du 
dort gut zurecht kommen wirst...aber da machen wir uns eigentlich keine sorgen. 
wir haben wirklich großen respekt vor dem was du da machst, denn wir glauben die wenigsten 
wären bereit einen solchen schritt zu tätigen, ganz alleine in einem fremden land.

Also lass dich nicht beirren, schreib ab und zu und vor allem: komm gesund zurück!

liebe grüße

andrea und jörg
 
oder diese hier:
 
Hallo Andreas, 

ich wollte dir nochmal schreiben, bevor du "auswanderst"  :-)  
Wie hat dir denn deine Abschiedsparty gefallen? Ich war gestern super müde  ;-)  
Aber das liegt auch am Arbeiten. [...]
Hoffe, du bist nicht allzu traurig Ostfriesland für eine Weile zu verlassen und dass deine 
Vorfreude größer ist. ich hoffe jedenfalls, dass du gesund wieder kommst und dass wir 
uns möglichst bald wiedersehen  :-)  Vielleicht ja schon im Mai?! ;-))

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute und viel Spaß in Russland und dass du viele 
interessante Menschen triffst (natürlich nicht so interessant wie wir ;-))) ) 
Mach´s gut und melde dich mal, wenn du da bist und zwischendurch und so  :-) 

Liebe Grüße
Inga
 
diese Kleinigkeiten sind es, die für mich einfach total wichtig sind und die ich so ungemein aufbauend finde. 

 

Montag, 25. August 2008

Es ist der Tag vor der Abreise und der Abschiede. So war ich heute z. B. im Supermarkt in Oldersum, wo ich mich verabschiedet habe und ich habe noch das ein oder andere Telefonat geführt. Bei Nachbarn war ich auch noch kurz, die mir ebenfalls alles Gute gewünscht haben. Überraschenderweise mit einer "kleinen Wegzehrung, denn der Mensch lebt nicht allein vom Brot". Das war mir soviel wert, dass ich noch einmal rübergegangen bin...

Nun ist die Zeit gekommen, die Koffer gepackt, alles zu erledigende ist erledigt, der Computer wird gleich ausgeschaltet und erst in Russland wieder angemacht. Die Gefühlslage ist so, dass mein Magen Kopf steht und nicht mehr so recht weiß, ob er Hunger hat oder nicht. Kurz: Ich bin ganz schön nervös.

Die nächste Meldung kommt dann also aus dem größten Land der Erde. 

 

 

2.) Ein neues Kapitel wird aufgeschlagen

 

Dienstag, 26. August 2008

Als ich am Morgen den Frühstückstisch sah, da wusste ich, dass noch etwas Besonderes bevorstand: Es standen Eierbecher und die Brötchenschale auf dem Tisch. Mein Bruder hatte noch Brötchen geholt und so gab es noch ein gemeinsames Frühstück im Kreise der Familie, bevor dann der endgültige Abschied bevorstand (ich dachte ja, dass der Abschied von Matthias schon am Vorabend passiert wäre). Und so flossen dann doch noch ein paar Tränen, bevor ich dann Oldersum für zehn Monate verlassen habe. Im Zug gab es hin und wieder auch ein paar Tränen, vor allem als meine Mutter mir noch ein kleines Kreuz mit auf den Weg gab, dass mich beschützen sollte. Es ist ihr Kommunionkreuz, dass schon lange in Familienbesitz ist. Auf der Fahrt nach Münster simste mir dann noch eine liebe Freundin, die ich dann noch kurz angerufen habe und mich so von ihr verabschieden konnte. Der Flughafen Düsseldorf rückte immer näher und damit der Abschied von meinen Eltern. Das Gepäck wurde aufgegeben - mein Übergewicht machte das Flughafenpersonal stutzig, weil ich doch schon im Voraus gezahlt hatte und dies eigentlich unüblich ist. Anschließend bin ich mit meinen Eltern noch essen gegangen, was wohl der größte Flop war, den ich in den letzten Jahren erlebt habe: das Essen auf dem Teller sah aus, als wäre er in der Spülmaschine nicht sauber geworden: Schinkenscheiben mit "Altöl" (so ähnlich stand es in der Karte) und etwas Feldsalat obendrauf. Ein riesengroßer Teller - nur fast ohne Essen. Und dafür sollte man dann 15,90€ bezahlen. Den Kellner habe ich nachher nicht angelogen!

