7.) Feier- und Festtage

 

 

Mittwoch, 24. Dezember 2008 - Heiligabend

Nach dem Essen in der Stalowaja ging mein Weg nach Hause und alles Geplante ist wieder einmal über den Haufen geworfen worden. Zunächst habe ich die Elektritschka verpasst und musste über 50 Minuten auf die nächste warten und dann sollte ich mit einer Mitarbeiterin der Hausverwaltung zur Post gehen und das Paket abholen. Ich habe es erhalten - es war tatsächlich ein Fehler der Post, die vergessen hatten, meinen Namen auf den Abholschein zu schreiben. Rechtzeitig zum Fest konnte ich aber das Paket meiner Eltern in Händen halten. Gott sei Dank! Zurück im Wohnheim blieb nur noch Zeit, den Gabentisch vorzubereiten und die Lebensmittel für das Abendessen zu sortieren.

Dann war ich pünktlich in der Heiligen Messe um 19 Uhr und nach und nach trudelten einige Kommilitonen ein, Lena saß schon in der Bank. Leider habe ich dann mit Stephan alleine gestanden, weil sich in der Kirche alles verlaufen hat - es war einfach viel zu voll. Mit Elena bin ich dann nach draußen gegangen, wo die Priester das Jesuskind in die Krippe gelegt haben. Und kurz darauf ging ein Feuerwerk los - Lena und ich haben uns nur noch verständnislos angesehen, haben wir doch ein ganz anderes Verständnis der Heiligen Nacht - ich kenne sie vielmehr als stille Nacht, so wie sie im Lied beschrieben wird.

 

Begrüßungsfeuerwerk zur Geburt Christi...

 

Alles in allem war die Messe nicht schön, weil sie eigentlich keine besonderen Elemente enthalten hat, außer dem Feuerwerk, dass ich aber völlig daneben und unpassend fand. Es wurde in der Kirche viel fotografiert, geredet, hin- und hergelaufen - eigentlich war es völlig stimmungslos und ich hatte den großen Wunsch, Weihnachten in meiner Heimatgemeinde in Oldersum zu feiern. Zum Abschluss wurden wir mit dem Jesuskind, dass eben noch in der Krippe lag, gesegnet. Sehr gefreut habe ich mich allerdings, dass Elena, Pjotr, Andrej, Stephan und Evgenij mit in die Kirche gekommen sind.

Zurück im Wohnheim habe ich dann schnell Pizzabrote, Salat und Obstsalat zubereitet und mein Zimmer zu Ende hergerichtet. Und dann habe ich mit Oleg, Dmitri, Pjotr, Stephan und Evgenij gemeinsam Weihnachten gefeiert. Nach dem Essen haben wir "Stille Nacht, Heilige Nacht" gesungen und dann habe ich die Geschenke - für jeden ein Kreuz und eine deutsche Bibel - verteilt und meine geöffnet. Darin enthalten waren jede Menge Schwarzbrot und andere Brotsorten, selbstgebackene Kekse, Foto-CD's Zeitungsausschnitte, Sachen vom Gallimarkt, Marzipan, Süßigkeiten - alles Sachen, die nicht zurück in die Heimat müssen! Nun ist mein Lebensmittelschrank wieder voll aufgefüllt und ich werde zukünftig die Türe wohl gut abschließen müssen. Und ganz zum Schluss des Abends - hier quasi um kurz vor zwei in der Nacht - noch nach Hause telefoniert. Alles in allem war es ein schöner Abend, nur der kirchliche Teil hat mir überhaupt nicht gefallen.

 

Gabentisch.

 

Weihnachtsfeier mit Evgenij, Dmitri, Stephan, Oleg und dem fotografierenden Pjotr.

 

 

Donnerstag, 25. Dezember 2008 - Weihnachten

Heute Morgen bin ich vom Klingeln des Weckers wach geworden, ich wollte ja heute mit meiner Familie übers Internet telefonieren, was wir drei Stunden später umgesetzt haben. Auf der Hinfahrt zu meinem Internet-"Stammplatz" hatte ich den Eindruck, dass die anderen Moskauer auch wohl Weihnachten gefeiert haben könnten, denn die Elektritschka und Metro war wesentlich voller als sonst um 11 Uhr am Vormittag. Anschließend war ich in der Stalowaja essen und habe einem Freund mein Weihnachtsgeschenk überreicht, der sich sehr darüber gefreut hat. Anschließend bin ich zu Elena in die Gemeinde gefahren, wo sie sich in der "Schule", also dem Gemeindehaus, auf Klausuren vorbereitete. Sie hat meine Geschenke nicht ausgepackt, das wird sie erst am orthodoxen Weihnachtsfest machen. Von ihr habe ich eine schöne Bibel in einem besonderen Einband geschenkt bekommen - in typisch russischem Stil - und eine kleine Christus-Ikone, die ihren Platz in der Ikonenecke gefunden hat. Anschließend bin ich zurück zur Universität gefahren, wo ich Olga getroffen habe, die ebenfalls ein Geschenk von mir bekommen hat - und ein bisschen Marzipan, über das sie sich sehr gefreut hat. Während meine Freunde die Geschenke ausgepackt haben - jeder hat ein kleines Holzkreuz bekommen - hat gleich nach dem Auspacken das Kreuz entweder geküsst oder sich bekreuzigt. Das war wieder der Punkt, wo ich von der tiefen Frömmigkeit überrascht war.

Anschließend habe ich den Heimweg angetreten, in einem kleinen Geschäft in der Nähe der Elektritschka-Station ein für die Fastenzeit üppiges Essen mitsamt Eis gekauft und dies dann im Wohnheim genüsslich gegessen. Morgen geht's dann mit der Fastenzeit weiter, sofern ich sie einhalte. Den Abend habe ich dann mit dem restlichen Aufräumen der Wohnung verbracht und habe einfach mal die Seele baumeln lassen. Und ich habe mich ein wenig auf den morgigen Tag vorbereitet, da ja morgen meine ersten Gäste hier eintrudeln werden. Darauf freue ich mich schon, vor allem, weil ich viel Zeit für sie haben werde, da keine Vorlesungen mehr stattfinden bis nach den Ferien.

Im Laufe des Abends kam dann überraschend ein Mitbewohner in mein Zimmer und schenkte mir zum Fest eine Tasse zu Weihnachten. Auch sonst habe ich heute viele Weihnachtsgrüße entgegengenommen von meinen Kommilitonen. Es haben aber auch viele nachgefragt, ob ich kein Heimweh hätte. Dazu lässt sich nur sagen, dass ich schon gerne daheim gewesen wäre, aber auch kein Heimweh gehabt habe, da ich hier von der Heiligen Messe abgesehen ein schönes Weihnachtsfest im Kreise meiner Freunde gefeiert habe.

 

Frohe Weihnachten aus Russland!

 

 

Freitag, 26. Dezember 2008 - Weihnachten

Nun ist es endlich soweit, heute sind Sonja und Ludwig, meine ersten Gäste, angekommen! Um das ein wenig vorzubereiten, bin ich heute etwas eher in die Stadt gefahren und habe mich ein wenig bei den Sehenswürdigkeiten rund um den Kreml kundig gemacht, wann diese aufhaben. Da heute das erste Mal seit Tagen die Sonne schien, habe ich gleich ein paar Fotos gemacht. Nach dem Mittagessen in der Stalowaja bin ich dann mit der Elektritschka zum Flughafen Domodedovo gefahren. Kurz nach dem Paveljetzker Bahnhof habe ich dann aus dem Zug im Gleisbereich eine Person gesehen, die wohl vor ein paar Stunden dort verunglückt sein muss, zumindest standen die Gliedmaßen in allerlei Richtungen und der Kopf wies eine große Platzwunde auf. Da stand schon jemand dabei und die Miliz kam gerade dazu. Nun ist es hier nicht der Fall, dass die Leiche irgendwie verdeckt oder die Strecke gesperrt wird - alles läuft hier normal weiter. Im Flughafen Domodedovo habe ich dann einen Milizionär gefragt, wo denn die Fahrkartenausgabe sei. Er stand direkt daneben, wusste es aber genau so wenig wie ich. Ich war sehr überrascht, dass er mir sein Ticket geschenkt hat und dass er so freundlich war. So habe ich 200 Rubel gespart.

Der Weg zum Hotel gestaltete sich als recht kompliziert, da wir voll in den Berufsverkehr gekommen sind und die beiden recht große Koffer dabei hatten. Dennoch hat alles sehr gut geklappt und wir hatten zusammen einen Heidenspaß. Nach dem Einchecken ins Hotel haben ich die beiden zum Roten Platz geführt. Auf dem Weg dorthin habe ich extra eine der schönsten Stationen ausgesucht, wo wir ausgestiegen sind - die Station "Platz der Revolution". Dort kamen wir dann direkt beim Weihnachtsmarkt heraus, den ich am Morgen ausfindig gemacht hatte. Dort stand ein bunter Weihnachtsbaum, der für mich schon typisch geworden ist, der aber in der Tat recht ungewöhnlich, weil er nach unserem Verständnis kitschig ist. Und dann kamen wir auf den Roten Platz, wo alles herrlich beleuchtet war. Auch für mich war es ein besonderes Erlebnis, den Platz mal bei Nacht betrachten zu können. Zum Schluss haben wir dann noch bei meinem Internetplatz ein wenig zu Abend gegessen und eingekauft. Zum Erstaunen der beiden lässt sich in dem Supermarkt fast alles kaufen, was es auch in Deutschland gibt. Vor allem von den Biersorten, die aus Deutschland und Bayern importiert worden sind, waren sie begeistert. Auch ich bin es immer noch, obwohl die Preise ebenso erstaunlich hoch sind.

 

Die zentrale Messehalle.

 

Der Alexandrinische Garten.

 

Beim Alexandrovski Sad (Alexandrinischer Garten) über dem Kaufhaus "Ochotnij Rjad".

 

Ein handbetriebenes Riesenrad.

 

Ein Restauranteingang unweit des Roten Platzes.

 

Kaufhaus GUM - herrlich von der Sonne angestrahlt.

 

Die Kasanskaja Kirche.

 

Das historische Museum auf dem Roten Platz.

 

Die Basiliuskathedrale im winterlichen Mittagslicht und nach Wochen wieder im Sonnenschein.

 

Das weihnachtlich beleuchtete Kaufhaus GUM.

 

Und so sieht die Basiliuskathedrale in der Nacht aus.

 

Der Rote Platz abends.

 

Das Leninmausoleum, die Kremlmauer und ein Teil des Senatsgebäudes und einer der Kremltürme.

 

Die Dreifaltigkeitskirche nachts - jetzt sind mehr Leute da als tagsüber.

 

Eisschollen auf der Moskva - direkt vorm Kreml.

 

 

Samstag, 27. Dezember 2008

An diesem Morgen fiel mir das Aufstehen sehr leicht, da ich wusste, dass mich heute ein spannender und lustiger Tag erwartet. Es ging am gestrigen Abend ja schon sehr lustig zu und heute sollte sich dies wiederholen. So habe ich die beiden dann im Hotel abgeholt, musste jedoch ein wenig warten, weil sie sich etwas verschlafen hatten. Da Ludwig sich eine Fellmütze kaufen wollte, sind wir zuerst auf den Markt am Jaroslawler Bahnhof gefahren, wo wir jedoch so früh noch nicht viel gefunden haben. So haben wir uns die Station Komßomolskaja angeschaut und sind dann zum Roten Platz aufgebrochen. In den Metros war nicht viel los, da ja Wochenende war, so dass die Stadt heute recht ruhig war. Bevor wir unser Ziel erreicht haben, sind wir erst noch auf den Weihnachtsmarkt gegangen, wo die Händler von Souvenirs uns schon fast bedrängt haben. Letztlich konnte ich Ludwig und Sonja aber davon überzeugen, dass es so etwas in Sergiew Possad günstiger gibt. Am Roten Platz angekommen mussten wir jedoch feststellen, dass dieser gesperrt war. So haben wir uns zunächst die kleine Dreifaltigkeitskirche angeschaut, wo gerade ein Gottesdienst gefeiert wurde und sind dann ins Kaufhaus GUM gegangen, dass schon beinahe übertrieben mit Weihnachtsbaumschmuck dekoriert war. In der Mitte stand ein riesiger und bunter Weihnachtsbaum. Wobei die beiden fast jeden Weihnachtsbaum, der in der Stadt stand, aufgrund seines Kitsches bewundert haben. Aber auch ich schaue mir die Dinger oft mit einer gewissen Fassungslosigkeit an. Dann haben wir einen Großteil der Zeit damit verbracht, doch noch eine Möglichkeit zu finden, um auf den Roten Platz zu kommen, aber es ließ sich nichts machen - alles war weiträumig abgesperrt. So sind wir dann in die Christus-Erlöser-Kathedrale gefahren und haben uns die angeschaut, aber auch die Katakomben darunter, wo auch ein Museum zu finden ist, dass vom Neubau der Kathedrale erzählt.

 

Der zugefrorene Kanal.

 

Der Kreml und die Moskau.

 

Die Christus-Erlöser-Kathedrale.

 

Ein orthodoxer Weihnachtsbaum.

 

Der Kreml.

 

Haus in der Nähe des GUM.

 

Stilisierter Weihnachtsbaum.

 

Das Leningradskij Hotel.

 

Im Neujungfrauenkloster.

 

Blick auf das südliche Tor.

 

Anschließend sind wir zum Essen in die Mensa gefahren und haben dort gemütlich zu Mittag gegessen. Beim anschließenden Gang durch die Fakultät habe den beiden den Ort in Moskau gezeigt, an dem ich mich am allerliebsten aufhalte und wo ich mich wohl fühle. Als wir die Mensa verlassen haben, sangen ein paar meiner Kommilitonen am Ausgang russische Volksweisen und so haben wir genau einen Moment erwischt, der gezeigt hat, dass das Leben dort so schön und so ungezwungen ist. Wir haben uns auch die Nicolai-Kirche und danach die Studentenkirche, die Dreifaltigkeitskirche angeschaut. In dem Geschäft "Orthodoxes Wort", in dem ich oft meine Bücher und Studienmaterialien einkaufe, haben sich Ludwig und Sonja mit einigen Ikonen eingedeckt. Der Dame an der Kasse musste ich dann erst erklären, nachdem sie gefragt hat, welche Ikone wir suchen, dass das westliche Verständnis etwas anders ist. Während hier in Russland eine bestimmte Ikone gesucht wird, suchen wir "Westler" lieber eine Ikone, die für uns schön aussieht oder haben beispielsweise die Gottesmutter Maria im Kopf, suchen dann aber nach der Schönheit der Ikone aus.

Nach dem Ikoneneinkauf sind wir mit der Metro ins Neujungfrauenkloster gefahren, das wir uns dann in der Dämmerung angeschaut haben. Es war herrlich dort - es lag für meine Verhältnisse viel Schnee, so dass wir herrliche Fotos machen konnten. Dort habe ich Sonja dann eine Bibel gekauft und dem Ludwig ein kleines Gebetbuch - beides in kirchenslawischer Schrift, um den beiden den Unterschied der Sprachen darzustellen. Mehr oder minder zum Tagesabschluss sind wir in die Vetschernaja ins Sretenskij-Kloster gefahren, wo ein sehr guter Männerchor singt. Diese fing jedoch erst eine Stunde später an als mir gesagt worden ist, so dass ich während der Liturgie, die beide sehr gut durchgestanden haben, wenn auch mit leichten Rückenschmerzen (was aber recht normal ist am Anfang), hat sich Sonja als Kerzendame sehr gut bewährt. Wir standen direkt neben einem Kerzenständer und immer wenn eine Kerze bis auf einen kleinen Rest abgebrannt war, hat sie diese ausgemacht und aus dem Ständer genommen und so die Babuschka unterstützt, die nicht an alle Kerzen drankam, weil es so voll war. Etwas befremdlich für die beiden war es jedoch, dass sie beim Ölkreuz die Ikone und die Hand des Priesters geküsst haben, eine Tradition, die wir in der katholischen Kirche nicht (mehr) kennen.

Zum Abschluss des Tages sind wir dann Essen gegangen und anschließend nach Hause gefahren, wo ich dann nur noch ein paar Stichwörter in mein Internettagebuch geschrieben habe und dann todmüde ins Bett gefallen bin - aber dankbar für den wunderschönen Tag, den wir gemeinsam erlebt haben. Der Tag wurde heute gekrönt durch das herrliche Wetter, das wir heute hatten - es schien das erste Mal seit Wochen wieder die Sonne, so dass bestes Fotowetter war. So schön wie die Sonne nach all den dunklen Tagen war, ebenso kalt war es aber auch.

 

 

Sonntag, 28. Dezember 2008

In der letzten Nacht ist wieder etwas Schnee gefallen - ich für meine Verhältnisse würde es als viel bezeichnen. Es liegen hier jetzt bestimmt über fünf Zentimeter und kalt ist es dabei auch noch. Sonja, Ludwig und ich haben uns heute morgen in der Metro-Station Textilschschiki getroffen und sind dann direkt zur Nicolai-Kirche aufgebrochen. Vorher sind wir aber noch in einem Steh-Café gewesen und haben einen Kaffee zum wachwerden getrunken. Zwischendurch rief Ludger an, da er die Kirche nicht auf Anhieb gefunden hat und es offensichtlich in der Nähe noch eine Nicolai-Kirche gibt. Während der Liturgie muss er auch irgendwann gekommen sein. Besonders imposant fanden Sonja und ich die kräftige und tiefe Stimme des Vaters Michael, der in unserer Gemeinde der Erzdiakon ist. Zur Beichte und Kommunion sind wir nach draußen gegangen, da sich alle die Beine ein wenig vertreten wollten. So gab es dann in der Kirche ein Wiedertreffen mit Sonja, Ludger und mir - alles Zielke-Schüler der Russisch-Kurse der Universität in Münster. Ludger hat uns dann mit seinen beiden Freunden bekannt gemacht, die drei sind noch einkaufen gegangen für ein Picknick im Zug und dann sind wir auch schon aufgebrochen nach Sergijew Possad. Leider konnten wir den Rest der Liturgie nicht mehr mitbekommen, weil sie eine halbe Stunde später angefangen hat und unser Zug kurz vor eins gefahren ist. Olga, die eigentlich mitfahren wollte, hat leider abgesagt, weil sie total müde und auch etwas krank war. Das fanden wir alle sehr schade. So sind wir dann zum Bahnhof gehetzt, ich habe die Fahrkarten gekauft und dann so wir recht knapp unseren Zug bekommen und dort ausführlich gegessen. Während der Zugfahrt kamen wie immer fliegende Händler vorbei - einer hat sogar Fahrpläne verkauft. Ich hatte vor einigen Wochen ja versucht, einen von der Strecke zu bekommen, aber keinen Erfolg gehabt. So konnte ich dann rechtzeitig einen guten Zug für die Rückfahrt heraussuchen. Den ganzen restlichen Tag hat es dann etwas geschneit, so dass letztendlich alles in ein weißes Gewand getaucht ist, das Wetter zum fotografieren aber leider nicht sonderlich geeignet war.

Als wir dann in Sergijew Possad angekommen sind, haben Ludwig, Sonja und ich uns zunächst ein typisches russisches Eis gekauft, dass wir zum Erstaunen der anderen drei dann natürlich auch gegessen haben, trotz der klirrenden Kälte. Dann sind wir zum Kloster aufgebrochen, wo wir dann zunächst den Markt vorm Kloster unsicher gemacht haben. Hier ist es nämlich möglich, Souvenire wesentlich günstiger zu kaufen als in Moskau auf dem Weihnachtsmarkt oder an vielen anderen Stellen - und zudem kann man hier recht gut die Preise herunter handeln, was ich wir dann auch versucht haben. Ludwig und einer von Ludgers Freunden haben sich eine russische Mütze gekauft und so einige Matrioschkas - ich selbst habe mir ein Ikonen-Ei gekauft mit dem Hl. Nikolaus, dem Patron unserer Universitätskirche. Anschließend sind wir in das Kloster gegangen und haben dort eine Fototour gemacht, da es mittlerweile schon fast vier Uhr war und es anfing, dunkel zu werden. Irgendwann wurde uns die Kälte zu viel und wir sind in die älteste der Kirchen gegangen und haben den Hl. Sergij von Radonesch dort verehrt. Die Gelegenheit haben wir genutzt, weil wir nur etwa zehn Minuten in der Warteschlange gestanden haben. Üblich sind sonst mehrere Stunden - vor allem an Feiertagen und Sonntags. Anschließend waren wir in der Studentenkirche, wo der Fakultätschor sang, wollten dann noch in die große Kirche gehen, die aber schon geschlossen war. Wir haben dann im Kloster ein Café gefunden, wo wir Tee und Kaffee getrunken haben und ich ein leckeres Gewürzgebäck gegessen habe. Das Kloster war aufgrund der Kälte nur schwach besucht, so dass es dort an diesem Tag ruhig und angenehm war - aber eben auch sehr kalt.

Um halb sieben sind wir dann gemeinsam mit dem Zug zurück nach Moskau gefahren, wo sich dann unsere Wege schon wieder getrennt haben, aber nicht ohne ein Foto vom Zielke-Kurs gemacht zu haben. Anschließend sind wir noch einkaufen gewesen - wie üblich bei Ramstor. Wodka, den die beiden kaufen wollten, gibt es den Geschäft aber nicht - hier war ich selbst verwundert - und in den kleinen Buden um die Station Novokuznetskaja auch nicht - ich war ich noch mehr verwundert. Auch in dem Supermarkt in der Nähe deren Hotel haben sie keinen gefunden, so dass wir das auf den nächsten Tag verschoben haben. An diesem Abend war ich zwar wieder recht müde, aber auch früh zu Hause. So konnte ich ein wenig im Tagebuch schreiben und einiges nachholen, musste aber auch noch die Küche sauber machen, so dass ich an dem Abend weniger geschafft habe, als ich mir gedacht habe. Und ich bin wesentlich später ins Bett gekommen, als geplant. Während dem Küchendienst bin ich von einem Mitbewohner nach Rostow eingeladen worden, zum Geburtsort des Heiligen Sergij von Radonesch, was ich natürlich gerne angenommen habe. Er wohnt dort wohl in der Nähe und nun bin ich sehr gespannt auf diesen Ausflug!

Alles in allem war dieser Tag ein schöner Tag, wenn er auch eisig kalt war und wir ziemlich gefroren haben. Leider gab es an diesem Tag kein so schönes Fotowetter wie am Tag zuvor. Das alles hat der Laune aber überhaupt keinen Abbruch getan. Als wir in Moskau zurück waren, habe ich in einer Ecke einen Mann gesehen, der auf dem Boden ohne Unterlage und so weiter schlief, der dann aber von einem Wachmann geweckt wurde - wie üblich recht ruppig mit sachten Fußtritten und mit kräftigem Rütteln und Schütteln. Das ist Moskau auch: Auf der einen Seite funkelt und blitzt es vor Lichtern und im Rücken in der dunklen Ecke ist das Elend zu finden, wenn man sich nur einmal umdreht.

 

Winter in Moskau.

 

Eis essen in Sergijew Possad.

 

Das Kloster im Winter.

 

Der Hof mit dem Brunnen.

 

Dieser Ausflug wird mir als sehr kalt in Erinnerung bleiben. Auf dem Weg zur Heiligenverehrung.

 

Das Kloster hat auch im Winter seine Reize.

 

Die "Zielke-Russisch-Gruppe": Sonja, Ludger und ich.

 

 

Montag, 29. Dezember 2008

Heute Morgen rappelte wieder um sieben Uhr der Wecker, ich habe aber erst zehn Minuten später die Überwindung gefunden, aus dem Bett zu steigen. Nach den morgendlichen Ritualen - Waschen, Frühstück mit Ostfriesentee, Rasieren, Sachen packen - bin ich dann pünktlich, aufgrund einer Verspätung der Elektritschka, in der Station Textilschschiki angekommen und wurde dann von Sonja angerufen, dass ich doch ins Hotel kommen solle, weil sie noch einige Fragen hätte. Anschließend sind wir dann direkt zum Kreml gefahren und haben Eintrittskarten gekauft. Hätte ich doch bloß gewusst, dass der internationale Studentenausweis gültig ist, so hätte wenigstens Sonja weniger bezahlen müssen. Als wir die Karten hatten, durften zunächst nur Kinder herein und wir haben uns dorthin gestellt, wo ich den Einlass vermutet habe. Als es dann losging, mussten wir uns noch einmal ganz hinten anstellen. In dem Moment hatte ich dann wieder die Warteschlange beim Abschiednehmen vom Patriarchen Alexej II. vor Augen. Wir haben dann aber schnell den Kutafija-Turm hinter uns gelassen und sind über die Brücke, die einmal über einen Fluss führte, der jetzt unterirdisch verläuft, durch den Troizkij-Turm in den Kreml gelangt. Vor uns tat sich dann der Neueste Bau im Kreml auf, nämlich der große Kremlpalast, ein Bau aus Sowjetzeiten. Das Haus wird durch einen goldenen Adler geschmückt. Links an den Mauern des Arsenals waren dann verschiedenen Kanonen zu sehen, die einst den Kreml geschützt haben. Die dickste und größte, die Zarenkanone, dagegen ist von absolut beeindruckender Größe, ebenso die schwerste Glocke der Welt, die Zarenglocke. Aus ihr ist ein Stück herausgebrochen, nachdem sie bei einem Brand aus dem Turm gefallen ist, eingeschmolzen wurde und bei einem weiteren Unfall dann zerbrach. Anschließend waren wir in der Erzengelskathedrale, wo Fürsten und Zaren aufgebahrt werden. Wenn die Kirche doch recht gut erhalten ist, so merkt man, dass sie in unliebsamen staatlichen Händen ist. Es sieht dort längst nicht so feierlich aus, wie in einer Kirche in der kirchlicher Hand. Ich fand es dort ziemlich rumpelig und lieblos gepflegt. Diesen Eindruck hatte ich auch von der Maria-Entschlafungskathedrale, wo der Zarenthron, der Patriarchenthron und der Thron von Iwan dem Schrecklichen zu sehen sind. Auch hier war alles gut erhalten, aber lieblos aufgemacht und für eine Kirche eher traurig anzusehen. Vor den Ikonen brannten übergroßes elektrisches Licht, die Kerzenleuchter sind verwittert und glanzlos - da zeigt sich die liebevolle Arbeit der Babuschkas in den anderen "kirchlichen" Kirchen doch stark. So prächtig der Kreml an vielen Stellen auch ist, in den Kirchen hat es mir nicht sonderlich gut gefallen. Inzwischen hatte wieder Schneefall eingesetzt und so sind wir dann in die Rüstkammer des Kremls gegangen, wo ich schon eher einmal mit Elena war.

 

Die Maria-Verkündigungs-Kathedrale.

 

Die Zarenglocke.

 

Teil des Senats.

 

Die Kirche "Zur Gewandlegung der Gottesmutter".

 

Die Maria-Himmelfahrts-Karthedrale.

 

Die Zarenkanone.

 

Der Troizkij-Turm - der Haupteingang zum Kreml.

 

Der Glockenturm "Iwan der Große" im Kreml.

 

Anschließend sind wir in unsere Stalowaja gefahren, wo wir so einige meiner Freunde getroffen habe - Dmitri hat sich dann zu uns gesetzt und wir haben uns noch etwas mit ihm unterhalten. Nach dem Essen habe ich noch kurz jemanden getroffen und Sonja ist dann schon alleine in die Garderobe gegangen. Dort hat sie Nina getroffen, die ihr dann alles mögliche erzählt hat. Nur hat Sonja, wie ich am Anfang auch, überhaupt nichts verstanden, nur dass sie eine ganz liebe Babuschka vor sich hat. Anschließend wollten wir in die Basiliuskathedrale auf dem Roten Platz gehen, doch kurz nach dem Aufbruch und Wodkakauf der beiden rief Andrej an, der uns dann mit dort begleitet hat. Dort haben wir dann für jeden Studenteneintrittskarten bekommen und haben uns dann die Kirche, die eigentlich neun miteinander verbundene Kapellen darstellt. Sie wurde zwischen 1552 und 1561 erbaut durch Zar Iwan den Schrecklichen, der den Architekten die Augen ausstechen ließ, damit sie nicht noch ein schöneres Bauwerk errichten konnten. Die Kirche wird auch "Steinerne Blume" genannt oder die "Maria-Schutz-und-Fürbitte-Kathedrale". Anschließend sind wir noch in den Alexandrinischen Garten gegangen, haben uns dort um- und eine Wachablösung gesehen. Anschließend waren wir noch schnell einkaufen und sind dann mit der Metro zur Zarenresidenz nach Zarizino gefahren am Rande Moskaus. Dort haben wir das Schloss nur aus der Ferne gesehen und uns einen Blick in den Park genehmigt. Anschließend sind wir müde von den vielen Fußmärschen und der Kälte nach Hause gefahren. Durch den Schnee, der auch in der letzten Nacht gefallen war, war der Park in eine wunderschöne Landschaft getaucht, die sich im Dunkeln nur erahnen ließ. Da ich früh wieder zu Hause war, habe ich nun die Zeit gefunden, wenigstens etwas im Tagebuch zu schreiben. So habe ich heute den Bericht vom heutigen Tag geschrieben und hoffe, dass ich gleich noch wenigstens einen weiteren Tag schaffe. Aber ganz so spät soll es heute nicht mehr werden.

 

Der Spasskij-Turm mit dem Glockenspiel.

 

Sessel für die Aufsicht in der unbeheizten und zugigen Maria-Schutz-und-Fürbitte-Kathedrale.

 

Ikonostase in der Basiliuskathedrale.

 

Wandmalerei in der Kirche.

 

Die Basiliuskathedrale (Maria-Schutz-und-Fürbitte-Kathedrale).

 

Das Kaufhaus GUM.

 

Tore zum Roten Platz.

 

Wachablösung am Grab des unbekannten Soldaten.

 

Neujahrsbaum, Weihnachtsbaum, Christbaum oder einfach nur Kitsch?

 

 

Weihnachtsbaum, Basiliuskathedrale, Spasstij-Turm, Lenin-Mausoleum und Kremlmauer - der Rote Platz an einem Winterabend.

 

Eingangstor zum Alexandrinischen Garten.

 

 

Dienstag, 30. Dezember 2008

Auch dieser Tag begann wieder um sieben Uhr und um 9:30 Uhr habe ich Ludwig und Sonja an der Station Pererwa abgeholt, damit sie ihre Sachen bei mir einschließen konnten. Die Administratorin des Wohnheims hat sogar erlaubt, dass Sonja mit in unseren Männertrakt darf und so konnte ich ihnen zeigen, wie ich hier lebe. Dann sind wir in die Stadt gefahren und haben uns noch einmal den Roten Platz angeschaut und anschließend wollten wir in die noble Einkaufsstraße Arbat gehen, sind aber in der Tverskaja Uliza gelandet, was ich viel zu spät gemerkt habe, so dass wir den Arbat dann drangegeben haben. Dort haben wir das Museum für neue Zeitgeschichte gesehen, das Sonja und Ludwig sich auch noch gerne anschauen wollten, sind dann aber zur Post weitergelaufen und haben danach einige Metrostationen besichtigt - zunächst die Station "Majakovskaja", dann "Belorusskija", "Novoßlabodskaja" und die Station "Prospekt Mira". Auf dem Weg zur nächsten Station - "Dobrininskaja" haben wir in der Mensa Rast gemacht und zu Mittag gegessen und nach dem Essen die Deutschprofessorin Ludmilla Simonovna getroffen, die begeistert von Bayern erzählt und damit bei meinen Gästen voll ins Schwarze getroffen hat. Bevor den Museumsbesuch angegangen sind, haben wir noch uns noch die restlichen Stationen der Ringlinie angeschaut, wobei die Station "Kiewskaja" die bei weitem Schönste und prächtigste ist. Zwischendurch wurden wir von der Miliz aufgehalten, weil es angeblich verboten ist, dort zu fotografieren. Nach einer Passkontrolle bei Sonja und mir und dem Löschen des gemachten Fotos durften wir dann wieder gehen und ich habe unauffällig weiter fotografiert, wobei Sonja und Ludwig Schmiere gestanden haben, falls die Miliz auftaucht. Den prächtigen Kiewer Bahnhof haben wir uns auch angesehen und sind dann noch zu den Stationen "Park Pobedij" und "Clavanskij Boulvard" herausgefahren, weil es dort auch schöne Stationen gibt - aber alle ebenfalls von der Miliz bewacht, so dass wir aufgrund der wenigen Fahrgäste nur eingeschränkt fotografieren konnten.