Nach einem tränenreichen Abschied und viel Gewinke aus der Handgepäckschleuse heraus und einem letzten Umdrehen zu meinen Eltern war ich dann verschwunden und saß ziemlich bald in dem A320 von Blue Wings - der überraschend leer war und gen Moskau abhob. Als ich das letzte Mal deutschen Boden gesehen habe, da bin ich noch einmal kurz richtig traurig geworden, habe mir dann aber die wichtigsten Vokabeln für den Tag herausgesucht und mich abgelenkt. Und so ist der Flieger dann pünktlich nach etwa 2,5 Stunden Flug in Moskau gelandet. Nach dem Ausstieg bin ich ohne weiteres durch den Zoll und alle anderen Formalitäten gekommen. Dann ging das Abenteuer aber erst richtig los: Laut der Fakultät sollte ich am Flughafen abgeholt werden, doch leider kam auch nach einer dreiviertel Stunde Warterei keiner. Auch auf die Durchsagen reagierte keiner. Bis ich mit einem Mann ins Gespräch kam, der seine Freundin abholen wollte und auf sie wartete. Er konnte gut englisch sprechen und er hat mir geholfen, in der Fakultät anzurufen - zum Glück hatte ich mir den Flyer noch eingesteckt am Morgen. Es ging sogar noch jemand ans Telefon und mit dem hat der Mann - also Juri - gesprochen und es stellte sich heraus, dass die mich völlig vergessen hatten. Inzwischen war auch schon Juris Freundin gekommen. Er hat mich kurzerhand gefragt, ob ich ihm vertrauen würde - er würde mich zu meiner Unterkunft bringen. So gingen noch ein paar Telefonate hin und her und dann war alles geritzt: Wir ab in sein Auto wo die Freundin schon wartete, dann hat er die erst weggebracht in den Westen der Stadt und dann mich in den Süden in das Studentenwohnheim. Während der Fahrt haben wir uns prächtig unterhalten und so habe ich schon ein wenig Moskau bei Nacht kennen gelernt. Auf diesem Wege bin ich ins Studentenwohnheim gekommen. Die Fakultät hat sich in mehreren SMS schon entschuldigt, dass ich nicht abgeholt wurde und hat sich auf der Fahrt zum Wohnheim ständig nach mir erkundigt. Nun also ein erster Eindruck von hier:

Die Stadt Moskau unterscheidet sich offenbar kaum von deutschen oder westeuropäischen Städten: Es ist eine glitzernde Stadt, an jeder Ecke funkeln und blinken bunte Lichter, es gibt Geschäfte, viel Verkehr (auch nachts), wie in Münster Verkehrsringe... Leider sind die Straßen recht kaputt und das Fahren im Auto aufgrund der anderen Verkehrsteilnehmer schon sehr rabiat und wenig rücksichtsvoll.

In meinem (?) Zimmer, in dem ich gelandet bin, befinden sich zwei Betten, die Wände sind gelblich getüncht, ich habe große Fenster, zwei Schränke, einen Schreibtisch, Strom. Es ist alles recht einfach, aber ganz bestimmt nicht schlecht. Soeben war ich noch duschen, habe noch etwas gegessen und jetzt geht es gleich zu 01:00 Uhr Ortszeit ins Bett.

Letztendlich bin ich heute einem Menschen begegnet, der mir sehr geholfen hat und dem ich aus irgendwelchen Gründen innerlich sofort vertraut habe: Juri. Er hat sich mir nicht aufgedrängt oder ich mich ihm, sondern für ihn war dies eine Selbstverständlichkeit, auch wenn sie ihn mehr als zwei Stunden zusätzliche Fahrt gekostet hat. Und ich konnte ihm dafür noch nicht einmal was geben - er hätte es auch trotz allem nicht haben wollen. Vielleicht hat das Kreuz meiner Mutter ja doch seinen ersten Sinn erfüllt...

 

 

Mittwoch, 27. August 2008

Nach einer etwas unruhigen Nacht habe ich zunächst meinen Eltern die ersten Eindrücke und vor allem die Ereignisse des letzten Tages erzählt, bevor ich mich dann mit Professor Sudov getroffen habe, der mir dann erst das Wohnheim gezeigt hat. Anschließend haben wir noch gemütlich bei einer Tasse Tee beisammen gesessen. Dann ging es auch schon los mit der Elektritschka - so etwas wie eine S-Bahn - und der Metro in die Stadt zu seinem Büro, wo dann die ersten wichtigen Dinge wie die Registrierung erledigt wurden, anschließend hat er mit mir zusammen eine SimCard gekauft und mir den Roten Platz gezeigt. Als ich dort war, merkte ich das erste Mal, dass ich in Moskau angekommen bin. Das sind dort schon sehr eindrucksvolle Gebäude, vor allem die Basiliuskathedrale mit ihren bunten Türmen. Leider war das Wetter nicht so gut, so dass ich noch keine tollen Fotos machen konnte, doch eines soll nicht vorenthalten werden:

 

Ankunft auf dem Roten Platz. Ich bin in Moskau!