Nach dem Museumsbesuch, für den nur eine Stunde blieb, sind wir einkaufen gefahren und haben den Abend noch an meinem Internetplatz ausklingen lassen. In Abstimmung mit den Schließzeiten des Wohnheims habe ich die beiden dann zum Leningradsker Bahnhof gebracht, wo wir uns dann voneinander verabschiedet haben. Nun hoffe ich, dass sie einen vernünftigen Platz in einem guten Zug erhalten haben. Jetzt bin ich traurig, dass die Tage schon so schnell vorüber gegangen sind, da halfen noch nicht einmal die Geschenke, die ich von Dmitri und Evgenij geschenkt bekommen habe: Ein Buch über Weihnachten, eine gelbe Weihnachtskugel und einen Ikonenkalender. Aber auch wenn ich jetzt traurig bin, so will ich mich freuen über die schöne und lustige Zeit, die wir miteinander verbracht haben. Dass die beiden hier waren, war für mich ein ganz großes Weihnachtsgeschenk, an dem ich mich bestimmt noch lange erfreuen werde. Es gibt aber noch einen zweiten Punkt: Nun habe ich es selbst das erste Mal richtig geschafft, die Sehenswürdigkeiten in Moskau zu fotografieren und zu bestaunen - auch wenn ich davor schon viel gesehen habe. Aber so komprimiert und auf ein paar Tage zusammengequetscht war es für mich eine Premiere.

Heute habe ich eine Beobachtung gemacht, die mir seit einigen Tagen immer mehr Sorgen macht. Der Wert des Rubels sinkt immer mehr - am 26.12. lag er noch bei etwa 1:39,50, am heutigen Morgen waren es im Schnitt 1:42,50 und am Abend zeigten dann schon viele Wechselstuben einen Wert von 1:45,00 oder sogar mehr an. Und vor einigen Geldautomaten habe ich eine lange Schlange gesehen. Ich will doch morgen mal schauen, ob mich mein Gefühlt täuscht, dass momentan was passiert. Mir kann es ja recht sein, dass der Rubel wenig wert ist - dennoch werden die Preise hier wahrscheinlich über kurz oder lang steigen werden, vor allem für Importprodukte, von denen es hier sehr viele gibt.

 

Station "Belorusskaja"

 

An den Decken werden weißrussische Szenen, Bräuche und Trachten gezeigt.

 

Mosaik in der Station "Novoßlabodskaja".

 

Der Zentralsaal "Novoßlabodskaja".

 

Glaskunst in der Station "Novoßlabodskaja".

 

In der Station "Prospekt Mira".

 

Fliesenkunst in der Station "Prospekt des Friedens".

 

In der Kiewskaja der Refrain der Nationalhymne und Lenin.

 

Mosaik in der "Kiewskaja".

 

Wer will da nicht Kuh sein...? - Ebenfalls in der "Kiewskaja".

 

Die Mittelhalle der Station Kiewskaja der "Dunkelblauen Linie".

 

Deckenrandmosaik - ebenfalls in der "Kiewskaja".

 

Futuristisch: "Slavanskij Boulevard".

 

Triumphbogen am Park Pobedij.

 

 

Mittwoch, 31. Dezember 2008 - Silvester(?)

Den Vormittag habe ich zunächst mit Ausschlafen verbracht, weil die beiden Tage doch recht anstrengend, aber doppelt so schön gewesen sind und mit dem Schreiben des Tagebuchs und einigen Mails, die ich unbedingt verschickt haben wollte. Anschließend war ich dann im Internet, wo ich eine Flut von Mails erwartet habe, die aber zu meiner großen Verwunderung ausgeblieben ist. Lediglich die Bücher, die ich im Internet verkaufe, haben für Mails gesorgt, da die Verkaufszeit abgelaufen ist. Sie werde ich morgen erneut hereinstellen, da sich mit ihnen manchmal gutes Geld verdienen lässt. Natürlich habe ich auch wieder Nachrichten gelesen und habe ein besonderes Augenmerk auf Russland und die Finanzkrise geworfen, aber nichts gefunden. Zudem habe ich heute gesehen, dass die Kurse wieder gefallen sind. Daher habe ich dann auch noch einmal Geld abgehoben, nicht dass der Kurs wieder fällt. Bevor ich essen gehen wollte, wurde ich von Oleg, Dmitri, Andrej und anderen Bekannten zurückrufen - sie saßen ebenfalls dort, nur hinter einem anderen Pfeiler versteckt, so dass wir uns gegenseitig gar nicht bemerkt haben und feierten das Neujahrsfest. So habe ich mich dazugesetzt und ein Bierchen mitgetrunken und bin dann in die Mensa gefahren, wo ich gegessen habe - an für sich die Reste, die noch da waren. Dort wurde fleißig geputzt und gewienert, da morgen die Stalowaja geschlossen hat. Anschließend bin ich ins Wohnheim gefahren, wo so gut wie keiner war - alle Freunde sind zu Hause. Diejenigen, die da sind, werden auch nicht feiern, da das Neujahrsfest noch als kommunistisches Fest angesehen wird, wie mir Egor erzählt hat. Aus diesem Grund ist hier heute Abend überhaupt nichts los. Ein bisschen eigenartig ist das schon für mich. Im "nichtorthodoxen" Moskau knallt es schon ein wenig und die ersten Raketen werden in die Luft geschossen. Allerdings ist es nicht so wie in Deutschland, dass schon kurz nach dem Weihnachtsfest "angefangen wird zu üben", damit am eigentlichen Silvester auch alles gut läuft. Viel feiern könnten wir ohnehin nicht, da Vater Philip hier im Haus ist, so dass die Gefahr eines Verweises aus dem Wohnheim recht groß ist. So habe ich den Nachmittag und Abend damit verbracht, Mails zu beantworten - all das, was vor und nach Weihnachten liegen geblieben ist - und habe im Tagebuch weitergeschrieben und Fotos ergänzt, die ich am Vormittag vergessen hatte.

So ist aus diesem Tag nur in dem Sinne kein normaler Tag, weil das Wohnheim so gut wie ausgestorben ist. An dieser Stelle wünsche ich allen Lesern ein gutes neues Jahr, das Euch und Ihnen Gesundheit, Glück, Zuversicht und Gottes reichen Segen bringen möge. Beenden möchte ich dieses Jahr - jetzt ist es 23:44 Uhr - mit einem Gedicht, dass ich heute von einem "Baufinanzier" in einer Mail erhalten habe:

 

Das alte Jahr vergangen ist,
das neue Jahr beginnt.
Wir danken Gott zu dieser Frist.
Wohl uns das wir noch sind!
Wir seh`n auf`s alte Jahr zurück
und haben neuen Mut:
Ein neues Jahr, ein neues Glück.
Die Zeit ist immer gut.
Ein neues Jahr, ein neues Glück.
Wir ziehen froh hinein.
Und:
Vorwärts, vorwärts, nie zurück!
Soll unsre Losung sein.
Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

 

 

Donnerstag, 01. Januar 2009 - Neujahr

Die erste "Amtshandlung" an diesem Tag war, dass ich allen, die auf meiner Etage im Wohnheim waren, meine Neujahrswünsche gebracht habe und bei meinen Freunden, von denen ich wusste, dass sie zusammen feiern, kurz angerufen habe. Dort war die Freude sehr groß, als Marco am Telefon erstaunt "Bundi?!" rief. So habe ich noch mit jedem ein kurzes Wörtchen sprechen können - mehr saß nicht drin, weil das Guthaben auf dem Handy sonst dahin fließt.

Am heutigen Morgen bin ich um neun Uhr aufgestanden, habe in aller Seelenruhe gefrühstückt und dabei in dem Eisenbahnheft gelesen, dass Sonja und Ludwig mir mitgebracht haben - so etwas gibt es hier in Russland scheinbar nicht - nur einzelne Artikel, wie der im Geo-Heft. Auf dem Weg zur Elektritschka am frühen Nachmittag habe ich dann wieder den Zug gesehen, der die Schienen vom Schnee freipustet. Von einer solchen Konstruktion habe ich in bislang keinem Internetforum gehört oder gelesen. Ich finde es nur bemerkenswert, dass das Wägelchen von zwei jeweils sechsachsigen Diesellokomotiven bewegt wird.

 

Die Schneeräummaschine(rie).

 

Die Stadt ist aufgrund des Feiertages heute so gut wie leergefegt, es waren genügend Plätze in der Elektritschka und in der Metro frei, es lief keiner im Weg herum und so war ich fast 15 Minuten schneller in der Stadt als sonst üblich ist. Erst habe ich eingekauft und dann habe ich im Internet mit meiner Familie telefoniert und ein paar Mails verschickt und neue beantwortet.

Als ich wieder zurück im Wohnheim war, wollte ich mir was zu Essen machen, doch sobald ich den Herd betätigte, sprang die Sicherung heraus. Lediglich eine Herdplatte habe ich flott bekommen. Zwischendurch kam der Computerprofi unserer Etage zu mir und wollte den LokSimulator ausprobieren, mit dem ich hin und wieder herumspiele. Und dann wollte er mir unbedingt seine "bessere" Version zeigen, von der ich aber noch lange nicht überzeugt bin. Ich denke, dass ich bei meinem alten bleibe! Sonst ist heute eigentlich nichts passiert.

Zum Jahresanfang sind einige Preise gestiegen. So kostet eine Fahrt mit der Elektritschka jetzt nicht mehr 9,50p. für Studenten, sondern 11,00p, auch die Metropreise sind drastisch angestiegen - um fast ein Drittel von 180p. auf 255p. Und auch die Stalowaja wird vom 10. Januar an ihre Preise um 20p. anheben. Auch das tägliche einkaufen scheint mir teurer geworden zu sein, zumindest habe ich heute kein Obst mehr unter 50p. je kg kaufen können. So gesehen fängt das Jahr 2009 überhaupt nicht lustig an, dennoch sind die Preise für den öffentlichen Personennahverkehr nicht übertrieben hoch, wenn man es an den Preisen der Deutschen Bahn AG misst, die auch ständig die Preise erhöht.

Heute hatte ich den ganzen Tag mal leichte, mal stärkere Kopfschmerzen. Ich scheine mich neu erkältet zu haben oder auf dem Wege dahin zu sein. Irgendwie möchte ich meine Erkältung so langsam mal ad acta legen!

 

 

Freitag, 02. Januar 2009

Heute morgen bin ich um etwa neun Uhr wach geworden und habe nach dem Frühstück noch mein Zimmer ein wenig aufgeräumt, bis ich dann um etwa elf Uhr zur Elektritschka gegangen bin, da ich ja den Küchendamen versprochen hatte, ab zwölf Uhr bei ihnen in der Küche zu werkeln. Auf dem Weg zur Elektritschka wehte ein scharfer und schneidender Wind bei einigen Minusgraden. Dafür schien heute den ganzen Tag die Sonne - mit dem Schnee eine wunderschöne Kombination!

Heute war in der Stalowaja so wenig zu tun, dass ich mich fast schon beschwert habe und so wurde ich zum Kartoffeln schälen in den Keller geschickt, wo ich dann etwa drei Stunden geschält habe. Dabei sind mir so einige interessante Gedanken für mein Studium gekommen und einen Fragebogen, den ich gerne entwickeln möchte. Bevor ich mich mit Andrej, Masha und ihrer Schwester zum deutsch sprechen getroffen habe, habe ich diese Gedanken noch aufgeschrieben - dabei sind mehr als zwei Seiten entstanden. Vielleicht sollte ich öfter mal Kartoffeln schälen - mal ganz alleine in der Stille sein ist recht produktiv und Ideen gebend. Nun hoffe ich, dass ich genügend Zeit und Ruhe finde, um den Bogen zu komplettieren und spruchreif zu machen.

Während ich in der Stalowaja vor der Arbeit gegessen habe, hat sich unsere Kassiererin mit mir unterhalten und wieder einmal versucht, mich zum orthodoxen Christen zu machen. Ich habe ihr versucht zu sagen, dass ich in jedem Fall Katholik bleibe und dass sie das langsam verstehen müsse. Es kommt zwar recht oft vor, dass ich auf das Thema angesprochen werde, aber bislang nur von Studenten oder Mitarbeitern der Universität - noch nie von einem Geistlichen. So gut es mir auch in der orthodoxen Kirche gefällt und ich mich mit deren Glauben gut identifizieren kann - an mir werden die sich die Zähne ausbeißen: Ich bleibe Katholik!

Bei dem Deutsch-Treffen wurde mir von Masha das Angebot gemacht, dass ich bei deren Familie übernachten nach der Weihnachtsliturgie in der Nacht schlafen darf - das habe ich natürlich zu gerne angenommen und mich sehr darüber gefreut. So werde ich das Weihnachtsfest also in der Universitätskirche St. Nicolai verbringen, wo ich mich jetzt schon sehr drauf freue! Es wird bestimmt eine lange, aber auch sehr schöne Nacht werden!

Als ich wieder zurück im Wohnheim war, habe ich aufs Thermometer geschaut, dass am Wachhäuschen hängt und mir vor ein paar Wochen gezeigt wurde. Es zeigte -9°C an - eine Temperatur, die ich keinesfalls gewöhnt bin. Dies hat sich heute insbesondere im Wind gezeigt, der so richtig schön im Gesicht geschnitten hat.

Zu Abend habe ich mit Stephan gegessen - er hat Nudeln gekocht und wir haben gemeinsam noch Zwiebeln und Möhren dazu gedünstet, so dass da aus eigentlich nix ein leckeres Essen geworden ist: Ich hatte die Zwiebeln, den Knoblauch und Öl und er hat irgendwo eine große Karotte gefunden.

Den Abend habe ich dann mit dem Neuverfassen des Anfangs der Weihnachtsgrüße an meine Kirchengemeinde in Oldersum verbracht, da der Brief immer noch nicht angekommen ist. Und da er doch halbwegs pünktlich verlesen werden soll, habe ich mir heute Abend noch einmal die Mühe gemacht und versucht, eine passende Einleitung und einen passenden Übergang zu finden. Nun werde ich dies alles morgen an meinen Bruder schicken, da ja vermutlich übermorgen das Fest der Drei Heiligen Könige verbracht wird.

 

 

Samstag, 03. Januar 2009

"Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst. Es trat ein Mensch auf, de von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. Johannes legte Zeugnis ab für ihn und rief: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war. Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade. Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus. Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht." (Joh 1,1-18 - Einheitsübersetzung)

 

Die Krippe der katholischen Kirche in Moskau.

 

Der katholische Dom zu Moskau nach der Heiligen Messe.

 

Warum steht nun der Prolog des Johannes-Evangeliums direkt am Anfang dieses Tages und warum das weihnachtliche Krippenbild und das Foto vom Inneren der Kirche? Ich war am heutigen Abend in der katholischen Kirche, es waren wenige Leute da, die Kirche war weihnachtlich geschmückt, es spielte die große Orgel und ich habe vor dem Kirchgang die Krippe vor der Kirche besucht, das neben der Krippe stehende Schaf, das so lieb über den Rand seines kleinen Geheges schaute, ausgiebig gestreichelt und gekrault bis es mich noch lieber angeschaut hat, draußen war es eiskalt und es lag Schnee draußen. Die Orgel spielte einige Weihnachtslieder, wie zum Beispiel zum Einzug "Engel auf den Feldern singen" und zur Kommunion "Stille Nacht, Heilige Nacht" und so war es für mich eine richtige heimelige Atmosphäre, die ich ganz genossen habe. Für mich kam heute völlig unerwartet das katholische Weihnachtsfest, das ich am 24. Dezember in der rumpeligen und lauten Abendmesse so vermisst habe! Und das Evangelium könnte man durchaus auch am Heiligen Abend lesen - gleich mit dem Hinweis auf das Ende dieses Kapitels - Kreschenje, also Taufe des Herrn, am 19. Dezember, da im Prolog des Johannes-Evangeliums ja auf Johannes den Täufer hingewiesen wird. Das war für mich selbst also die Überraschung des Tages!

Ansonsten war ich heute wieder einmal im Internet, habe aber vergessen das Tagebuch zu aktualisieren und wollte dann eigentlich erst in der Mensa essen. Ich habe mich dann aber kurzfristig  anders entschieden und bin nach dem Broteinkauf nach Hause gefahren. Zumindest wollte ich dies. Der erste Zug in meine Richtung hielt nicht an der Station Pererwa, der zweite mögliche Zug ist ausgefallen und der dritte ist dann mit zehn Minuten Verspätung abgefahren. Die Wartezeit habe ich genutzt um eine Wurst in dem Supermarkt im Kursker Bahnhof zu kaufen. Ich habe gemerkt, dass die dort viel günstiger ist als bei den anderen Läden, wo ich sonst immer einkaufen gehe. Auf die Idee bin ich heute nur gekommen, weil der Laden in der Innenstadt keine Fleischwurst hatte. Ob ich nun eine Fleischwurst habe, weiß ich noch nicht, aber sie macht einen solchen Eindruck.

Eigentlich war das heute auch schon der Tag. Doch will ich noch von einer Sache erzählen, die mich hier jeden Tag aufs Neue fasziniert. Diese tiefen Temperaturen von derzeit etwa -10°C bin ich aus Ostfriesland ja nicht mehr gewöhnt und Schnee schon gar nicht. Nun fliegen mit dem ganzen Wind aber immer ganz kleine Eiskristalle durch die Gegend, die dann irgendwo bei mir landen. Sie sind so klein, dass sie beim anhauchen sofort verschwinden. Und was noch viel schöner und die Faszination daran ist: Sie sehen aus wie winzige kleine Sternchen. Nicht das ich das noch nicht gewusst hätte - aber ich habe es jetzt erst zum ersten Mal bewusst gesehen und ich betrachte sie unheimlich gerne.

Den Nachmittag habe ich im Übrigen damit verbracht, die Sachen zusammen zu suchen, die Ludger und seine Freunde schon mit nach Deutschland nehmen und meinem Vater an den Zug bringen können. Da sind doch schon so einige Sachen zusammengekommen und ich hoffe, dass sie alles mitbekommen können: CD's, Bettwäsche, Quittungen und noch so einiges mehr! 

 

 

Sonntag, 04. Januar 2009

Am heutigen Morgen bin ich rechtzeitig aufgestanden, um pünktlich zur Göttlichen Liturgie zu kommen. Als ich in der Fakultätskirche ankam, war die Beichte wie gewohnt in vollem Gange und dauerte dann wesentlich länger als sonst üblich. Die Liturgie fing etwa eine Stunde später als üblich an - nämlich erst um 10:30 Uhr. Das brachte dann wieder meinen Zeitplan durcheinander - wollte ich mich doch um 12:30 Uhr mit Ludger und seinen Freunden treffen. So habe ich wieder den Schlussteil der Liturgie verpasst. In der "Beicht-Pause" habe ich mit Gisela gesprochen und ihr das Buch zurück gegeben, dass ich für die Hausarbeit nutzen möchte und dementsprechend die wichtigen Seiten kopiert habe. Sie hat vorsichtshalber den Rektor der Universität gefragt, ob ich Vladimir Solovjov auch tatsächlich lesen darf und sie hat seine Zustimmung dazu erhalten. So werde ich nun wohl auf der rechten Seite sein. In der Liturgie habe ich ebenfalls die Schwester von Masha getroffen, die mir einen Zettel von ihr gegeben hat. Sie hat für mich einen Buchladen gefunden, wo ich ein Deutsch-Russisches und Russisch-deutsches Wörterbuch christlicher Lexik kaufen kann, dann hat sie eine Seite über ein mögliches Reiseziel ausgesucht, nämlich Neu-Jerusalem bei Moskau, die Übernachtung für die Weihnachtsnacht in ihrer Familie geregelt und zudem ein Eisenbahnmuseum ausfindig gemacht. So viel Hilfe auf einmal - das werde ich alles in Ruhe auswerten müssen! 

Nachdem Essen in der Mensa, dass Christian, Ludger und Fabian gut geschmeckt hat und dementsprechend gelobt wurde, haben Stephan, Dmitri und ich den dreien die Universität gezeigt und sind dann zusammen mit Shenia zum Roten Platz gegangen. Aus irgendeinem Grund haben wir noch einen Umweg gemacht und sind bei der Tretjakovskaja Galerie vorbei durch einen kleinen Park zu einer Brücke gegangen, die über die Moskau führt. Von dort hatten wir einen herrlichen Ausblick auf den Kreml, der in der untergehenden Sonne glänzte. Im Museum selbst hat Stephan für alle Studentenkarten besorgt - auch für Ludger, Fabian und Christian, was uns alle etwas erstaunt hat. Im Museum selbst hat sich die ganze Gruppe verlaufen, so dass ich die meiste Zeit alleine mit Shenia durchs Museum getrödelt bin. Zum Schluss waren dann aber alle auf einmal wieder zusammen und die Zeit des Abschieds war gekommen. Ich sehe die drei ja morgen wieder und werde sie zum Flughafen Domodedovo bringen und denen ein paar Sachen mit auf den Weg geben. 

 

Gruppenfoto vor dem Baptisterium der Universität: Ludger, Christian und Fabian und zuletzt ein hiesiger Student...

 

Ein Baum auf der Brücke über den Kanal - jedes Schloss steht für eine geschlossene Ehe. Auf jedem Schloss stehen die Namen der Ehepartner. Scheinbar scheinen die russischen Schlösser nicht besonders zu halten...

 

Der Fluss Moskau ist zugefroren und mit einer feinen Schneeschicht bedeckt.

 

Den Abend habe ich mit Oleg, Dmitri und Stephan verbracht: Wir haben Nudeln mit Zwiebeln und Salat gemacht und dann gegessen und eine Flasche Bier dazu getrunken. So habe ich einen tollen Tag im Kreise vieler Freunde und Bekannter verbracht. Vorm ins Bett gehen habe ich noch mit meiner Mutter telefoniert und das Neueste aus dem gelobten Land (also meine Heimat Ostfriesland) erfahren. Aber wieder einmal auch das Wetter aus Moskau - sie hört ja jeden Tag den Europa-Wetterbericht im Radio. Gemeldet für Moskau wurden -15°C - bei uns auf dem Thermometer im Wohnheim waren es aber lediglich -8°C am Morgen und -12°C am Abend mit Schneefall. Aber auch Ludger sprach von mehr - im Innenstadtbereich. So denke ich, dass wir hier, wo es etwas "luftiger" ist, gut und gerne in Richtung -20°C tendieren, kann es aber nicht mit Sicherheit sagen. Aber ohne Mütze und Schal läuft hier gar nichts mehr.

 

 

Montag, 05. Januar 2009

Der Tag begann schon recht früh, dafür dass ich eigentlich Ferien habe. Ich hatte aber ja versprochen, Ludger und seine Truppe zum Flughafen zu geleiten. So war ich um kurz vor acht Uhr am Paveljetzker Bahnhof. Und dann kam kurz darauf der Anruf, dass es Probleme mit dem Pass gäbe und dass die drei erst um neun Uhr im Bahnhof aufschlagen würden. So habe ich schon in Ruhe die Tickets gekauft und habe mich dann zu den anderen Wartenden gesetzt. Um punkt neun kamen sie dann auch, nur war der Zug da schon abgefahren und so mussten wir eine Stunde auf den nächsten warten. Diese Zeit haben wir zum erzählen genutzt und vor allem um meine Sachen für die Heimat auf die Taschen zu verteilen. So bin ich dank derer meine Bettwäsche, meine CD's, eine Christbaumkugel, etwas Post und anderen Kleinkram schon losgeworden. Auch wenn die Koffer am Flughafen mehr Gewicht angezeigt haben als die Maximalmenge vorgibt, so wurde von der Fluggesellschaft alles akzeptiert. Da hatte ich selbst nicht mit gerechnet, dass ich denen alles hätte mitgeben können und war dementsprechend froh darüber, ohne Rucksack heimfahren zu können.

Zurück in Moskau hatte ich noch etwas mehr als eine Stunde Zeit bis zum Treffen mit Lena und habe diese genutzt, um in ein orthodoxes Buchgeschäft zu fahren und dort ein christliches Wörterbuch Deutsch-Russisch und umgekehrt zu kaufen. Masha hatte mir den Tipp gegeben und für mich im Internet nachgeforscht. Es hat nur 90 Rubel gekostet - ein gutes Buch für wenig Geld.

In der Stalowaja war heute recht viel Betrieb - das lag daran, dass heute noch ein paar Prüfungen stattgefunden haben. Dort habe ich auch Lena getroffen und ein paar andere getroffen und gemeinsam miteinander gesprochen. Den anschließenden Weg zur Metro-Station habe ich mit der Garderobendame Nina und einer Kommilitonin, deren Namen ich vergessen habe, bestritten. Erstere hat sich bei mir untergehakt, ihre beiden Taschen der Kommilitonin in die Hand gedrückt und hat uns eine Geschichte erzählt. Es muss lustig ausgeschaut haben - zwei Studenten mit einer lustigen Babuschka im Arm...

Heute habe ich auch bei Marcus Nowotny angerufen, den ich im katholischen Priesterseminar in St. Petersburg vermutet habe, aber in Deutschland ist, und ihn gefragt, ob ich in der Einrichtung für ein paar Tage schlafen könne und habe eine Zusage bekommen! So werde ich am kommenden Montag nach St. Petersburg fahren und dort ein paar Tage bleiben! Nun habe ich heute geschaut, welche Route ich fahren werde und dabei entdeckt, dass man leicht mit der Elektritschka dort ans Meer fahren kann. Und genau das möchte ich dort auch an einem der Tage dort machen - endlich wieder Seeluft atmen! Die Unterkunft dort bekomme ich dort übrigens für eine kleine Spende zur Verfügung gestellt - so dass ich hoffentlich ein paar günstige Tage dort erleben werde. Und am kommenden Freitag werde ich mit Elena nach Neu-Jerusalem fahren - einem Kloster in der Nähe von Moskau, das sehr schön sein soll. Nun ist also die Prüfungszeit vorbei und ich bekomme wieder viele interessante Angebote für Ausflüge und Museumsbesuche gemacht. Nur weiß ich noch nicht, wie das noch mit der Fahrt nach Rostow klappen soll, da hatte mich ja ein Student eingeladen, da ist fast keine Zeit mehr für vorhanden. Und heute Abend hat mich ein anderer Student nach Jaroslawl und Vladimir eingeladen - das haben wir aber auf spätere Zeit verschoben. Nun sind die Ferien so gut wie verplant.

Gerade habe ich mich informiert, wie orthodoxe Familien das Weihnachtsfest begehen werden. Eine richtige Antwort wusste keiner - ein Sache war aber eindeutig: Ich fahre dort morgen nicht ohne ein Geschenk hin! So werde ich dort im Notfall nicht ohne sitzen! Von Elena habe ich heute ein Geschenk bekommen, das ich gleich überall herumgezeigt habe: Einen Gürtel, den eigentlich orthodoxe Mönche tragen. Dort ist folgender Text auf kirchenslawisch eingeprägt:
 

Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im Schatten des Allmächtigen, der sagt zum Herrn: "Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue." Er rettet dich aus der Schlinge des Jägers und aus allem Verderben. Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter seinen Schwingen findest du Zuflucht, Schild und Schutz ist dir seine Treue. Du brauchst dich vor dem Schrecken der Nacht nicht zu fürchten, noch vor dem Pfeil, der am Tag dahinfliegt, vor der Seuche, die wütet am Mittag. Fallen auch tausend zu deiner Seite, dir zur Rechten zehnmal tausend, so wird es doch dich nicht treffen. Ja, du wirst sehen mit eigenen Augen, wirst zuschauen, wie den Frevlern vergolten wird. Denn der Herr ist deine Zuflucht, du hast dir den Höchsten als Schutz erwählt. Dir begegnet kein Unheil, kein Unglück naht deinem Zelt. Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt, du schreitest über Löwen und Nattern, trittst auf Löwen und Drachen. Weil er an mir hängt, will ich ihn retten, ich will ihn schützen, denn er kennt meinen Namen. Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhöhen. Ich bin bei ihm in der Not, befreie ihn und bringe ihn zu Ehren. Ich sättige ihn mit langem Leben und lasse ihn schauen mein Heil. (Psalm 91)

 

 

Dienstag, 06. Januar 2009 - Heiliger Abend

Den Handy-Wecker hatte ich mir nicht gestellt, so dass ich um kurz nach neun erst aus den Federn gefallen bin und nach der Erledigung von jeder Menge Kleinkram bin ich zum Mittagessen, einkaufen und Post verschicken in die Stadt gefahren. Da im Moment noch Ferien sind, ist die Stadt noch angenehm leer - noch etwas weniger als am Wochenende. Den Hang zur Flucht aus der Stadt kann ich gut nachvollziehen. Aber wenn kaum einer mehr da ist, gefällt mir das Leben hier auch ganz gut. Das wird sich aber voraussichtlich in der nächsten Woche schon wieder ändern, wenn die Schule wieder anfängt. In der Garderobe war Feofina gerade damit fertig geworden, einen Weihnachtsbaum zu schmücken. Es ist der erste Weihnachtsbaum in Moskau, der mir richtig gut gefällt. Es hängt ein Windlicht an einem Ast, die Zweige sind mit Rosen, Chrysanthemen, Watte und spiralförmigen Schleifenpapier geschmückt. Eine "Jolka" - so heißt der Weihnachtsbaum hier - ganz ohne Glanz und Glitter. Nach dem Essen habe ich mich mit Elena am Bahnhof getroffen, wir haben Fahrkarten für unsere geplante Tour nach St. Petersburg gekauft. Für den Montag und Dienstag gab es leider keine Fahrkarten mehr, so dass wir schon am Sonntag fahren werden. Nun hoffe ich nur, dass wir dann schon im Priesterseminar wohnen können. Für den Freitag war die Rückfahrt überhaupt kein Problem. Was Zugfahrten angeht, scheint man tatsächlich früh planen zu müssen - völlig untypisch für russische Verhältnisse.

 

Feofinas Weihnachtsbaum - der bislang schönste, den ich in Russland gesehen habe.

 

Wie ein paar Tage vorher schon habe ich lange auf den Zug zum Wohnheim warten müssen - zwischen 14 und 15 Uhr fährt nicht viel. Ein Zug, der sonst verkehrt, wurde wegen der Ferien gestrichen. Den Nachmittag habe ich in alle Ruhe verbracht, ein wenig Musik gehört, etwas geschlafen und mich dann auf das Weihnachtsfest vorbereitet, das ja heute Abend in der orthodoxen Kirche begangen wird und auf das ich mich schon sehr freue, aber auch gespannt bin, wie lange ich das durchhalten werde! So werde ich gleich meine Sachen bei Masha's Familie vorbeibringen und dann geht es um 20:30 Uhr los, um Mitternacht ist dann die Göttliche Liturgie des Heiligen Basilius dem Großen, die dann noch einmal etwa zwei bis drei Stunden dauern wird.

Auf dem Weg zur Stalowaja hatte ich heute großes Glück: Auf dem Gehweg habe ich einen 500-Rubel-Schein gefunden, den ich sofort an sicherer Stelle in meinem Portemonnaie aufbewahrt habe. Es liegt viel Geld hier auf der Straße, wenn man es aber umrechnet in Euro, dann kommt da nicht viel bei herum. Dennoch lohnt es sich hin und wieder, wachsam des Weges zu gehen. Manchmal ist es auch ein Zehn-Rubel-Schein.

Um Punkt acht Uhr war ich dann bei meinen Gastgebern, habe meine Sachen dort abgelegt, Mashas Bruder noch mehrmals gesagt, dass er die Luftmatratze nicht weiter saubermachen müsse und bin dann zur Fakultätskirche gegangen, die nur einen Katzensprung entfernt ist. Zunächst wurde die Vetschernaja begangen, die mit dem gemeinsamen Lied, das wir auch immer am Anfang der Vorlesungen singen5, anfing. Am Ende wurde das Ölkreuz wieder ausgeteilt - vor der Weihnachtsikone. Ich bin nicht nach vorne gegangen, da der Andrang zu groß war, sondern bin zur Weihnachtsikone gegangen, die an anderer Stelle in der Kirche hängt. Vater Alexej, mein Professor für das Neue Testament lächelte, als er mich sah und sagte "S Prasnikom!", also ein Festtagsgruß, der übersetzt "Zum Fest" lautet. Bevor die Liturgie begann, wurden noch einige Gebete der Priester und Diakone vor der Ikonostase gebetet - aber alle ohne liturgische Gewänder.