 

Nachdem wir noch ein Handy gekauft haben - denn das Handy der Telekom funktioniert mit der Karte nicht - ging es dann zurück in Richtung Wohnheim. Dahin hat mich der Mitstudent Ivan mitgenommen und ab dem Zeitpunkt war es dann fast nicht mehr möglich, eine andere Sprache außer russisch zu sprechen und so musste ich mich dann das erste Mal richtig an die Sprache gewöhnen.

Im Wohnheim angekommen wurde mir dann gleich ein anderes Zimmer zugewiesen, weil ich die Nacht vorher nur in einem Gästezimmer geschlafen habe. Mein Zimmer befindet sich in der zweiten Etage und ist ein Einzelzimmer mit Blick in den Hof des Wohnheims. Ivan hat mir dann noch geholfen, die Sachen von dem ersten Nachtquartier in die zweite Etage zu bringen und nachdem ich diese in den Schränken verstaut habe, kam dann auch schon ein anderer Student - Kostja - mit dem ich dann einkaufen gegangen bin. Wir waren in einem riesigen Einkaufszentrum in der Nähe, in dem man so ziemlich alles kaufen kann. Dort habe ich mir dann eine Grundausstattung zugelegt - oder zumindest soviel, wie wir schleppen konnten.  Darunter ist ein Topf, eine Bratpfanne, Teller, eine Tasse, Besteck, ein Schneidebrett, usw. Ach ja - und natürlich Heftzwecken, damit ich meine Ostfrieslandflagge aufhängen konnte!

Wieder zu Hause angekommen, habe ich erst einmal versucht mein Zimmer in Ordnung zu bringen, doch es dauerte nicht lange und ich wurde zum Pelmeni essen eingeladen in die zweite Etage. (Hier muss man wissen, dass in Russland die erste Etage eigentlich das Erdgeschoss ist, die zweite Etage die erste usw. Dementsprechend werde ich jetzt die russische "Etagenzählung" einführen. Wenn ich also in der dritten Etage wohne, dann ist im deutschen die zweite gemeint). Dort traf sich dann die ganze Etage (bzw. der Teil, der aus den Ferien wieder zurück war) und wir haben uns noch ziemlich lange miteinander bekannt gemacht. Bevor ich dann ins Bett gegangen bin, musste ich natürlich noch zu Hause Bericht erstatten. Letztendlich endete der Abend mit einer Verabredung, am kommenden Tag in die Kirche zu gehen.

 

Was sind jetzt die ersten Eindrücke von Moskau? Die Stadt ist unwahrscheinlich groß und für mich noch völlig unübersichtlich - in jedem Fall aber stark westlich orientiert, nicht nur europäisch sondern zu guten Teilen auch amerikanisch.  Überall sind viele Menschen und es herrscht recht viel Stress. Tückisch ist für mich alles, auf dem man läuft: Die Wege und Treppen sind nicht alle eben und auf jedem vermeintlich geraden Platz finden sich verstecke Stolperfallen. Ansonsten habe ich den Eindruck, dass die Studenten hier sehr hilfsbereit sind und mir unter die Arme greifen, wo es nur geht. Sobald ich eine Frage habe, kann ich mich an jeden wenden und mir wird geholfen. Hier herrscht schon ein gewisses Gefühl von Geborgenheit und Hilfsbereitschaft. Besonders eindrucksvoll sind für ich die Metro-Stationen: In der Innenstadt sehen sie sehr gepflegt aus und mancherorts wie ein Museum mit Skulpturen oder großen Kronleuchtern an der Decke. Mit der Elektrischka fahren ist für jeden ein Ereignis, der sich für (n)ostalgische Züge interessiert und macht wirklich viel Spaß. Mit der U-Bahn verhält es sich recht ähnlich.

Ich denke, dass ich mir hin und wieder mal ein spezielles Thema herauspicke und mehr darüber schreibe.