 

Deine Geburt, Christe, unser Gott, ließ erstrahlen das Licht der Erkenntnis, denn bei ihr wurden die Anbeter der Gestirne von einem Sterne belehrt, die Anzubeten als die Sonne der Gerechtigkeit und Dich zu erkennen als den Aufgang aus der Höhe. Herr, Ehre sei Dir. (Troparion 4. Ton)

 

 

Mittwoch, 07. Januar 2009 - Weihnachten

Die Jungfrau gebiert heute den, der über allen Wesen ist. Die Erde bietet eine Höhle dar dem Unnahbaren. Die Engel lobpreisen mit den Hirten, und die Weisen wandern dem Sterne nach, denn für uns ist geboren das kleine Kind, der urewige Gott. (Kondakion, 3. Ton)

 

Um etwa 23:30 Uhr begann die Weihnachtsliturgie, deren Unterschiede zur Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomus nicht groß sind. Nach den kirchlichen Feierlichkeiten, die etwa um halb zwei in der Nacht endeten und mir wesentlich weniger Rückenschmerzen brachten, wie ich vermutet hatte, bin ich mit Mashas Familie zu ihnen nach Hause gegangen und wir haben dort gemeinsam das Weihnachtsfest begangen. Ich war nicht der einzige Gast - Mashas Freundin Katja war auch mit dabei - sie kannte ich schon von ihrem Geburtstag und auch ihre Schwester hatte noch eine Freundin eingeladen. Was ich in den kommenden Stunden nun erleben sollte, hat meine kühnsten Träume allesamt übertroffen - es wurde eine wunderschöne Weihnachtsfeier. Vor dem Essen wurde wieder gebetet, dieses Mal war es ein Weihnachtstroparion und ein paar "Herr, erbarme Dich". Um den Tisch versammelt war ein großer Teil der Familie, mitsamt der Oma. Zu essen gab es eine große Anzahl von Salaten, verschiedene Gebäckstücke und letztendlich natürlich Fleisch, da die Fastenzeit ja beendet war. Während dem Essen wurde immer wieder mit Wein angestoßen: Auf das Fest an sich, auf die Gasteltern, auf die Oma und so weiter. Nach dem Hauptessen zündete der Hausvater eine große Wunderkerze an und dann gingen wir unter dem Rufen eines Spruches in die Bibliothek, wo ein Weihnachtsbaum und eine geheimnisvolle Truhe stand. Dort war für jeden ein kleines Geschenk drin - für mich war es ein Buch und ein kleiner Weihnachtsengel aus Olivenbaumholz, dass die Familie von ihrer Jerusalemreise mitgebracht hat. Zurück im Wohnzimmer, wo wir gegessen hatten, haben wir einige Weihnachtslieder gesungen - unter anderem auch auf Deutsch "Stille Nacht, Heilige Nacht" und "Oh Tannenbaum". Einen Trinkspruch hat dann die Oma eingeleitet, indem sie von Weihnachten von früher erzählt hat und hat als Aufhänger den Weihnachtsbaum der Familie genommen.

Anschließend haben wir uns noch gemütlich unterhalten, die Reihen lichteten sich immer mehr und zuletzt sind nur noch Katja, Masha und ich übrig geblieben. Wir haben uns dann noch kurz in Mashas Zimmer verkrümelt, dort herumgealbert und sind dann irgendwann um kurz vor acht Uhr am Morgen ins Bett gegangen.

Um etwa 14 Uhr wurde ich geweckt und kurz darauf gab es dann auch schon wieder Frühstück oder Mittagessen - die Reste von der Nacht. Anschließend habe ich ein wenig im Haushalt geholfen und mit Masha in der Küche herumgealbert und mit Wasser gespritzt, bis die restliche Familie mit den Kindern um 17 Uhr kam. Zunächst haben wurde für die Kinder Bescherung gemacht, ich dazu hinter die lange Gardine des Raumes gezogen und musste mich schnell umziehen, da ich den Djed Maros - also Väterchen Frost - für die Kinder spielen sollte; Mashas Schwester war "Snjegurotschka", die Helferin des Väterchen Frost. Die Kinder waren alle sehr erstaunt, dass Väterchen Frost in diesem Jahr so groß war. Bevor die Kinder die Geschenke bekommen haben, sollte ich mit einigen in der Verkleidung noch "Stille Nacht, Heilige Nacht" auf Russisch singen. Das hatten wir zwar vorher geprobt, aber ohne Brille konnte ich den Text überhaupt nicht mehr erkennen. Vorher hatten wir am Klavier noch einige andere russische Lieder gesungen, was für mich aber - wie im Chor bei Vater Alexej auch - nicht sonderlich leicht war.

Dann wurde zu warm zu Abend gegessen im Kreise der gesamten Familie. Wieder wurde gemeinsam gebetet und Trinksprüche gesagt. Einen darauf auch auf den vor kurzem verstorbenen Opa, für den dann sofort die Litija der Panichida gesungen wurde. Danach sind wir wieder in die Bibliothek gegangen, wo die Kinder unzählige Gedichte aufgesagt haben und ein kleines Theater aufgeführt haben. Auch die Oma hat ein Gedicht aufgesagt und ich habe "Oh, du fröhliche" gesungen. Anschließend habe ich mich für das wunderschöne Weihnachtsfest bedankt und bin gegen 21 Uhr in Richtung Wohnheim gefahren. Die ganze Zeit habe ich mich kaum müde gefühlt, zu spannend war das ganze Fest in der Familie. Da hat Masha mir ein Weihnachtsgeschenk von unschätzbarem Wert gemacht und es war einfach nur überwältigend und wunderschön. Zurück im Wohnheim habe ich noch ein wenig telefoniert, bis mich dann die Müdigkeit völlig übermannt hat und ich ins Bett gefallen bin. Welch ein Weihnachtsfest!

Nun gibt es verschiedene Weihnachtsikonen – auf meine möchte ich gerne kurz eingehen, da sie eine große Komplexität wieder spiegelt und große Teile der Weihnachtsgeschichte enthält. 

 

Eine Weihnachtsikone.

 

Auffallend ist, dass bei den meisten Weihnachtsikonen nicht Jesus im Mittelpunkt steht, sondern, wie hier auch, die Gottesgebärerin Maria - ebenso wie in der Weihnachtsliturgie. Um zu symbolisieren, dass es eine wirkliche Geburt gewesen ist, macht sie einen erschöpften Eindruck. Neben ihr liegt, ganz klein und in Windeln gewickelt, Jesus Christus. In den orthodoxen Kirchen wird Jesus nicht in einem Stall, sondern in einer Höhle geboren (entnommen aus dem Jakobus-Evangelium). Dies ist ein Zeichen der Erniedrigung - wie der Stall und der Futtertrog (Krippe) auch aber auch Symbol, dass Jesus wie andere Menschen auch geboren wurde und dass er Licht in die dunkle Welt bringt. Da die Höhle auch ein Ort des Todes ist und Jesus wie eine Mumie in Windeln gewickelt dargestellt ist, spielen die Umstände eines Todes eine Rolle mit. Es findet sich auch der zweifelnde Josef, der die Jungfrauengeburt noch gar nicht fassen kann. Bei ihm steht vielleicht ein Hirte, der ihm alles versucht zu erklären. Das schwarze Gewand ist jedoch untypisch für Hirten und so kann es auch den Propheten Jesaja darstellen, der Jesus als Sohn Gottes vorausgesagt hat. Es finden sich aber noch viele weitere Elemente der Geburt des Herrn wieder: Da sind zum einen die drei Magier (drei Heiligen Könige), dann die Engel, die Hirten, der Weihnachtsstern und noch vieles mehr. Die Ikone zeigt das gesamte Weihnachtsgeschehen. 

 

„Was bringen wir dir da, da du für uns auf Erden als Mensch dich zeigst? Denn jedes der von dir gemachten Geschöpfe bringt dir die Danksagung dar: Die Engel den Hymnus, die Himmel den Stern, die Weisen die Gaben, die Hirten ihr Staunen, die Erde die Höhle, die Wüste die Krippe, wir aber die jungfräuliche Mutter. Oh Gott vor den Äonen, erbarme dich unser!“

 

 

Donnerstag, 08. Januar 2009

Dieser Tag war ein Tag der Ruhe - um zehn Uhr bin ich aufgestanden, habe nach dem Frühstück am Tagebuch geschrieben und bin dann in die Stalowaja gefahren und habe anschließend Mails abgefragt und das Tagebuch ins Internet gestellt. Wieder zu Hause angekommen habe ich meine Sachen in die Waschmaschine gesteckt und gewaschen, das Tagebuch weiter geschrieben und meinen philosophischen Text übersetzt. Und zwischendurch habe ich mit meinem Loksimulator im Laptop gespielt. Das war an für sich auch schon der 8. Januar 2009.

 

 

Freitag, 09. Januar 2009

Heute bin ich mit Elena nach Neu-Jerusalem (Novij Jirusalim) gefahren, um gemeinsam mit ihr das Kloster dort zu besuchen. Wir wollten uns am Kursker Bahnhof treffen, weil ich dann nicht hätte umsteigen müssen. Nun war ich pünktlich in Pererwa am Bahnsteig und dann kam der Zug nicht - und als einer kam, war es nicht der nach Neu-Jerusalem. Und als ich am Kursker Bahnhof ausgestiegen bin, habe ich Lena nicht gesehen - obwohl der Zug nach Neu-Jerusalem angezeigt war. Der Maschinist meines Zuges bestätigte mir dann aber, dass der geplante Zug noch kommen würde. Und am Ende des Bahnsteiges, genau an dem Ende, wo es nicht verabredet war, habe ich dann Lena getroffen - zeitgleich fuhr der Zug ein. Auf der Fahrt schneite es zwischendurch immer wieder und immer, wenn ein Zug entgegenkam, dann kamen einige Eiskristalle durch die Fensterritze auf mich herabgeschneit. Zudem war es sehr kalt im Zug - bei gemessenen 14°C beim Wohnheim auch kein Wunder, wenn die Fenster nicht dicht sind. In Neu-Jerusalem schien es mir dann noch wesentlich kälter zu sein - hier waren es bestimmt weit unter -20°C. Da wir beide nicht den Weg zum Kloster kannten, sind wir mit dem Marschroute-Taxi, ein Großraumtaxi, dass auf den Buslinien verkehrt und etwas schneller ist, dorthin gefahren. Es war gar nicht weit vom Bahnhof entfernt. Und dann konnten wir das Kloster auch schon in aller Pracht sehen - es ist ein für Russland untypisches Kloster - es soll von Zaren erbaut worden sein, die Kirche nach dem Vorbild der Grabeskirche von "dem richtigen" Jerusalem. Und auch die Innenarchitektur sah völlig anders aus - es gab sogar Engelsfiguren an den Wänden. Auch die Ikonostasen hatten alle ihren eigenen Charakter - vor allem die in der St. Helena-Kapelle, die aus Bronze und anderem Metall gearbeitet war. Das große und umfassende Kirchengebäude wird derzeit noch restauriert und es steht noch eine Menge Arbeit dort bevor - es ist zwar schon möglich, dort die Göttliche Liturgie zu feiern, die große Kirche ist aber noch nicht beheizt. In den kleinen Nebenkirchen sieht es dagegen anders aus.

Gegen Mittag sind wir wieder zum Bahnhof gelaufen durch Schneefall und herrlich knirschenden Schnee und haben dann die Elektritschka in Richtung Moskau genommen. Ich war froh, dass es dort ein wenig wärmer war, da ich an diesem Tag doch recht gefroren habe. Wir sind dann noch in die Gemeinde gefahren, haben dort etwas gegessen und ein kleines bisschen gearbeitet. Am späten Nachmittag bin ich dann nach Hause gefahren und habe mich auf die Reise nach St. Petersburg vorbereitet, die ja nun schon einen Tag eher anfängt als erwartet, da uns die Fahrkartenverkäuferin Fahrkarten für einen Tag zu früh ausgestellt hat, als geplant war. Zum Glück haben wir uns da am Morgen noch in der Elektritschka drüber unterhalten, sonst hätte Lena den Zug um einen Tag verpasst. Den ganzen restlichen Abend habe ich dann noch mit telefonieren verbracht. 

 

Der Eingangsturm und die Klosterkirche dahinter.

 

Die Klosterkirche, an der mehrere kleine Kirchen angegliedert sind.

 

Der Kirchenturm der Hauptkirche

 

 

Samstag, 10. Januar 2009

Nun habe ich heute mit Elena meine erste "große" Reise innerhalb Russlands angetreten! Wir haben uns um viertel nach acht auf im Leningrader Bahnhof getroffen und sind haben uns dann zu unserem Waggon aufgemacht, der direkt hinter der Lokomotive war, so dass wir an dem 16-Waggon-Zug entlanglaufen mussten - dafür war der Weg in St. Petersburg dann wesentlich kürzer. Die Fahrtzeit haben wir damit verbracht, einen philosophischen Text zu übersetzen und haben uns mit der Frau unterhalten, die zwischendurch noch eingestiegen ist. Etwas erschrocken war ich über den Waggon, in dem wir gefahren sind: Die Fenster waren mit Stoffstreifen abgedichtet, die in die Ritzen geklebt wurden und die Schlafpritschen waren sehr hart, wenn man die ganze Zeit ohne Matratze darauf gesessen hat, so wie wir. Zunächst dachten wir, dass wir in dem Waggon nicht zusammensitzen konnten, aber dann war in meiner Ecke doch ein Platz frei, so dass wir zusammen gesessen haben. Der Waggon ist wie folgt unterteilt gewesen: Es war eine Art Großraumwaggon, der mit Trennwänden versehen ist, an dem dann jeweils die Schlafpritschen angebracht sind. So gibt es Vierergruppen und gegenüber dann noch ein Zweierplatz. Dies ist alles sehr beengt. Irgendwann kam einer der beiden Schaffner und legte sich auf dem noch freien Platz Bettzeug zurecht. Als die Frau zustieg, hat sie sein Bett kurzerhand weggeräumt und hat sich auf "seinen" Platz gesetzt, den sie natürlich reserviert hatte. Etwas verärgert hat er versucht, die Frau dort zu verscheuchen, was aber nicht geklappt hat, so dass er sich einen anderen Platz zum schlafen suchen musste. Wenn ich einige Menschen in Russland arbeiten sehe, dann sage ich gerne mal scherzhaft, dass zwischen arbeiten und schlafen kein großer Unterschied herrscht. Ich glaube, dass ich in dem Moment selten so nah an der Wahrheit gewesen bin. Gegen Mittag wollten wir dann was essen, doch an Lenas Messer, dass sich in ihrem Koffer befand, war nicht dranzukommen, weil auf der Pritsche, unter der der Koffer lag, ein anderer Fahrgast schlief. Zum Glück hatte ich eine Einkaufs-Clubkarte in meinem Portemonnaie, mit dem ich dann Wurst und Käse geschnitten habe - zur großen Verwunderung von Lena und der Frau, die das natürlich auch beobachtet hat.

Pünktlich um 17:52 Uhr war die Fahrt durch das weiße Russland beendet - innerhalb von neun Stunden hatten wir 650km hinter uns gelegt und standen auf dem Bahnhof in St. Petersburg. Dort wusste ich nicht, ob Marcus auf uns wartet - letztendlich hat er uns dann aber nach einigen Fehlversuchen zum Priesterseminar geleitet - per Handy. Nachdem wir die Zimmer bekommen haben sind wir dann im Refektorium - so heißt die katholische Mensa - essen gegangen. Und anschließend haben wir die Stadt noch kurz unsicher gemacht, waren bei einer großen und wunderschönen (staatlichen) Kirche und mussten dann auch schon wieder heimfahren, weil das Seminar um 22 Uhr schließt. Vorher haben wir noch eine große orthodoxe Kirche gefunden, in die wir morgen gemeinsam gehen wollen. Sie ist nur wenige hundert Meter vom Priesterseminar entfernt.

 

Die Erlöser-auf-dem-Blut-Kirche

 

 

Sonntag, 11. Januar 2009

Nach dem Frühstück, das es um neun Uhr gab, sind wir in die orthodoxe Dreifaltigkeitskirche zur Göttlichen Liturgie gegangen. Die Kirche ist mehr oder weniger noch eine Baustelle, da vor drei Jahren die Kuppel der Kirche gebrannt hat. Uns wurde erzählt, dass sie während Bauarbeiten in Brand geraten, aber nicht eingestürzt ist. Damals hat der Wasserdruck nicht ausgereicht, um sie vom Boden aus zu löschen und so hat man es sogar mit Hubschraubern versucht. In der Kirche ist der Hauptaltar noch nicht wieder hergestellt, man hat aber eine Vorstellung davon, wie er einmal aussehen mag, wenn er und die Ikonostase fertig sind. Derzeit ist eine provisorische Ikonostase aufgebaut, die ein Stück weit in die Kirche hineinragt. Als wir dort ankamen, ging ein Erzdiakon mit einem ungewöhnlich großem und dichten Bart bereits mit dem Weihrauchfass durch die Kirche zur Ikonenbeweihräucherung. Die anschließende Liturgie hat uns beiden sehr gut gefallen, weil einerseits der Chor sehr gut und vor allem anspruchsvoll gesungen hat, aber auch sonst die Liturgie sehr würdig gefeiert wurde. Anschließend haben wir ausgemacht, dass wir zum Fest des Hl. Basilius des Großen dort in die Vetschernaja und in die Göttliche Liturgie gehen - eben weil wir so zufrieden waren.

Anschließend haben wir versucht, einen Fahrplan zu einem Kloster zu finden, dass überraschend weit von Sankt Petersburg entfernt liegt. Und es fahren nur zwei Elektritschkas am Tag dort hin - ausgerechnet abends. Diese Züge bringen die Berufspendler wieder nach Hause zurück. Zudem würde eine Fahrt etwa fünf bis sechs Stunden dauern. So klappt dieser Ausflug nicht.

Anschließend sind wir in die Stadt gegangen, wo wir vor der Kasaner Kirche - also eine Kirche, die nach der Ikone mit der Gottesmutter von Kasan benannt wurde - einen Priester gesehen haben, der für uns einige unverständliche Sachen gemacht hat. So hat er für einen zukünftigen Zaren gebetet, "dessen Namen wir nicht kennen." Und zum Schluss des Gottesdienstes zum Gedenken der Kinder des Kindermords zu Bethlehem hat er den Ostergruß "Christus Voßkreßjen", also "Christus ist erstanden", ausgerufen - dies mitten in der Weihnachtszeit. Anschließend haben wir ihn gefragt, was der dort genau gemacht hat und er meinte nur, dass er die Gebete der Russisch-orthodoxen Kirche beten würde, die aus dem Jahre 1917 vor der Revolution stammen. Wir wussten eigentlich den ganzen Gottesdienst nicht, ob der Priester russisch-orthodox ist, einer Sekte angehört oder zur alt-russisch-orthodoxen Kirche gehört. Natürlich waren wir dann auch noch in der Kasaner Kirche selbst, die wir uns in aller Ruhe angeschaut haben. Wie die Troizkij-Kirche ist sie auch eine Soldatenkirche. Von außen beeindruckt vor allem die offene Säulenhalle, innen ist es die ganze Kirche, die unheimlich schön ist.

 

Die Erlöser-auf-dem-Blut-Kirche.

 

Kaufhaus am Njevskij Prospekt.

 

Die katholische Kirche St. Katharina.

 

Die Kasaner Kirche.

 

Anschließend sind wir in die Ermitage gegangen, dem wohl größten und bedeutendsten Museum in Russland, wo eine große Anzahl von Exponaten gezeigt wird. Hier sind wir als Studenten an dem Tag umsonst herein gekommen. Sie befindet sich im ehemaligen Zarenschloss. Dort haben wir uns insbesondere alles Antike angeschaut und dann im Schnelldurchgang Malereien aus Italien und Holland. Dabei haben wir bei der Größe des Museums noch lange nicht alles gesehen.

Danach sind wir noch ein wenig spazieren gegangen in Richtung der Säulen auf der Insel und sind letztendlich auf dem Platz gelandet, von dem aus sich die Stadt entwickelte. Die Peter-Paul-Kirche dort war das erste Gebäude in St. Petersburg. Um sie herum wurden Festungsanlagen gebaut - hier ist mehr oder minder eine Art Kreml zu finden. Wir haben lange gerätselt, was für eine Kirche es ist, weil sie keine orthodoxen Kreuze trägt, kein Gestühl hat und noch so einige Eigenarten hat, die jeweils für eine Konfession nicht üblich sind. Die Kirche war leider schon geschlossen, so dass wir sie nicht besichtigen konnten und uns vergewissern konnten, zu welcher Kirche sie gehört.

 

Auf dem Zaren- oder Schlossplatz mit der Alexandersäule.

 

Die Ermitage vom Fluss Njeva aus gesehen.

 

Ein Ein- oder Ausgang zur Ermitage.

 

Die Rostralsäulen auf einer der Inseln im Delta des Njeva.

 

Eine Rostral-Säule.

 

Die orthodoxe Peter-Paul-Kirche auf der gleichnamigen Festung.

 

Architektur in St. Petersburg.

 

Am Abend habe ich noch recht lange mit Marcus gesprochen. Irgendwann gesellte sich noch ein anderer katholischer Priester hinzu und irgendwie kamen wir auf die orthodoxe Kirche zu sprechen. Und hier hatten wir starke Meinungsverschiedenheiten, wobei mich die Einstellung des Priesters sehr schockiert hat, da er ein sehr schlechtes Bild von der Kirche hat. Anschließend habe ich mit Elena noch ein paar Fotos aus meiner Heimat geschaut.

Dieser Tag war leider vom trüben Tauwetter geprägt, so dass ich keine schönen Fotos machen konnte. Nicht einmal hat sich die Sonne aus der Wolkendecke herauskämpfen können. Und die Straßen waren völlig verdreckt und versaut - alles voller Matsch oder Schneematsch und dort, wo es noch nicht getaut war, war es furchtbar glatt, so dass man bei jedem Schritt Angst haben musste, nicht in der braunen Dreckbrühe zu landen.

 

 

Montag, 12. Januar 2009

Der Wecker im Handy klingelte an diesem Morgen um 8:30, ich habe geduscht und versucht, dabei nicht das ganze Duschzimmer zu überschwemmen. Das Problem war, dass der Vorhang nicht ganz ausreichte für die Duschwanne. Zudem war die Halterung für den Brausekopf defekt, so dass ich gut aufpassen musste. Im Refektorium angekommen haben wir dann gemerkt, dass die Frühstückszeit schon vorbei war - in der Woche ist sie immer eine halbe Stunde eher als am Sonntag. Dennoch haben wir etwas bekommen. Anschließend haben wir uns in der Bibliothek erkundigt, wie wir in ein Kloster in der St. Petersburger Region kommen. Die Bibliothekarin des Priesterseminars konnte uns auch nicht so richtig weiter helfen, sie wusste nur, dass es lange dauert, dort hinzufahren. Anschließend haben sind wir zu einem Bahnhof gefahren und haben uns dort erkundigt, wann die Elektritschkas fahren. Und hier haben wir dann eine richtige Abfuhr bekommen: Es fahren nur abends gegen 19 Uhr zwei Züge, die dann erst um Mitternacht dort sind. Sie fahren dann am nächsten Morgen zurück nach St. Petersburg. So gibt es für uns so gut wie keine Möglichkeit, dorthin zu kommen.

Dann haben wir uns erst ohne Plan auf in die Stadt gemacht, um sie weiter zu erkundigen. Wir hatten aber beide keine richtige Lust, weil das Wetter einfach schlecht war: es regnete bei etwa +3°C - zudem wehte ein Wind. Wetterverhältnisse wie ich sie gut aus Ostfriesland kenne. Gegenüber der Ermitage, wo wir ja gestern waren, habe ich eine große Kirche entdeckt, die wir uns dann anschauen wollten. Dort angekommen, haben wir eine Kasse gesehen. Wir wussten nicht, was uns in der Kirche erwartet, haben aber den Eintritt bezahlt: Nachdem wir in die Türe geöffnet hatten und in der Kirche standen, wussten wir, dass wir keinen Fehler gemacht hatten. Wir standen nun in der Isaaks-Kirche, die zwar bislang nicht vom Staat an die orthodoxe Kirche zurückgegeben wurde, aber in einem herrlichen Glanz erstrahlte. Und am linken Seitenaltar brannten vor der Ikonostase Kerzen - dieser Teil war in jedem Fall "in Betrieb". Die Kirche war aus vielen verschiedenen Marmorsorten gebaut mit großen Säulen und vielen großen Ikonen an den Wänden und Deckengemälden. Und auch die Ikonostase erstrahlte in überwältigendem Glanz.

 

Die Isaaks-Kathedrale.

 

Blick auf den rechten Seitenaltar aus dem hinteren Teil der Kirche.

 

Die Kuppel mit der Taube in der Mitte.

 

Der Seitenaltar, der von der orthodoxen Kirche benutzt wird.

 

Blick auf den Hauptaltar, der gerade renoviert wird.

 

Blick auf die Ikonostase und den Hauptaltar.

 

Deckengemälde über dem Hauptaltar.

 

Die Ikonostase, die zu großen Teilen aus Marmor besteht und die großen Königstüren.

 

Blick an die reicht verzierte Decke.

 

Der rechte Altar mit Ikonostase.

 

Teil der Ikonostase.

 

Noch in der Kirche haben wir beschlossen, dass wir uns die anderen drei Kirchen auch anschauen, die auf der Rückseite der Eintrittskarte abgebildet waren. Ich hätte nicht gedacht, dass die Isaaks-Kirche zu übertreffen gewesen wäre, aber dies war doch noch möglich: Die Erlöser-auf-dem-Blut-Kirche war noch prächtiger anzusehen von innen - alles ab einer bestimmten Höhe (so etwa ab zwei Metern) waren Mosaike - selbst die Fensterzwischenräume. Die Ikonen zeigten viele Heilige und vor allem Szenen aus dem Evangelium - eigentlich wurden alle wichtigen Lebensstationen Jesu dargestellt. Eine solch aufwendige Kirche habe ich noch nicht vorher gesehen - und auch keine so schöne wie diese. Kaum auszumalen,wie es sein muss, wenn dort die Göttliche Liturgie gefeiert würde. Aber leider ist dies gar nicht oder sehr selten der Fall, denn diese Kirche ist bislang nicht zurückgegeben worden, auch nicht ein Seitenaltar. Interessant ist auch, dass die Engel als Priester oder Diakone dargestellt werden und die Apostel als Bischöfe. Aus dieser Kirche mochte ich überhaupt nicht mehr herausgehen, so schön war es dort. Vor allem habe ich immer wieder die Szenen aus dem Evangelium bestaunt. Es muss unheimlich schön sein, die Bibel in dieser Kirche zu lesen und dazu die einzelnen Ikonen zu betrachten!

 

Bei der Erlöser-auf-dem-Blut-Kirche.

 

Kleine Kanäle durchziehen die Stadt St. Petersburg.

 

Die Erlöser-auf-dem-Blut-Kathedrale.

 

Die Türme der Kathedrale.

 

Der Eingang in die Kirche.

 

Der reich verzierte Hauptaltar.

 

Der linke Seitenaltar.

 

Christus-Pantokrator in der großen Kuppel.

 

Die Hauptikonostase.

 

Christusdarstellung über dem Hauptaltar.

 

Mosaik (!) über dem rechten Altar.

 

Eine kleine Kuppel mit einer Jesus-Darstellung.

 

Darstellung Marias - alle Ikonen, Verzierungen usw. sind alles Mosaike.

 

Die Gottesgebärerin Maria.

 

Zwei Heilige als Bischöfe.

 

Josef erscheint der Engel des Herrn. (Mt 1,19-24).

 

Die Geburt Christi, die Hirten auf dem Feld und das Zeugnis des Simeon und der Hanna über Jesus (Lk 2,1-38).

 

Die Huldigung der Sterndeuter (Mt 2,7-12).

 

Die Berufung des Andreas und Petrus (Mt 4,18-22).

 

Die Auferweckung der Tochter des Synagogenvorstehers und die Heilung der an Blutungen leidenden Frau. (Mt. 9,18-26)

 

Jesus Gang auf dem Wasser (Mt 13-22).

 

Die Auferweckung des Lazarus (Joh 11,17-44).

 

Die Segnung der Kinder (Mt 19, 13-15).

 

Der Einzug in Jerusalem (Mt 21, 1-11).

 

Das Verhör vor dem Hohenpriester Kajaphas und dem Hohen Rat (Mt 26, 57-68).

 

Jesus vor Pontius Pilatus (Mt 27, 11-26).

 

Die Kreuzigung (Mt 27, 45-56).

 

Die Darstellung der Dreifaltigkeit.

 

Nachdem ich mich von der Kirche trennen konnte, sind wir zur wesentlich kleineren St. Sampson-Kirche gefahren, die durch ihre große und schöne Ikonostase heraus sticht, sonst aber eine normale orthodoxe Kirche ist - die ebenfalls noch nicht wieder zurückgegeben wurde. Der rechten Seitenaltar wurde aber offensichtlich von der orthodoxen Kirche genutzt, da dort vor Ikonen Kerzen und Blumen standen - einfach alles nach Gebrauch aussah.

Anschließend wollten wir noch zur Smolny-Kathedrale fahren. Auf dem Weg dorthin haben wir noch eine andere, normale orthodoxe Kirche gesehen und sind dann, weil es zu weit zum laufen war, mit dem Marschroute-Taxi dort hin gefahren. Vor der Kirchentüre gab es dann allerdings eine ernüchternde Nachricht: Wir wurden nach einer Einladung gefragt - da fand doch tatsächlich in der sich in staatlicher Hand befindenden Kirche eine private Party statt und hatte geschlossen. Lena war deswegen recht verärgert, da es nach wie vor ein Gotteshaus ist. Anschließend sind wir ins Priesterseminar gefahren und haben dort gegessen. Da es heute sehr wenig gab, sind wir anschließend noch kurz bei Mc Donalds eingekehrt und haben dort noch eine Kleinigkeit gegessen. Anschließend haben wir geschaut, wann morgen in der Dreifaltigkeitskirche (Troizkij-Kirche) die Vesper stattfindet, zu der wir unbedingt gehen wollen. Den Rest des Abends haben wir mit Fotos schauen und dem Hören der Liturgie in deutscher Sprache verbracht, was für uns sehr interessant war: Für mich war es kein Problem mehr zu erkennen, was gerade gesungen wird und für Lena war es interessant zu hören, wie es auf deutsch klingt und es dann zu übersetzen ins kirchenslawische.

Uns so geht nun ein Tag zu Ende, der total langweilig anfing und dann seinen Höhepunkt in der Besichtigung der drei Kirchen hatte. So hat uns das schlechte Wetter auch nichts mehr ausgemacht - vor lauter Staunen über die beiden ersten Gotteshäuser.

 

Die Ikonostase in der Sampson-Kirche.

 

Die Ikone des Hl. Nikolaus zeigt viele seiner Lebensstationen.

 

Die Smolny-Kathedrale.

 

 

Dienstag, 13. Januar 2009

Nach dem Frühstück waren wir erst in der Heiligen Messe in der Gemeinde-Kirche, die beim Priesterseminar ist. Die Heilige Messe wurde sehr schnell gefeiert, so dass Elena und ich uns noch mit großen Augen angeschaut haben. Es wurden nur zwei Lieder gesungen und selbst das Glaubensbekenntnis ist weggefallen. Nach 25 Minuten war alles vorbei. Es war eigentlich schade, dass sich der Priester so wenig Zeit genommen hat, weil eine unheimlich schöne Atmosphäre in der Kirche geherrscht hat: Die Kirche war nur von einer Glühbirne am Altar und ein paar Kerzen erleuchtet - der Strom war an dem Morgen in der Kirche ausgefallen.

Nach der Heiligen Messe sind wir beide dann in ein Kloster am Ufer des Flusses Njeva gefahren, wo wir dann in der Kirche den Schluss der Göttlichen Liturgie mitbekommen und dann noch zur Panichida für den vor 40 Tagen verstorbenen Patriarchen Alexej mitbekommen haben. Anschließend haben wir dort günstig gegessen und zusammen über den orthodoxen Glauben in Sachen Tod und Auferstehung gesprochen.

 

Kloster und jede Menge hungrige Tauben.

 

Blick auf das Kloster.

 

Die Klosteranlage.

 

Der Fluss Njeva.

 

Klappbrücke über den Fluss Njeva.