 

 

Donnerstag, 28. August 2008 - Mariä Himmelfahrt

Am Vorabend wurde ja ausgemacht, dass ich mit einem Mitbewohner zur göttlichen Liturgie in die Stadt fahre, da die Orthodoxe Kirche am 28. August das Fest Mariä Himmelfahrt feiert. So ging es dann mit Elektrischka und Metro zur theologischen Fakultät in der Novokusnjetzkaja Ulitza, auf deren Gelände auch die Fakultätskirche steht. Von innen ist diese Kirche reich an Ikonen und mit viel Gold ausgeschmückt, alles in allem eine wirklich schöne Kirche. Um zehn Uhr startete dann die Liturgie und die Kirche war bis oben hin voll. Insbesondere die Stimme des Diakons war unbeschreiblich, schön tief und laut; ein Mikrofon hatte er nicht nötig. Doch auf einmal war der Gesang vorbei, der eine Teil der Gemeinde ging aus der Kirche hinaus und der Rest drängte nach vorne zu einem der sieben oder acht anwesenden Priester. Der Grund ist, dass bevor orthodoxe Christen kommunizieren erst das Sakrament der Beichte empfangen. Nun war es aber so, dass dort bestimmt 100-150 Leute standen, was recht lange dauerte. Doch trotz dass vorne noch viele Leute standen, ging der der Liturgie vorstehende Priester auf einmal wieder in den Altarraum hinter die Ikonostase und die Liturgie ging mit dem Austeilen der Kommunion weiter. Nach dem Segen hielt der vorstehende Priester noch eine recht kurze Predigt und somit habe ich die erste Liturgie in der Universitätskirche miterleben dürfen, was wie in Münster, München und Datteln wieder unbeschreiblich schön war. 

Nach dem Kirchgang habe ich mich dann mit Juri Valerjewitsch, also Prof. Sudov, getroffen. [An dieser Stelle nun wieder eine Erklärung: In Russland ist die Anrede untereinander mit Herr und dem Nachnamen - wie Herr Brink - ungewöhnlich und wird nur Ausländern gegenüber praktiziert. Hier wird der Name mit Vorname und Vatersname gebildet - in meinem Fall wäre das dann Andreas Clemensejewitsch. Offiziell im Pass oder auf russischen Dokumenten würde das so stehen: Brink, Andreas Clemensejewitsch. Bleiben wir also künftig bei der russischen Form der Anrede.] Ganz kurz habe ich dann auf dem Uni-Gelände Frau Kulkova getroffen, die ich in Münster ja ein wenig betreuen durfte. Anschließend haben wir zusammen die für verschiedene Dinge notwendigen Fotos gemacht, die übrigens mit 140 Rubel für sechs Bilder im Vergleich zu Deutschland sehr günstig sind. Danach habe ich mich dann alleine auf den Weg nach Hause gemacht, was gar nicht so leicht war. Meine Idee war, über den Roten Platz zu der Metro-Station zu gehen, von der aus ich schon einmal zum Kursker Bahnhof gefahren bin. Auf dem Weg dahin bin ich auch über die Brücke gekommen, von der man aus die Kreml-Mauer sehen kann, die oft in den Nachrichten im ersten und zweiten Programm erscheint:

 

Kreml-Mauer mit den Regierungsgebäuden innerhalb des Kremls.

 

Nicht weit entfernt ist die Christus-Erlöser-Kirche, wie die Kreml-Mauer am Fluss Moskau.

 

Nachdem ich den Roten Platz überquert hatte, habe ich auch einen Metro-Eingang gefunden, leider war es jedoch der falsche. Was ich bis dato nicht wusste, war folgendes Problem: Wenn man in der Moskauer Metro umsteigt, müssen die Stationen noch lange nicht den gleichen Namen haben. Das bedeutet, dass man unter Umständen aus der Metro ganz herausgeht, ein paar Meter durch die Stadt läuft, um dann wieder vom Erdboden verschluckt zu werden. Und an dieser Stelle gab es jetzt also drei Stationen - natürlich war erst die dritte und für mich am meisten verstecke die richtige. Das hatte ja schon recht viel Zeit in Anspruch genommen. Nun dachte ich, auf Bahnhöfen kenne ich mich aus, das wird ein Kinderspiel. Vom Kursker Bahnhof wollte ich dann mit der Elektritschka zum Bahnhof Pererwo fahren, in dessen Nähe das Wohnheim ist. Doch selbst das war nicht so einfach, zumal ich erst nicht wusste, dass es je Richtung einen Elektritschka-Fahrkartenschalter und davon zwei gibt. So stand ich erst am falschen und musste etwas suchen. Dann hatte ich den richtigen aber im "Keller" gefunden, eine Karte gekauft und bin dann das erste Mal alleine nach Hause gekommen bzw. im Moskauer Verkehrssystem unterwegs gewesen.