 

Anschließend sind wir an der Uferstraße der Njeva zur Smolny-Kathedrale gegangen, die etwa eine halbe Stunde Fußweg entfernt war. Auf dem Weg dorthin, habe ich immer wieder die großen Eisschollen bewundert, die auf dem Fluss lagen. In der Smolny-Kirche angekommen konnten wir nicht ins Innere der Kirche, dafür aber auf den Glockenturm. Leider war die Sicht äußerst bescheiden, so dass wir nicht viel von St. Petersburg gesehen haben, aber schön war es trotzdem. Anschließend sind wir auf dem Weg zur Peter-Paul-Kirche an einigen Kirchen vorbei gekommen, die wir uns angesehen haben. In einer haben wir sogar eine Krippe entdeckt, die kitschig-schön fand. Bei näherem Hinsehen konnte man die Figuren schon fast für karikiert halten, sie wirkten etwas "überzeichnet". Nachdem wir in einer anderen Kirche waren, die gerade renoviert wurde, haben wir unsere Besichtigungstour am frühen Abend abbrechen müssen, weil es anfing zu regnen und zu schneien und wir ziemlich schnell nass waren. Auf einer Temperaturanzeige habe ich gesehen, dass an dem Tag nur +4°C waren. So sind wir dann zurück ins Priesterseminar gefahren und sind dann in die Vetschernaja in die Dreifaltigkeitskirche gefahren, da ja am kommenden Tag das Fest des Heiligen Basilius des Großen ist, nach dem ja eine Liturgie benannt ist, die nur selten an besonderen Feiertagen gefeiert wird.

 

Blick auf eine kleinere Kirche, die zur Smolny-Kathedrale dazugehört.

 

Blick auf die Njeva.

 

Der ganze Komplex der Smolny-Kathedrale.

 

 

Eine orthodoxe Krippe.

 

Eis, das manchmal aus Regenrohren herausgeschossen kommt.

 

Beim Leninskij-Garten.

 

Anschließend haben wir reichlich zu Abend gegessen und ich habe versucht, die Köstlichkeiten der Küche zu vertilgen. Im Gegensatz zum vorangegangenen Abend habe ich es aber nicht schaffen können. Anschließend wollten wir noch im Seminar ins Internet, haben es aber nicht zum Laufen bekommen, da der Computer das Passwort nicht genommen hat, das Marcus uns gegeben hat. So haben wir uns eine Kleinigkeit bei Mc Donalds, das direkt in der Nachbarschaft ist, gekauft und sind dort ins Internet gegangen. Dort wollten wir herausfinden, wo hier das Eisenbahnmuseum ist, von dem Pjotr mir schon mehrmals erzählt hat. Anschließend zurück im Wohnheim haben Elena und ich noch ein wenig Musik gehört und versucht, eine andere Stimme dazu zu singen.

An diesem Abend habe ich gemerkt, dass ich auf dem Handy offensichtlich gar nicht erreichbar bin. SMS konnte ich ohne weiteres empfangen. Am Samstag hatte ich noch das Handy aufgeladen mit 200p, mit denen komme ich in der Regel zwei bis drei Wochen aus. So bin ich davon ausgegangen, dass es hier auch so ist. Doch weit gefehlt - das kurze Gespräch mit meinen Eltern und meinem Bruder hat das Guthaben auf unter einen Rubel zusammenschmelzen lassen. Und ich selbst musste auch bezahlen, wenn ich angerufen wurde, weil ich in einer anderen Region in Russland war mit gleichen Effekt, wenn ich über das deutsche Handy irgendwo im Ausland erreichbar bin: Ich muss kräftig zuzahlen.

 

 

Mittwoch, 14. Januar 2009 - Fest des Heiligen Basilius des Großen

Dieser Morgen begann - wie üblich - mit dem Frühstück. Und wieder einmal war ich sehr verwundert, mit welchem Tempo die Priesteramtskandidaten dort satt werden. Nach guten 20 Minuten wird dort alles zusammen geräumt, die Tische für das Mittagessen gedeckt, so dass wir wieder einmal umziehen mussten an einen anderen Tisch. In dieser kurzen Zeit wäre ich noch lange nicht satt gewesen und hätte mich über kurz oder lang als Priesteramtskandidat dort sicherlich beschwert.

Nach dem Express-Frühstück sind wir dann in die Göttliche Liturgie des Heiligen Basilius des Großen gegangen - wieder in die Troizkij-Kirche, in der es uns sehr gut gefällt, da der Chor dort gut singt und auch der Priester und der Diakon eine gute Stimme haben, so dass dort immer eine gute und würdige Stimmung herrscht - auch wenn es manchmal vorkommt, dass irgendwo eine Baumaschine Lärm macht.

Anschließend wollten wir noch eine andere Kirche besuchen, die in der Nähe ist. Leider habe ich mich in der Straße vertan und wir sind zu unserer Überraschung bei der Isaaks-Kathedrale in der Nähe der Ermitage angekommen. Ich konnte zunächst gar nicht glauben, dass es die Kirche ist. So sind wir zurück zur Kirche gegangen, haben uns dort noch kurz auf dem Markt umgeschaut und haben uns dann an den gedeckten Tisch im Refektorium des Priesterseminars gesetzt, wo gerade das Tischgebet begonnen hatte. Und dann wurde mir beim Essen bewusst, dass wir einen Fehler gemacht haben, indem wir nicht jedes Mal zu Mittag gefahren sind, da die Küche hier sehr gut kocht und mir für mich ungewöhnliche Köstlichkeiten auf den Tisch stellte.

Nach dem Essen haben wir das Eisenbahnmuseum besucht, das wir am Vorabend im Internet gesucht hatten. Es war ein Museum, dass einen Eindruck machte, als hätte man dort in den letzten Jahren nur das Türschild ausgetauscht, das darauf hinweist, dass es ein Museum der Russischen Föderation und nicht des UDSSR ist. Sonst scheint sich dort nicht viel getan zu haben. Lediglich ein paar Fotos zu deren ICE, der derzeit in Deutschland produziert wird und dann zwischen Moskau und St. Petersburg fahren soll, hängen dort. Leider sind dort auch fast nur Modelle ausgestellt - "echte" Ausstellungsstücke wie originale Lokomotiven, die mich interessiert hätten, gab es keine. Interessant fand ich aber, dass es dort Eisenbahnmagazine zu kaufen gab - mit Bildern von der Deutsch-Niederländischen Grenzstation Bad Bentheim. Anschließend wollte mir Lena im Leninskij Cad (Leninsker Garten) Skulpturen zeigen, die aber alle winterfest in einer übergestülpten Holzkiste verharrten. So sah der Garten aus wie eine Ausstellung dieser grauen Kisten. Anschließend wollten wir wieder in die Vetschernaja - es ist ja immer noch die orthodoxe Weihnachtszeit, in der sich die Feiertage nur so häufen. Wir sind letztlich wieder in der Troizkij-Kirche gelandet, weil die Kasaner Kirche im Stadtzentrum zu einer Zeit Liturgie hat, die mit dem Abendessen kollidiert. Auf dem Weg zur Kasaner Kirche haben wir noch in der armenisch-orthodoxen Kirche hineingeschaut, deren Altarraum völlig anders aussieht als der einer Russisch-orthodoxen Kirche. Dennoch hangen dort ein paar Ikonen - mit arabischer oder griechischer Beschriftung, nur standen dort keine Kerzenständer davor. Die standen für alle Ikonen in der Mitte der Kirche. Interessant fand ich, dass manchmal drei Kerzen dicht zusammen gestellt wurden. Dieses Zeichen, das wohl die Dreifaltigkeit darstellen soll, habe ich bislang in noch keiner orthodoxen Kirche gesehen.

 

Die armenisch-orthodoxe Kirche am Nevskij-Prospekt.

 

Der Altar der armenisch-orthodoxen Kirche.

 

Die katholische Kirche.

 

 

Donnerstag, 15. Januar 2009 - Fest des Heiligen Serafim Sarovskij

Wieder einmal ging das Frühstück in einem schnellen Tempo an uns vorüber, wobei wir dann an einem anderen Tisch in Ruhe zu Ende gegessen haben. Anschließend habe ich der Küchenfrau Bescheid gegeben, dass wir abreisen würden und mich für das gute Essen bedankt. Postwendend kam das Angebot, dass wir uns Verpflegung für die Fahrt mitnehmen könnten, was wir dann auch gerne in Anspruch genommen haben.

Anschließend waren wir wieder in der Göttlichen Liturgie, weil heute der Feiertag eines bekannten Heiligen der Kirche ist. Dort habe ich dann einige Postkarten zu verschiedenen Anlässen gekauft - unter anderem wunderschöne Weihnachtskarten, die ich im nächsten Jahr verschreiben werde. Dabei habe ich mit der Frau im Verkaufsstand unterhalten, der aufgefallen war, dass wir häufig bei denen in der Kirche waren. Nun - es ist ja nun auch so, dass wir uns dort ganz wohlgefühlt haben: Es ist dieses noch nicht fertige der Kirche, die gute und würdige Liturgie, die guten Predigten des Priesters - einfach eine tolle Stimmung.

Nach der Liturgie wurde es auch Zeit, dass wir die letzten Einkäufe für die Fahrt erledigt und uns dann von Vater Marcus verabschiedet haben, der es uns ja erst möglich gemacht hat, dass wir dort übernachten konnten. Und da bin ich wirklich sehr dankbar drüber - endlich mal wieder ganz in Ruhe schlafen und es gab richtig gutes Essen! Und dies alles in einer schönen Stadt, die bestimmt noch schöner gewesen wäre, wenn das Wetter es besser mit uns gemeint hätte.

Um 13:40 Uhr ist der Zug dann pünktlich aus dem Bahnhof gerollt und kam pünktlich um 21:54 Uhr im Kursker Bahnhof in Moskau an. Die Fahrt ist recht schnell vergangen, weil ich viel meinen philosophischen Text mit Elena übersetzt habe. Leider ist der halbe Zug auf mich aufmerksam geworden, so dass wir immer wieder Gäste hatten, die sich zu uns setzen und mit mir einen trinken wollten. Das habe ich aber alles abgelehnt - den Urlaub wollte ich schon würdig beenden.

Als ich gegen 23 Uhr zurück im Wohnheim war, wartete ein Stapel Post auf mich und dann musste ich einigen Mitbewohnern meiner Etage von St. Petersburg erzählen. Und letztlich habe ich noch Zeit gefunden, ein wenig im Tagebuch zu schreiben.

Nun bin ich an diesem Abend froh, ein paar Tage der großen Stadt Moskau entkommen zu sein und dass ich mal etwas anderes gesehen und entdeckt habe. Es war fast wie eine Reise nach Europa - vieles war wie in einer europäischen Großstadt. Nur haben wir es leider nicht geschafft, einen kleinen Ausflug ans Meer zu machen - dafür war die Zeit nicht da und das Wetter zu schlecht. Und über das möchte ich mich auch nicht zu sehr beschweren, weil es immerhin nicht so kalt war, dass man es hätte nicht aushalten können draußen. Lästig war am Anfang nur der Dreck in den Straßen, der durch den tauenden Schnee hervorgerufen wurde. Hatten meine Freunde vor ein paar Wochen noch gefroren, so sah die Stadt mittlerweile sicherlich völlig anders aus. Ich bin aber auch froh, dass wir keine Probleme ohne Registrierung in Sankt Petersburg hatten. Uns ist ja nahegelegt worden, dem Milizionär zu sagen, dass wir einen Tag zuvor per Autostop in die Stadt gekommen wären, sollte es Probleme geben. Ich habe mich aber auch zurückgehalten, was das fotografieren in der Metro oder an anderen problematischen Orten angeht.

 

 

Freitag, 16. Januar 2009

Der Tag heute ist eigentlich mit drei Wörtern trefflich zu beschreiben: Erholung vom Urlaub. Und dennoch habe ich heute so einiges gemacht: Nach dem Aufstehen am Vormittag habe ich im Tagebuch geschrieben, wo ich schon seit einigen Tagen nur Stichpunkte gemacht hatte. Zudem habe ich ein paar Urlaubsbilder dort hineingestellt. Kurz vor der Fahrt in die Stadt habe ich noch ein paar Mails geschrieben und die wichtigsten der letzten Tage beantwortet und bin dann zu Tisch in die Universität gefahren. Anschließend habe ich ein Geschenk gekauft, was mich wohl noch einige Zeit weiterbeschäftigen wird, da es mit einer Heiligen zu tun hat, die irgendwo in der Bibel zu finden sein muss. Nur weiß bislang noch keiner, wo genau. Nach dem einkaufen war ich recht lange im Internet und habe lange mit Oma und meiner Familie telefoniert und ihnen von St. Petersburg erzählt und auch ein paar Neuigkeiten aus der Heimat erfahren. Dann war ich noch bei der Post, wo ich über 40 Minuten warten musste und bin dann wieder ins Wohnheim gefahren, wo ich dann weiter das aufgearbeitet habe, was ich die letzten fünf Tage nicht geschafft habe. Das ist doch mehr, als ich gedacht hatte. Vor allem ist mir aufgefallen, dass ich schon wieder jede Menge Glückwunschkarten schreiben muss für Geburtstage und Namenstage, die in naher Zukunft so anstehen. Und so war es eigentlich doch wieder keine Erholung von der Erholung in St. Petersburg.

 

 

Samstag, 17. Januar 2009

Was gibt es von dem Tag heute zu berichten...? Eigentlich nicht viel. Ich habe ein paar Geburtstagsgeschenke gekauft und bin dann in der Mensa essen gewesen und habe dort alles für die Post fertig verpackt in Umschläge, die aus meiner Sicht noch verwertbar waren und bin dann zur Post gefahren. Und dort wurde ich dann ausgeschimpft und von einem Schalter zum anderen geschickt, bis mir dann jemand gesagt hat, dass ich alles wieder auspacken solle, weil alles in neue Umschläge gepackt werden müsse. So musste ich dann die Etiketten neu beschriften und auch hier will es jede Postbeamte immer anders haben: Mal in lateinischen Buchstaben, dann wiederum in kyrillischen und manchmal alles auf englisch. Ich steige da mittlerweile nicht mehr durch. So habe ich heute wieder mehr als eine Stunde für zwei Briefe in der internationalen Post verbracht. Das ist eine grausame Truppe dort.

Als ich dann wieder im Wohnheim war, habe ich einige Mails geschrieben und habe das DAAD-Stipendiaten-Treffen vorbereitet - in dem Sinne, dass ich geschaut habe, wo ich überall hinmuss. Und im gleichen Atemzug habe ich mich darüber geärgert, dass es genau an dem Fest "Taufe des Herrn" stattfindet, was doch eigentlich das interessanteste Kirchenfest ist. Nun will ich hoffen, dass ich noch eine Gemeinde finde, die morgens früh mit der Liturgie anfängt und zu einem Fluss oder See geht, so dass ich recht früh zu dem Treffen komme. Für den Vormittag habe ich frei erhalten. Eigentlich bin ich recht froh darüber, denn die Vorträge klingen für mich nicht besonders interessant. Ich hoffe, dass es doch schöner wird, als ich bislang darüber denke.

Anschließend bin ich zur Heiligen Messe in die katholische Kirche gefahren und als ich zurück war, habe ich wieder jede Menge Mails geschrieben, die es noch zu beantworten galt. Eigentlich wollte ich noch etwas übersetzt haben, noch ein paar Bilder ins Tagebuch gesetzt haben, aufgeräumt haben, in einem Buch gelesen haben, und, und, und. Und wieder einmal hat der Tag nur 24 Stunden, die hinten und vorne nicht ausreichen wollen.

Das Wetter scheint wieder kälter geworden zu sein, zumindest hat das Thermometer am Wachhaus immer Temperaturen knapp unter Null Grad angezeigt. Gerade in den letzten Tagen sind die Eiszapfen an allen möglichen Häusern gewachsen - sie sind einfach nur beeindruckend. Aber leider auch gefährlich - man muss ziemlich aufpassen, dass man von Eis nicht erschlagen wird, dass von irgendwelchen Dächern herunterfällt. Dafür sind an einigen Stellen die Gehsteige gesperrt. Jetzt muss ich also nicht nur auf die Glätte achten, sondern auch noch auf Eis, das von oben herabfallen könnte. So wie Marcus mir in Sankt Petersburg erzählt hat, sind wohl ein paar Leute in diesem Jahr dort schon vom Eis erschlagen worden. Das bleibt mir hoffentlich erspart und vorbeugend will ich lieber gut aufpassen.

 

Eiszapfen.

 

Eiszapfen - die längsten so um 40 cm lang.