Irgendwie hatte ich aber noch recht viel Schlafnachholbedarf, so dass ich mich dann erst aufs Ohr gelegt habe. Nach dem Aufstehen wollte ich dann eigentlich erst an diesem Tagebuch schreiben, sah dann aber den angekündigten Lastwagen (mit deutscher Werbeplane für das Urlaubsland Hessen) mit den Betten, die auszuladen waren. Die waren zwar schon fast fertig, ich habe aber dann doch noch schnell mit angepackt. Vielleicht kamen wir dann aufgrund meiner Arbeitsweise auf meine Jobs bei der Müllabfuhr und auf der Meyer-Werft zu sprechen...

Anschließend war ich mit Kostja und Roman einkaufen im gleichen Supermarkt wie gestern. Vor allem ein Kopfkissen wollte ich haben, weil das Wohnheimeigene zu Beulen am Kopf in der letzten Nacht geführt hatte. Nach dem Einkaufen wurde dann der Tag mit einem gemeinsamen Abendessen in der Flurküche beendet.

 

Auch an diesem Tag fühle ich mich wieder gut umsorgt von Juri Valerjewitsch und auch den anderen Mitstundenten im Wohnheim. Die Menschen hier sind einfach unheimlich gastfreundlich, zuvorkommend und einladend. Man braucht nur ein wenig fragend oder unsicher schauen, dann fragen sie schon, ob sie mir behilflich sein können. Das fing schon am Morgen an, dass ich mitgenommen wurde zur Kirche, dann beim Fotos machen und letztlich abends beim Einkaufen. Beim gemeinsamen Essen ist es oft so, dass ich von den anderen etwas zu Essen angeboten bekomme, so dass ich mir selbst angewöhnen muss, wohl etwas mehr zu kaufen, damit ich auch teilen kann. Eigentlich ist immer jemand um mich herum, der sich um mich kümmern möchte, obwohl er ja auch ob meiner Sprachschwächen völlig genervt sein könnte. Und jeder versucht den letzten Brocken Deutsch aus sich herauszukramen, den er irgendwann einmal in der Schule gelernt hat. Das kann im nächsten Moment immer wieder für eine Überraschung sorgen. Was für mich allerdings sehr ungewohnt ist, dass ich doch recht häufig auf die Zeit des Nationalsozialismus angesprochen werde, allerdings nicht so verhalten, wie es in Deutschland geschehen würde, sondern sehr direkt und offen. Die Fragen gehen oft in die Richtung, wie nationalsozialistisch Deutschland denn (noch) ist. Mit meinem verminderten Vokabular fällt es mir jedoch schwer, in angemessener Weise mit diesem Thema umzugehen. So unangenehm mir dies manchmal ist (vielleicht aus der Angst heraus, selbst damit in Verbindung gebracht zu werden), umso mehr habe ich den Drang, mich diesem Thema zu stellen.

Was übrigens für mich auch sehr interessant ist: In jedem der Zimmer gibt es einen Herrgottswinkel, auf dem Ikonen stehen - selbst in der gemeinsamen Küche. So gibt es dort einerseits eine solche Ecke, aber auch einfach zwei Papierstreifen, wo zwei oder drei Ikonen draufgedruckt sind. Viele verneigen sich vor dem Essen vor den Ikonen und bekreuzigen sich mehrmals. Hier zeigt sich mir eine gewisse Spiritualität und ein bestimmt großer Glauben, so dass ich auch hier noch etwas lernen kann.

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0allg. Hinweis.: Bezüglich der Übersetzung einiger Wörter vom russischen ins deutsche, gibt es meinerseits einige ungewöhnliche Übersetzungskonstruktionen. Diese sollen sich, ich hoffe, dass es mir gelingen möge, an der Aussprache orientieren. So wird aus der russischen Mensa, der Stolowaja (столовая) bei mir eine Stalowaja, da in diesem Wort das "o" (das hier unterstrichen ist) betont wird. Ein weiterer Fehler, über den wir uns hier schon amüsiert haben, ist dieser: "Я буду писать письмо. (Ja budu pißaht/pihßet knigu)." Betont man das "a" (писать), bedeutet der Satz: "Ich werde den Brief schreiben"; liegt die Betonung aber auf dem "и" (das deutsche i / also писать), lautet die Übersetzung: "Ich werde den Brief pinkeln". Das gibt wenig Sinn, aber viel Spaß und Verwirrung.

1Korrektur: Sie kommt natürlich nicht aus "dem _tiefsten_ bayern, sondern aus dem _wunderschönen_ bayern, dem paradies!!"

 

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