 

Winter in der Novokusnezkaja Uliza.

 

 

Sonntag, 18. Januar 2009

Den Morgen dieses Sonntages habe ich dazu genutzt, weiter an meinem philosophischen Text zu übersetzen, was gar nicht so einfach ist. Wenn der Text von den Wörtern erst einmal übersetzt ist, dann muss daraus immer noch ein Satz werden. Und philosophische Texte haben mir noch nie so richtig liegen wollen. Sie geben mir oft den Eindruck, dass der Autor wenig sagt mit vielen Worten oder es zumindest auch einfacher formulieren könnte ohne viel Aufwand. Gegen Mittag habe ich mir dann eine Tütensuppe gemacht und dort ein paar Würstchen hereingeschnitten, die bei mir im gefrorenen Zustand ihrem Schicksal verharrten. Sie sind noch von Fabian, einem von Ludgers Freunden. Da das Fest "Taufe des Herrn" bevorsteht, war ich nicht in der Göttlichen Liturgie am Morgen. Am frühen Nachmittag bin ich dann zu Elenas Gemeinde gefahren, um dort wenigstens einen Teil der Vetschernaja zum anstehenden Fest mitzubekommen. Dort angekommen, traf mich fast der Schlag - in der Kirche ging es zu wie in einem Taubenschlag: Es standen drei Kessel mit geweihtem Wasser in der Kirche, wo drei Frauen in weißen Kitteln und Kopftüchern fleißig die immer nachwachsende Schlange zu bekämpfen versuchte, die Heiliges Wasser haben wollte. Und im Laufe der Vetschernaja, die die gleichen Züge trug wie am Heiligen Abend, kamen immer mehr Leute in die Kirche, die sich immer mehr füllte. Gegen 17:15 Uhr musste ich dann die Gemeinde leider schon wieder verlassen, weil ja das Treffen von meinem Stipendiengeber, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) bevorstand. Ich war ziemlich missmutig, dass ich dort hin  musste und dadurch Teile des Festes "Taufe des Herrn" verpassen würde. Als ich dort nach einer guten Stunde und ein paar Fragen nach dem Weg dort angekommen bin und eine lockere Atmosphäre vorstand, wichen alle schlechten Gedanken und Freude machte sich breit. Nun hatte ich gehofft, auf diesem Treffen nicht im Mittelpunkt zu stehen - dies hat mal wieder nicht geklappt. Kurz nach der Begrüßung und Vorstellung beim Abendessen setzte sich der Leiter des DAAD-Büros in Moskau zu uns an den Tisch und wollte hat sich gleich mit dem Wort "Exot" an mich gewendet. So wie es scheint, bin ich der erste seiner nunmehr fünfjährigen Amtszeit, der hier orthodoxe Theologie studiert. Er hatte zwar schon von der Universität gehört, an der ich studiere und konnte sich auch vorstellen, wer unser Rektor ist, aber sonst keine weitere Ahnung. So scheint der DAAD an Kontakten zur Universität interessiert zu sein, insbesondere weil es intensive Kontakte nach Berlin zur Humboldt-Universität gibt. Gegen 21:15 Uhr haben wir das Haus des Goethe-Institutes, die ehemalige Botschaft der DDR, verlassen und sind nach Hause gefahren. Ich habe den Eindruck, dass ich es hier mit einer Gruppe zu tun habe, die eines verbindet: Die Liebe und das Interesse zu Russland, und dementsprechend gab es auch jede Menge interessante Gespräche und Erfahrungsaustausche.

 

Als Du im Jordan getauft wurdest, oh Herr, wurde offenbar die Anbetung der Dreifaltigkeit. Denn des Erzeugers Stimme gab Dir das Zeugnis und nannte Dich den geliebten Sohn. Und der Geist in Gestalt einer Taube verkündete des Wortes Untrüglichkeit. Der Du erschienen bist, Christus, als Gott, und die Welt erleuchtet hast, Ehre sei Dir. (Troparion 1. Ton)

 

 

Montag, 19. Januar 2009 - Kreschschenie (Taufe des Herrn)

 

Du erschienst heute der Welt, und Dein Licht, o Herr, ward auf uns gezeichnet, die wir in der Erkenntnis Dir lobsingen: Du kamst, Du erschienst, das unnahbare Licht. (Kondakion 4. Ton)

 

Am gestrigen Abend habe ich mich entschieden, zu sieben Uhr zur Fakultätskirche zu fahren, um dort die Göttliche Liturgie zum Fest mitzuerleben. So bin ich um viertel vor sechs aus dem Bett gefallen, habe schnell gefrühstückt und bin dann schnellsten Weges zur Kirche gefahren, wo die Liturgie schon im vollen Gange war - sie war schon um 6:30 Uhr angefangen. Zu meiner Überraschung waren vier Priester und drei Diakone dort anwesend, so dass alles in einem sehr feierlichen Rahmen gehalten wurde. Während der Liturgie fragte mich einer der Mädchen, die in die Kirche halfen, ob ich nach der Liturgie nicht auch helfen könne. Ich habe für eine Stunde zugesagt, obwohl ich nicht wusste, was auf mich zukam. Bis zur Eucharistie war die Kirche dann auch sehr voll, was die Bedeutung des Festes noch einmal wieder spiegelt - es wird in etwa den gleichen Status haben wie Weihnachten. Zum Ende der Liturgie wurde dann das Wasser gesegnet - es wurde eine Lesung und das Evangelium gelesen, jeder Priester segnete das Wasser und danach noch einmal, indem sie ein Kreuz in das Wasser tauchten. Dazu stand ein großer Bottich in der Kirche, mit einem Kreuz, aus dem wie ein kleiner Springbrunnen Wasser sprudelte. Und dann wurden wir mit dem Wasser gesegnet - in üblicher Form mit einem Pinsel - nur ging der Priester dieses Mal sehr langsam durch die Reihen und so wurde jeder ausreichend gesegnet. Anschließend wurde mir eine Schürze umgebunden und Armmanschetten umgelegt und dann wurde ich nach draußen geschickt, wo schon viele Leute in einer langen Schlange darauf warteten, aus einem großen Becken Wasser in Flaschen und andere Behälter gefüllt zu bekommen. So habe ich dann etwa eine Stunde bei -5°C und leichten Schneefall draußen gestanden und unzählige Flaschen gefüllt. Masha und ihre Schwester haben mir dann dabei geholfen. Und die Schlange wollte überhaupt kein Ende nehmen. Und das Wasser in dem Bottich wurde auch nicht weniger - obwohl ich keinen Zufluss "auf die Schnelle" gesehen habe. Einmal war das Becken halb leer, bis es dann auf einmal wie mit Geisterhand wieder randvoll war. So wird wohl, wie in der Gemeinde "Hl. Märtyrerinnen Vera, Nadjeschda, Ljuba und Mutter Sofia" Schläuche quer durch die Kirche gelegt und mit Teppichen versteckt waren, eine ebensolche Einrichtung versteckt gewesen sein, die ich aber nicht gefunden habe. Es war nur fürchterlich kalt und nach der Stunde waren meine Hände ganz schön kalt.

 

Dienst in der Fakultätskirche.

 

Dann bin ich zum Treffen mit dem DAAD aufgebrochen zum Deutsch-Russischen Haus, dass zu finden etwas leichter war als den Treffpunkt am vorigen Abend. Zuerst haben wir Vorträge zum russischen Lehrsystem gehört und dazu diskutiert, danach hat ein hoher Mitarbeiter der Wintershall AG von den Förderprojekten in Russland erzählt und dabei versucht, alle Zusammenhänge in dem Bereich zu erklären und dabei als Gasförderungsstellen sowohl Leer und Jemgum in meiner Heimat genannt, wo ich natürlich ein wenig stolz drauf war. Anschließend war der Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung dort und hat uns von seiner Arbeit berichtet - und vor allem auch von seinen Schwierigkeiten. Nach dem Mittagessen sind wir zu Mosfilm aufgebrochen, wo wir eine Führung im "russischen Stil" - also freundlich, aber ebenso schnell und recht heruntergeleiert gehört haben. Hier wurden schon während der Sowjetzeit bedeutende Filme gedreht, von denen wir einige Requisiten gesehen haben. Auch in einige Filmstudios haben wir geschaut, was aber recht uninteressant war, da dort nur viel Metall oder eben gar nichts herumstand. Etwas interessanter war die Sammlung alter Fahrzeuge und vor allem die Stadt aus Pappmaché, die das alte Moskau darstellte und täuschend echt gemacht war. Im Anschluss sind wir zur deutschen Botschaft gelaufen, wo ich dann erstmals seit dem 26. August 2008 deutschen Boden betreten habe - mit dem Hinweis am Tor, dass dort die StVO herrsche. Spätestens da wusste ich, dass ich nicht mehr in Deutschland bin. Dort haben wir einen kleinen Einblick in die Arbeit und die Aufgaben der Botschaft bekommen. Anschließend gab es noch ein Abendessen und der Abend ist dann gegen 21 Uhr mit dem gemütlichen Zusammensein und Erzählen zu Ende gegangen. Beim Warten auf den Trolleybus habe ich mich mit zwei Studentinnen verabredet, die morgen gerne mit mir eine Kloster- und Kirchenexkursion machen möchten. Auf dem Treffen herrschte, auch wenn ich es gerne anders gehabt hätte, ein großes Interesse an meinem Studienfach, weil den Bereich nur die wenigsten kennen. Als aus der Metro alle ausgestiegen waren, fuhr noch ein Mädchen eine Station weiter, die nun vielleicht mit mir eine einstündige Radioreportage machen möchte, um die Kirche und mein Studium hier in Russland etwas näher vorstellen möchte. Da bin ich noch sehr gespannt, was das so wird, wenn es klappt.

 

Orthodoxe Kirche - bei Mosfilm - wie alles aus Pappmaché und täuschend echt.

 

Stadt aus Pappmaché und Styropor.

 

Kirchen in Miniturformat, die für den Film "Ivan der Schreckliche" benötigt wurden.

 

Ein Teil der Autoausstellung bei Mosfilm, die bis auf wenige Ausnahmen alle fahren sollen.

 

Am Kursker Bahnhof habe ich dann eine Gruppe von Studentinnen gesehen - eine davon mit Gepäck, das ich dann bis zum Wohnheim getragen habe. Und im Wohnheim sind die allermeisten jetzt wieder zurück - es ist also der alte Zustand wieder hergestellt, mit der Ruhe wird es jetzt eine Zeit lang vorbei sein. 

 

Nun sind die Feiertage auch schon wieder vorbei, morgen wird die Vorlesungszeit mit einer längeren Konferenz eingeleitet. Wie blicke ich auf diese Zeit zurück? Anfangs hatte ich ein paar Sorgen, dass das Weihnachtsfest für mich traurig sein und ich Heimweh haben könnte. Nichts dergleichen ist geschehen, nur Silvester war eine kleine Enttäuschung. Doch ich will mich nicht beklagen, denn dafür war das orthodoxe Weihnachtsfest in der Familie Rauschenbach sehr schön und hat mir sehr viel Freude bereitet. Aber auch das katholische Weihnachtsfest war bis auf die Heilige Messe ganz in Ordnung. In den Tagen dazwischen habe ich etwas Zeit gefunden, mich zu erholen und etwas zu entspannen, konnte Moskau mit meinen Freunden aus Deutschland auch mal von der touristischen Seite entdecken und bin nicht, wie sonst üblich, nur an den Schönheiten der Stadt vorbeigelaufen. Entspannend war vor allem auch die Ferienzeit, in der Moskau viel ruhiger und stressfreier war als sonst - es schoben sich nicht die Menschenmassen durch die U-Bahn und auch die Straßen waren teilweise wie leergefegt. Dazu kam dann noch, dass im Wohnheim auch eine ungewöhnliche Ruhe herrschte, die jetzt in den letzten beiden Tagen wieder abgenommen hat. Die meisten sind also wieder angereist und bereiten sich auf die zweite Halbzeit ihres Kurses vor. Auch der Urlaub in Sankt Petersburg war für mich eine Zeit der Erholung - insbesondere von Moskau. Generell hatte ich in dieser Phase mal Zeit für mich, konnte auch mal alleine sein und die Stille genießen. Jetzt bin ich momentan traurig, dass die Zeit der Ruhe schon wieder vorbei ist. Ich hatte mir für die Ferien viel mehr vorgenommen, als ich dann letztendlich geschafft habe. So hätte ich viel mehr für meine Hausarbeit übersetzt haben wollen und noch etwas mehr Russisch lernen wollen. Aber ich will letztlich zufrieden sein, denn es war doch eine ruhige Zeit, die ich erleben konnte. In den nächsten Tagen und Wochen steht für mich jede Menge Arbeit an, die ich noch zu bewältigen habe: Da ist zum einen der Bericht an den DAAD, der geschrieben werden will und auf der anderen Seite will ich weiter meiner Hausarbeit vorbereiten. Den Philosophen zu übersetzen bedeutet doch eine Menge Arbeit, ist aber auch ganz gut für die Sprache und sehr informativ.

Wenn ich mir die Frage stelle, wie es mir momentan geht, dann bin ich etwas zweigeteilt: Einerseits fühle ich mich nach wie vor sehr wohl und freue mich auf jeden Tag, den ich hier erleben kann, aber andererseits macht sich eigenartigerweise nach dem DAAD-Treffen mit den ganzen Deutschen eine etwas traurige Stimmung breit - ich glaube, dass auch ein bisschen der Drang mit dabei ist, wieder die Heimat zu sehen. Aber andererseits möchte ich nach wie vor so gar nicht von hier weg und dann in jedem Fall noch gerne hier bleiben. Es ist im Moment alles sehr gemischt und bei mir ein wenig durcheinander. Manchmal habe ich auch das Gefühl, mich ein wenig aus dem Mittelpunkt stellen zu wollen, in dem ich mich ja schon fast zwangsweise an der Universität befinde - andererseits genieße ich es aber auch. In diesem Stimmungswirrwarr will ich jetzt versuchen, optimistisch und freudig nach vorne zu schauen. Denn eigentlich bin ich doch nach wie vor glücklich, dass ich hier sein kann und bin über jeden Tag dankbar, den ich hier erleben darf.

Was die Sprache angeht, war es schon fast wie Balsam für die Seele, dass ich bei dem Stipendiatentreffen viele getroffen habe, die in dieser Beziehung mit mir gleich auf sind, wenn sie sich fachlich jedoch auch spezialisiert haben. Bei den Besuchen aus Deutschland habe ich sehr oft zu hören bekommen, dass meine Sprachkenntnisse enorme Fortschritte gemacht haben müssen. Das habe ich nach wie vor abgewiegelt, weil ich noch lange nicht damit zufrieden bin, was ich bislang erreicht habe. Dennoch ist es mittlerweile so, dass ich oft ohne überlegen auf Russisch rede. Ich brauche nicht mehr so häufig nach Wörtern suchen wie am Anfang bzw. wie in den ersten Wochen und auch die Grammatik ist fließender geworden. Ebenso habe ich den Eindruck, dass viele Einheimische zuerst denken, dass ich ebenfalls ein Russe sei und erst im zweiten Moment merken, dass ich die Sprache doch gar nicht so gut kann. Insbesondere wenn ich mir auf der Straße oder U-Bahn ein wenig "herumbrummele", dann entsteht dieser Eindruck. Von der Göttlichen Liturgie verstehe ich auch langsam immer mehr, was dort gesungen wird, dies sind aber eher Fragmente, die ich erkennen kann. Es geht aber schon weit über die ständigen Wiederholungen hinaus, die ich natürlich längst übersetzt und mir eingeprägt habe. Dennoch ist es bis dahin, wo ich hin will, noch ein langer, langer Weg.

Letztendlich möchte ich sagen, dass die Gefühle momentan sehr gemischt sind, ich aber durchaus positiv auf die kommende Zeit blicke und mich darauf freue. Ich empfinde nach wie vor große Dankbarkeit, dass ich hier sein kann, dass ich hier so gut aufgenommen worden bin, dass ich das Stipendium erhalte und das bislang alles ohne große Zwischenfälle, die den üblichen Rahmen sprengen würden, abläuft. Und letztlich bin ich auch ein wenig traurig, dass nun schon die zweite Halbzeit des Studiums hier anfängt. Es ist für mich ein wenig, als wenn das Ende schon näher rückt - es ist wie der Anfang vom Ende. 

 

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5 siehe: 9. September 2008

 

 

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